"Wegsehen ist keine Lösung"
Renate Bergmann aus Toppenstedt brachte Buch über Flüchtlingsproblematik heraus

Mit ihrem Buch: Herausgeberin Renate Bergmann

ce. Toppenstedt. "Flüchtlinge hat es immer gegeben, weil es zu allen Zeiten Krieg gegeben hat. Es muss doch nicht immer so weiter gehen." Das sagt Renate Bergmann (75) aus Toppenstedt (Kreis Harburg). Um Antworten darauf zu finden und weiterzugeben, "was wir mit dem Fremden zu schaffen haben", hat sie jetzt das Buch "Ungeliebte deutsche Flüchtlinge 1945 - Flüchtlingsproblematik heute" (ISBN 978-3-7322-8504-4) herausgegeben.
Renate Bergmann, deren Ehemann Gregor (80) aus Ostpreußen stammt, pflegt seit vielen Jahren enge Kontakte zur Landsmannschaft Ost- und Westpreußen und zur "Flüchtlingsgemeinschaft Kaschaunen". Diese Vereinigungen beklagten, dass es zu wenige Aufzeichnungen über das Lagerleben von Deutschen gebe, die gegen Ende des zweiten Weltkrieges 1945 nach Dänemark geflohen waren.
Im Buch von Renate Bergmann wird am Beispiel von sieben Schicksalen geschildert, wie Kinder, Jugendliche und Erwachsene das von Hunger, Kälte, primitiven Unterkünften, Krankheit und auch Tod geprägte Lagerleben ertrugen. "Sie wurden oft angefeindet, verachtet, waren unwillkommen. Es quälte sie die Sorge um die Zukunft, und auch Eingliederungen erwiesen sich oft als äußerst schwierig", fasst Bergmann die beschriebenen Erlebnisse zusammen. Die Berichterstatter könnten daher die Situation der heutigen Flüchtlinge sehr gut nachvollziehen.
Zu den befragten Zeitzeugen gehört auch der heute in Winsen lebende Georg David. Er floh als Siebenjähriger mit seiner Familie aus Ostpreußen über Dänemark nach Reinstorf im Kreis Lüneburg. "Flüchtlinge können wohl nie ihre alte angestammte Heimat vergessen. Doch wir durften auch erfahren, dass ein neues Zuhause dort ist, wo man verstanden und angenommen wird, auch wenn man zuerst ein Fremder ist", erinnert sich David. Seine Familie habe sich dem dörflichen Leben angepasst, sei auf die Leute zugegangen und habe sich im Vereinswesen engagiert. "Heute möchte ich diese Erfahrungen auch den Menschen wünschen, die weltweit als Flüchtlinge unterwegs sind", so David.
In ihrem Buch beschreibt Renate Bergmann auch das Ausmaß der aktuellen Flüchtlingsbewegungen und deren Ursachen wie Ausbeutung, Machtspiele von Kriegsgewinnlern und die Zerstörung des Klimas, die ganze Landstriche für deren Einwohner unbewohnbar macht. "Es ist egal, ob man auf der Gustloff in der Ostsee ertrinkt oder im Massengrab Mittelmeer", blickt Bergmann auf das tragische Flüchtlingssterben in Vergangenheit und Gegenwart. "Menschliches Leid bleibt immer das Gleiche. Nicht Wegsehen ist die Lösung, sondern nachdenken und handeln."
- Renate Bergmann würde gerne ihr Buch bei Lesungen vorstellen. Interessierte melden sich bei ihr per E-Mail unter renatebergmann@t-online.de.

Redakteur:

Christoph Ehlermann aus Salzhausen

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