Rückepferde im Einsatz
Waldpflege mit zwei PS

Kay Stolzenberg zieht mit den Pferden Peer und Konrad den Fichtenstamm aus dem Wald | Foto: Landkreis Harburg
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„Ho“, "Vorwärts", und "Wist" - links - schallt es durch den Wald. Langsam setzen sich "Peer" und "Konrad" in Bewegung. Mit nur wenigen Lauten dirigiert der 47-jährige Forstwirt Kay Stolzenberg das Gespann. Dumpf dröhnen die Hufe auf dem Waldboden. Ein Ruck, das Geschirr klirrt, dann ziehen die beiden Kaltblüter den schweren Fichtenstamm über den Boden. Holzrücken heißt diese alte Technik, eine schonende Waldpflege, die der dortige Waldeigentümer und die Untere Naturschutzbehörde des Landkreises Harburg bei Holm-Seppensen einsetzen. Dort werden historische Eichenbestände im Wörmer Wald zwischen den beiden Heidegebieten Brunsberg und Büsenbachtal gepflegt.

Fichten haben an vielen Stellen das Aussehen des seltenen Eichenwaldes verändert und die lichtliebenden Eichen bedrängt. Das ändert sich nun. Die Waldpflege mit zwei PS ist nicht nur eine optische Maßnahme, sondern dient vor allem dem Schutz der Eichen und damit auch Tieren wie Spechten, Fledermäusen oder Insekten wie dem Hirschkäfer. 150 bis 200 Jahre alte Eichen stehen im Wörmer Wald. Das Besondere: Zu diesem Wald gehören Bäume in allen Lebensphasen: vom Sämling über den imposanten Baum bis hin zum langsamen Absterben und zum zerfallendem Totholz.

Die ökologische Bedeutung der Eiche ist beeindruckend. „An keiner anderen einheimischen Baumart leben mehr Insektenarten“, betont Armin Hirt. Entsprechend fördert der Landkreis die Pflegearbeiten auch als aktiven Insektenschutz mit seinem Programm „Lucanus“, in Ergänzung zu Projekten wie der Entwicklung von Magerrasen. Hunderte von Käferarten profitieren von der Eiche, ebenso Vögel wie Specht und Kleiber, ferner bieten alte Eichen verschiedenen Flechten und Moosen ideale Lebensbedingungen.

Aber nicht nur die ökologische Bedeutung der Eichenwälder ist hoch, sie sind auch lebendige Geschichte. „Sie sind Zeugen der alten Heidelandschaft“, erklärt Armin Hirt von der Unteren Naturschutzbehörde. „Früher gab es in der weiten Heide überall solche Wälder, das hier ist eines der Relikte und kulturhistorisch extrem wertvoll. Die Eichen wurden zwar auch als Nutzholz gepflanzt, aber immer sehr extensiv und nachhaltig bewirtschaftet, da sie so kostbar waren.“

Doch die knorrigen Eichen brauchen Platz und Luft – „sie wachsen als Individuen“, sagt Hirt. Und genau das erhalten sie jetzt. Die bedrängenden Fichten und Douglasien werden entnommen. Außerdem werden Späte Traubenkirschen entfernt. Dabei handelt es sich um eine invasive amerikanische Art, die sich unkontrolliert in den alten Wäldern ausgebreitet hat.

Hirt freut sich, dass der Eigentümer im Wörmer Wald auf Naturschutz setzt. „Das geht hier nicht um hochwertiges Stammholz, der ökologische Nutzen ist um ein Vielfaches höher als der Materialwert.“ Daher werden die Forstarbeiten nicht auf großen Flächen, sondern inselartig und partiell vorgenommen – auf insgesamt 16 Hektar.

Dabei spielen die Rückepferde eine wichtige Rolle. Sie haben die Aufgabe, gefällte oder umgeknickte Baumstämme aus dem Wald zu ziehen und ergänzen die Maschinen. Früher war es gang und gäbe, bei der Waldarbeit auf Pferde zu setzen. Doch ab den 1960er-Jahren hieß es: Maschinen statt Tier. Harvester und Schlepper lösten die Pferde ab, schneller und effizienter sollte die Holzernte gestaltet werden.

Die Erfahrung zeigt aber, dass schneller nicht immer besser ist. „Rückepferde spielen eine wichtige Rolle in der ökologischen und nachhaltigen Waldbewirtschaftung“, sagt Armin Hirt. „Das Rücken durch Pferde ist sehr schonend für das empfindliche Ökosystem im Waldboden und den Baumbestand.“ Kay Stolzenberg kann das nur bestätigen. „Eigentlich ist der Einsatz von Pferden zeitgemäßer denn je“, sagt er. Während schwere Forstmaschinen den Boden plattwalzen und tiefe Fahrspuren ziehen, tragen die Tiere zu einer naturschonenden Pflege und Entwicklung bei. Im Gegensatz zu Fahrzeugen müssen für sie keine Wege angelegt werden, der Boden wird nicht verdichtet, und es kommt nicht zu Rückeschäden an den stehenden Bäumen, da die Pferde die Stämme direkt hinter sich herziehen und den Bestand dadurch nicht beschädigen. Und man benötige keine fossilen Brennstoffe. „Im Arbeitsleben eines Rückepferdes werden gut 70.000 Liter Diesel eingespart“, hat Stolzenberg einmal ausgerechnet.

Seit 20 Jahren ist der 47-Jährige aus Güstritz im Wendland mit seinen Rückepferden im Einsatz. Eigentlich ist er gelernter Tischler. Doch schnell wurde ihm klar, dass er doch lieber in der Natur arbeitet, ließ sich zum Forstwirt ausbilden und machte sich schließlich mit den Rückepferden selbstständig. „Ich mache das aus Überzeugung.“

Redakteur:

Bianca Marquardt aus Tostedt

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