Lesung von Hasnain Kazim in Buxtehude
Vom Elbnackt-Badegebot bis zum Zwiebelmettbrötchen
sla. Buxtehude. Aus Wien, seinem Wohnort, war Bestseller-Autor Hasnain Kazim eigens nach Buxtehude gereist, um auf Einladung des Buxtehuder Klein-Kunst-Igel Vereins am vergangenen Donnerstag im ausgebuchten Deck 1 aus seinem Buch "Mein Kalifat: Ein geheimes Tagebuch, wie ich das Abendland islamisierte und die Deutschen zu besseren Menschen machte" zu lesen. Schon öfter sei er in der Hansestadt gewesen, etwa bei der VHS oder der Stadtbibliothek, und nutze jedes Mal die Gelegenheit, um in seiner alten Heimat in Hollern-Twielenfleth, wo er seine Kindheit verbracht hat, vorbeizuschauen, erzählte der Buchautor und Journalist kurz vor der Lesung im Gespräch mit dem WOCHENBLATT. Seine Familie kommt ursprünglich aus Pakistan. Als Spiegel-Korrespondent habe er aus fast allen islamischen Ländern berichtet. Als ihm 2016 in der Türkei der Prozess aufgrund von Terrorpropaganda gemacht werden sollte, sei er nach Wien gezogen. "2019 kündigte ich beim Spiegel und wollte mich als selbstständiger Autor ausschließlich dem Schreiben von Büchern widmen - dann kam Corona." In dieser Zeit entstand sein mittlerweile sechstes Buch "Mein Kalifat", das im September erschienen ist.
In Buxtehude war es seine erste Lesung in diesem Jahr. Dass die zuvor geplante Schüler-Diskussion aufgrund von Corona nicht stattfinden konnte, fand er sehr schade, denn bei Themen wie Rassismus und Fremdenfeindlichkeit könne man bei jungen Leuten noch viel bewegen. Besonders bedauerlich sei für ihn auch, dass seine Lesereise durch Sachsen abgesagt wurde. Denn insbesondere Dresden und die Pegida-Bewegung waren die Auslöser für das Buch, und er sei gespannt, was die Sachsen dazu sagen. Die Lesung in Buxtehude gab einen amüsanten Einblick in das Tagebuch des Kalifen und die Dinge, die in Deutschland falsch laufen. Der Kalif träumt von der idealen Gesellschaft und entwickelt dabei völlig verrückte Ideen. So mancher habe sich bereits gefragt, was bloß mit dem Autor los sei, verriet Kazim dem Buxtehuder Publikum: Denn Dresden, Wien und Hollern-Twielenfleth wurden von ihm zu Kalifaten ernannt. Nach intensiver Suche erhielt das Kalifat den Namen "Kafiolien", was im österreichischen "Blumenkohl" heißt. Aber auch für Grünkohl, Curry und Punschkrapfen hat der Kalif eine besondere Vorliebe. Die Dresdner Semper-Oper wurde mit Minaretten versehen und als sogenannte "Synaschee" (aus Synagoge und Moschee) im Buch abgebildet.
Auf hintergründige Weise werden Radikalisierung, Rassismus und Fremdenfeindlichkeit in dem Buch auf die Schippe genommen und gezeigt, wie gefährlich Demokratie für Minderheiten werden kann. Doch der Kalif hat den Kampf gegen die Idiotie aufgenommen. Unter anderem fordert er die Abschaffung der Bundesjugendspiele, weil sie den Spaß am Sport nehmen - und Kazim verriet, dass er zu jenen gehört, die nie eine Ehrenurkunde erhalten haben. Lob und Bauchpinseln werden hingegen im Kalifat durch die Vergabe von Titeln aller Art gefördert. Und der Chef der Bild-Zeitung soll im Kerker landen. Das Kalifat wurde sogar von einer Pandemie heimgesucht - Ähnlichkeiten mit wahren Begebenheiten sind selbstverständlich rein zufällig. Die Elbe hat der Kalif heilig gesprochen und ein Elbnackt-Badegebot eingeführt. Da er zudem Bleistifte liebt, wurde der 30. März, der Internationale Bleistift-Tag, als Festtag ernannt - denn der Bleistift ist mächtiger als das Schwert. Aber auch Stempel, mit denen Kazim bei früheren Einreisen mit Einträgen in seinen Pass persönlich konfrontiert wurde, gelten für den Kalifen als Zeichen von Macht. Wen wundert's, dass der Stempel seines Kalifats einen Blumenkohl mit zwei gekreuzten Bleistiften zeigt. Nach über zweistündigem Einblick in das Kalifat ließen sich etliche Buxtehuder bei der anschließenden Audienz vom Kalifen, pardon von Kazim, das Buch persönlich signieren. "Möge er immer Zwiebelmettbrötchen in rauen Mengen zur Verfügung haben", wünscht ihm das WOCHENBLATT. "Mein Kalifat“ ist Hasnain Kazims erstes fiktionales Buch. In seinen bisherigen Büchern hat Kazim seine Erinnerungen an die Zeit in Hollern-Twielenfleth, auch wie die Gemeinde seine Familie bei der Einbürgerung unterstützte, immer wieder eingeflochten – angefangen von „Grünkohl und Curry“, in dem er die Einwanderungsgeschichte seiner Eltern erzählt, bis zum Bestseller „Auf sie mit Gebrüll … und guten Argumenten“ und "Post von Karl-Heinz".
Redakteur:Susanne Laudien aus Buxtehude |
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