Der Schäfer und die Staatsekretärin: Ortstermin am Elbdeich nach Wolfsrissen
(jd). Das Thema Wolf hat den Schäfer Kay Krogmann wieder eingeholt: 29 Jahre ließ er seine Tiere auf den Deichen Nordkehdingens weiden. In letzter Zeit verlor er immer mehr Tiere durch Wolfsrisse - vor allem auf den Winterweiden im Binnenland. In diesem Jahre wechselte Krogmann zum Elbdeich bei Altenbruch im Landkreis Cuxhaven, aber nicht wegen des Wolfes. Der dortige Deichverband bietet bessere Konditionen. Doch der Wolf blieb Krogmanns Herde auf der Fährte: Anfang August riss Meister Isegrim vier Lämmer, mehrere ausgewachsene Schafe wurden verletzt. Eines verendete jetzt.
"Schafe sind für die Deichpflege von großer Bedeutung", sagt der CDU-Landtagsabgeordnete Helmut Dammann-Tamke: "Wenn die Deichschäfer wegen der Wolfsschäden aufgeben, ist der Deichschutz und die Sicherheit der Menschen an der Küste in Frage gestellt." Der Politiker war gemeinsam mit der parlamentarischen Staatssekretärin im Bundeslandwirtschaftsministerium, Dr. Maria Flachsbarth (CDU), und Vertretern der Deichverbände auf einem Ortstermin bei Krogmann.
Mit eindringlichen Worten schilderte der Schäfer den Besuchern seine Situation: Die Errichtung von Wolffschutzzäunen sei quasi ein Ding der Unmöglichkeit, einmal wegen des Wanderwegs, der offen gehalten werden müsse, und dann wegen der zahlreichen Gräben. Zudem sei ein Zaun ohnehin nicht sicher: "Dann kommt der Wolf eben bei Ebbe von der Seeseite." 850 Muttertiere umfasst Krogmanns Herde. Bisher kamen die Tiere im Herbst und Winter auf Grünland. So hielten sich die Futterkosten in Grenzen.
Die erneuten Übergriffe durch den Wolf veranlassen Krogmann zu einem drastischen Schritt: "Ich werde meine Tiere im Winter künftig nur in dem großen Stall halten, den mir der Deichverband für 800.000 Euro gebaut hat." Ein merkwürdiger Zustand: Hunderte Schafe müssen monatelang im Stall eingepfercht werden, weil draußen der Wolf herumpirscht. Ob das die Art von Wolfsmanagement ist, die sich die Tier- und Umweltschützer wünschen?
Künftig steigen meine Futterkosten von 15.000 auf 50.000 Euro", sagt der Schäfer: "Ich verlange vom Land Niedersachsen, mir die Differenz zu erstatten."
Unterstützung verspricht Dammann-Tamke: "Die Staatssekretärin ist Tierärztin und war sichtlich berührt von dem Zustand der verletzten Schafe". Er hofft, dass diese Bilder einen bleibenden Eindruck hinterlassen und das Thema in Berlin Ernst genommen wird. Die Aussage, das EU-Recht verbiete es, Meister Isegrim auch nur ein Haar zu krümmen, sei falsch, so der Politiker: Die EU verlange einen guten Erhaltungszustand der einzelnen Wolfspopulationen, bevor Maßnahmen gegen einzelne Tiere oder Rudel ergriffen werden können. Dieser Zustand sei längst gegeben. Wölfe, die den Deichschutz gefährden, dürften daher in letzter Konsequenz bejagt werden.
Schäfer Krogmann bleibt skeptisch: "Hoffentlich verstecken sich die Politiker, die jetzt sagen, wir kümmern uns um das Wolfs-Problem, nicht am Ende hinter EU-Recht."
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