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Umstrittene Klinikreform auch im Bundesrat bestätigt - ländliche Kliniken nun in Sorge

„Ihr dürft nicht trauern!“ - Hans-Hinnerk Aldag ist im Alter von 87 Jahren verstorben

Hans-Hinnerk Aldag | Foto: Hauke Gilbert

mum. Jesteburg. Das hat Tradition. Einmal in der Woche werden die neuen Patienten in der Jesteburger Waldklinik zu einem kleinen Vortrag eingeladen. Bei Kaffee und Kuchen erzählen die Verantwortlichen etwas zur Geschichte des Hauses und zu den Therapie-Möglichkeiten. Eigentlich ist das Chefsache. Hans-Heinrich Aldag nimmt sich gern die Zeit für dieses Treffen. Erst neulich aber sprach ihn ein Gast, der den Vortrag bereits zweimal gehört hatte, in der Klinik-Caféteria an. „Sie haben das nett gemacht, aber ihr Vater war noch besser“, erinnert sich Hans-Heinrich Aldag schmunzelnd. Hinnerk Aldag ließ es sich nicht nehmen, seinen Sohn immer dann zu vertreten, wenn dieser verhindert war. Dabei blühte der Jesteburger stets auf. Mit seinem Charme und seiner unglaublichen Rhetorik begeisterte er Menschen. Gedichte - am liebsten von Eugen Roth oder Ringelnatz - rezitierte er ohne ins Stocken zu geraten. Noch vor zwei Wochen referierte der immer korrekt gekleidete Mann vor den Patienten. Es war das letzte Mal. Hans-Hinnerk Aldag verstarb am vergangenen Donnerstag im Alter von 87 Jahren.
Bereits im August vorigen Jahres wurde bei Hans-Hinnerk Aldag Speiseröhrenkrebs festgestellt. Nach Chemo- und Strahlentherapie schien er Ende des Jahres die Krankheit besiegt zu haben. Dann folgte vor wenigen Wochen der Rückschlag. Aldag wollte den erneuten Kampf nicht wieder aufnehmen. Mit einem Gedicht von Ringelnatz bereitete er seine Familie auf den nahen Abschied vor. „Wenn ich tot bin, darfst du gar nicht trauern. Meine Liebe wird mich überdauern und in fremden Kleidern dir begegnen und dich segnen.“
„Mein Vater wollte niemandem zur Last fallen“, so Hans-Heinrich Aldag. Er habe stets gegeben, nicht genommen. Aldag verstand es wie kaum ein anderer Redner, seine Zuhörer zu begeistern. „Man hörte ihm sehr gern zu“, so Tochter Regine Aldag-Korac. Dabei sei er eigentlich eher verschlossen gewesen.
Aldag, der 1998 mit dem Bundesverdienstkreuz am Bande geehrt wurde, hat wie kaum ein anderer die Samtgemeinde Jesteburg geprägt. Seine Waldklinik ist heute der größte Arbeitgeber Jesteburgs. Zudem engagierte er sich Jahrzehnte in der Kommunalpolitik; 16 Jahre war der Christdemokrat Samtgemeinde-Bürgermeister. Seine politische Gegner schätzten an Aldag, dass er stets um einen Kompromiss bemüht war. Im Alter von 70 Jahren nahm „Papa Gütig“ Abschied von der Politik.
Stets an seiner Seite war Ehefrau Gerda Aldag (88). Gemeinsam feierten sie 2012 diamantene Hochzeit. Die beiden kannten sich bereits seit der Grundschule. Auch die Mittelschule in Buchholz besuchten sie gemeinsam, ohne dass es zwischen ihnen so richtig „gefunkt“ hatte. „Das kam erst später“, sagte Aldag im Zuge eines Interviews anlässlich der diamantenen Hochzeit. Und zwar 1947, als Hinnerk Gerda von einer Tanzveranstaltung in Bendestorf abholte. Nach einem Jahr Verlobungszeit wurde Hochzeit gefeiert. Seitdem gingen die beiden gemeinsam durchs Leben.
Feste Rituale hatten bis zu Aldags Tod Gültigkeit, etwa das gemeinsame Mittagessen um 12 Uhr. Danach machte sich Aldag stets mit seinem Hund Astor - einem Deutsch Drahthaar - auf, zu einem Spaziergang durch den Kleckerwald. Oder der wöchentliche Saunagang in der Klinik seit 40 Jahren.
Eigentlich wollte Hinnerk Aldag als Bauingenieur in die Fußspuren seines Vaters - ein Bauunternehmer - treten. Doch das Leben des Paares nahm eine ganz andere Wendung. Die Gaststätte „Rüsselkäfer“, damals schon im Besitz der Familie Aldag, aber zunächst von der Wehrmacht als Lazarett eingerichtet und später von den britischen Besatzern zur Tuberkuloseheilstätte umgenutzt, wurde nur unter der Voraussetzung zurückgegeben, dass die Einrichtung als Klinik weiter geführt würde. Also wurden die Eheleute schon bald Krankenhausmanager. Damals wurden 180 Patienten von 50 Mitarbeitern betreut. Ab Ende der 1980er Jahre wurde das Haus dann in eine neurologisch-orthopädische Fachklinik umgewandelt. Heute sind 370 Mitarbeiter für 170 Patienten verantwortlich.
Abseits der Klinik war Aldag in zahlreichen Vereinen aktiv, unter anderem war er Ehrenmitglied des VfL Jesteburg und der Freiwilligen Feuerwehr; zudem Träger der goldenen Ehrennadel des Schützen-Verbandes. Aldag engagierte sich im Arbeitskreis für Heimatpflege. Eine weitere große Leidenschaft Aldags war die Jagd. 53 Jahre ging er auf die Pirsch in einer eigenen Jagd in Elsdorf bei Rotenburg. Die Aldags sind stets gern verreist - am liebsten in ihre Wohnung an den Luganer See.
„Wir beiden können mit unserem Leben sehr zufrieden sein“, sagte Aldag bei seiner diamantenen Hochzeit. „Wir haben eine glückliche Familie mit zwei wohlgeratenen Kindern und vier Enkelkindern sowie Erfolg im Beruf. Was möchte man mehr?“
Aldags Kinder sind der Waldklinik ebenfalls treu geblieben. Sohn Hans-Heinrich als Inhaber und Geschäftsführer und Tochter Regine Aldag-Korac sowie inzwischen auch Enkeltochter Mareike als Therapeutin. Zudem ist Hans-Heinrich Aldag auch komunalpolitisch seinem Vater gefolgt.
• Die Beerdigung findet am Donnerstag, 30. April, um 10.30 Uhr auf dem alten Friedhof der St. Martins-Kirche in Jesteburg statt. Statt freundlich zugedachter Blumen und Kränze bittet die Familie um eine Spende für den Freundeskreis der Freiwilligen Feuerwehr oder den Jesteburger Schützenverein.

Redakteur:

Sascha Mummenhoff aus Jesteburg

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