WOCHENBLATT-Serie mit Anonymen Alkoholikern
Zwischen Sucht und Psychose
wd. Stade. Mit der Geschichte von Frank M. (Name von der Redaktion geändert) geht die WOCHENBLATT-Serie mit den Anonymen Alkoholikern im Landkreis Stade zu Ende. In insgesamt sieben Folgen erzählten Betroffene ihre Lebensgeschichten, um zu zeigen, wie unterschiedlich das Trinkverhalten und auch die Auswirkungen von Alkoholsucht sein können. Allen Geschichten gemeinsam ist: Der Alkohol bestimmte irgendwann das Leben der Betroffenen und zerstörte es zum Teil sogar. Dennoch haben es alle sechs geschafft, sich von der Sucht zu befreien. Dabei hatte es Frank M., der in dieser Folge zu Wort kommt, besonders schwer, denn er bekam als Folge der Sucht schwere Psychosen und litt in der abstinenten Zeit unter Suchtdruck. Das ist sein Bericht:
Als Jugendlicher wurde ich auf Dorffesten und Feten schon relativ früh fast genötigt, Alkohol zu trinken. Er schmeckte mir nicht und ich mochte die Wirkung nicht. Mit 16 Jahren hatte ich aber einen Vollrausch, der mir so gut gefiel, dass ich dieses Gefühl immer wieder haben wollte. Von nun an trank ich bei jeder Gelegenheit - um mich in Stimmung zu bringen und negative Gefühle und meine Probleme zu vergessen. Mit 26 Jahren bekam ich eine schwere psychische Erkrankung, die stationär behandelt wurde. Die Ärzte sagten mir, dass ich nie wieder Alkohol trinken dürfe. Das sah ich nicht ein. Ich verstand nicht, warum Alkohol ein Problem sein sollte und sah keinen Zusammenhang mit meiner Krankheit.
Ein halbes Jahr hielt ich durch, dann fing ich wieder an zu trinken und die nächste schwere Psychose folgte. Ich musste erneut in die Psychiatrie und war auch anschließend nicht mehr in der Lage, zu arbeiten. Aber ich konnte nicht aufhören zu trinken. Es folgten zwei weitere Psychosen mit Klinikaufenthalten. Mit 44 Jahren hatte ich eine sehr schwere Psychose und beschloss, nie wieder Alkohol trinken zu wollen. Ich wurde von der Psychiatrie in die professionelle Entgiftung vermittelt, die therapeutisch begleitet wurde. So habe ich die Anonymen Alkoholiker (AA) kennengelernt. Es folgte eine vier Monate lange stationäre Langzeittherapie und danach habe ich sofort die Treffen der Anonymen Alkoholiker besucht. Fast zwei Jahre schaffte ich es, abstinent zu leben. Doch entwickelte ich in dieser Zeit eine starke Sehnsucht nach der beruhigenden und betäubenden Wirkung von Alkohol. Ich wurde rückfällig. Doch die erhoffte Erlösung stellte sich nicht ein und ich war schwer enttäuscht von mir. Als ich den Rückfall bei den AA-Treffen beichtete, wurde mit gesagt: "Dann fängst Du eben wieder von vorne an." Seitdem sind mehr als fünf Jahre vergangen, in denen ich trocken geblieben bin. Ohne die Gemeinschaft der AA hätte ich das sicher nicht geschafft, die Freunde in den Gruppen motivieren mich und meine psychische Gesundheit ist wesentlich besser. Ich komme in allen Lebensbereichen besser zurecht, bin zufriedener und hoffe, dass das auch so bleibt.
• Infos über Anonymen Alkoholiker und ihre Gruppen, die sich auch in den Landkreisen Stade und Harburg treffen, gibt es unter www.anonyme-alkoholiker.de/
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