Ein Stück Tradition stirbt
In der Kult-Kneipe "Gauensieker Schleuse" gehen die Lichter aus
ig. Drochtersen. Wieder geht ein Stück Kehdinger Geschichte verloren. Die Traditionsbetriebe "Peters' Gasthaus" und das "Kehdinger Landhotel" Meyer im Ritscher Moor haben bereits ihren Betrieb eingestellt. Nun gehen auch in der „Gauensieker Schleuse" in Drochtersen die Lichter aus. „Die kleine Kneipe in unserer Straße“: Das alte Peter-Alexander-Lied hat dann keine Gültigkeit mehr. Das gemütliche Feierabendlokal am urigen Gauensieker Hafen gehört ab Juni der Vergangenheit an. Die "Kneipe" gibt es seit mehr als 100 Jahren. Einst war noch ein Kaufmannsladen angeschlossen.
Der langjährige Gastwirt Kurt Ammer hat seinen Betrieb an einen Drochterser Unternehmer verkauft, der die Immobilie in ein Wohnhaus verwandeln will. Im Haupthaus sollen fünf kleinere Wohnungen, in der Kegelbahn Appartements für Touristen und Monteure entstehen.
Die „Schleuse“ ist Treffpunkt und auch Stammlokal für Vereine, darunter der Skatklub "Herzbube" und der Förderverein der Gauensieker Spülschleuse.
Ammer geht mit einem lachenden und weinende Augen in den „Gastwirt-Ruhestand“. Er wisse, dass ein Kultbetrieb die Pforten schließe. Und das seine Entscheidung das Aus für das Hafenfest, die Oldie-Disco, Live-Auftritte, das Matjesfest und die Silvester-Party bedeute. Er mache Schluss aus Altersgründen, aber auch aus wirtschaftlichen Gründen. Er habe lange mit sich gerungen und überlegt. "Der Aufwand hat sich aber nicht mehr gelohnt", sagt Ammer. „Das Freizeitverhalten der Menschen hat sich verändert. Wir hatten früher Stammtische, die täglich kamen.“
Nachwuchs komme nicht nach. "Jugendliche und junge Erwachsene lassen sich heutzutage kaum noch in Kneipen blicken. Die 'glühen' zu Hause vor, gehen dann in die Diskotheken.“ Und überhaupt: Das, was das Miteinander in der Kneipe ausmache, werde immer weniger. „Man redet kaum noch miteinander, klickt lieber auf dem Smartphone herum“, hat der Wirt festgestellt. Aber das sei nicht nur ein Phänomen bei der Jugend. „Selbst in der Generation 50 plus ist das zu beobachten. Die sitzen am Tresen, trinken ein Bier und spielen mit ihren Handys.“
Vieles habe sich auch mit dem Bau der Dorfgemeinschaftshäuser verändert. „Dorthin werden immer mehr Veranstaltungen und Feste, die sonst in der Gastronomie stattfanden, verlagert.“ Diese Entwicklung sei für viele Wirte ein großes Problem, weil der Umsatz abwandere. Auch Ammer habe eine Tendenz "Weg von der Kneipe" festgestellt. „Das Bier wird immer öfter lieber zu Hause getrunken.“
Was den baldigen Ruheständler ein wenig aufmuntert: Er kann sich jetzt noch stärker seinem Hobby widmen. Das Skatspiel betreibt er erfolgreich. Ammer hat schon an deutschen Meisterschaften teilgenommen. Und: Ganz scheidet er ja aus der "Schleuse" nicht aus. Er bezieht in "seiner Kneipe" eine kleine Wohnung.
Redakteur:Dirk Ludewig aus Stade |
Kommentare
Sie möchten kommentieren?
Sie möchten zur Diskussion beitragen? Melden Sie sich an, um Kommentare zu verfassen.