Dammann-Tamke: Moore sind ideale Wolfsreviere
Wolf in Fredenbeck? Hobbyfotograf gelang Schnappschuss
jd. Stade. Bereits zwei Tage nach der Wolfssichtung im Alten Land wurde im Landkreis Stade erneut ein Wolf beobachtet - diesmal auf der Geest. In Fredenbeck lief Meister Isegrim am Dienstagmorgen einem Hobbyfotografen vor die Linse. Der war morgens in der Fredenbecker Feldmark unterwegs auf Fotopirsch. Obwohl die Sichtverhältnisse an diesem Morgen wegen des dort herrschenden Frühnebels nicht die besten waren, gelang Günter Zink aus einiger Entfernung am Ortfeld nahe der NABU-Wiese ein Schnappschuss, auf dem ein Tier zu erkennen ist, das wie ein Wolf aussieht.
Auch Helmut Dammann-Tamke, Präsident der Landesjägerschaft und ausgewiesener Wolfsexperte, meint nach Betrachtung des Bildes, dass es sich "mit an Sicherheit grenzender Wahrscheinlichkeit" um einen Wolf handelt. Allerdings lasse die mangelnde Fotoqualität Raum für Zweifel. Unstrittig ist für Dammann-Tamke hingegen, dass der Wolf hier im Norden dabei ist, sich weiter auszubreiten. Der im Alten Land gesichtete Wolf sei wahrscheinlich ein Jungtier auf Reviersuche gewesen. "Es ist nicht auszuschließen, dass es sich bei dem in Fredenbeck fotografierten Wolf um dasselbe Exemplar handelt." Ein Wolf könne an einem Tag rund 70 Kilometer zurücklegen.
Dammann-Tamke geht davon aus, dass im Alten Land ohnehin kein Wolf heimisch wird. "Da ist zu viel los." Gerade in der Urlaubssaison werde die Region von Touristen bevölkert. Die Wölfe in Niedersachsen hingegen hätten mit sicherem Instinkt die Gebiete aufgesucht, in denen sich keine oder nur wenig Menschen aufhalten. Nicht ohne Grund habe es die ersten Wolfsreviere zunächst auf Truppenübungsplätzen gegeben. Bis auf die sporadischen militärischen Aktivitäten sei das ein idealer Lebensraum für Wölfe.
Je mehr Tiere es gibt, umso dichter werden die Wölfe aber an die Zivilisation heranrücken. Im Landkreis Stade ist die Geest nach Ansicht von Dammann-Tamke für den Wolf viel attraktiver als das Alte Land. Dort böten sich gerade die Moorgebiete als Lebensraum für die Wölfe an. Bereits vor ein paar Jahren hatte der Jäger-Präsident das Feerner Moor nördlich von Helmste als ein klassisches Wolfsrevier genannt. Der Ort der Fredenbecker Wolfssichtung liegt nur rund vier Kilometer Luftlinie davon entfernt.
In einem anderen Moorgebiet, dem Frankenmoor, konnte vor einem Jahr der erste Nutztierriss durch einen Wolf im Landkreis Stade nachgewiesen werden. "Das ist kein Zufall", sagt Dammann-Tamke und verweist auf historische Quellen. In einem Buch des Harsefelder Autors Klaus Isensee über die Geschichte des örtlichen Klosters werden Berichte über Wolfsplagen im Harsefelder Umland zitiert, mit denen sich die ansässigen Bauern weit bis ins 18. Jahrhundert hinein herumärgern mussten. Auch Menschen wurden laut den Chroniken damals von Wölfen angefallen.
Schließlich rief der Harsefelder Amtmann auf Drängen der Landpächter zu großangelegten Wolfsjagden auf. So wurde allein zwischen 1763 und 1766 die stattliche Anzahl von 66 Wölfen erlegt. Bereits in den alten Quellen werde das Frankenmoor als Rückzugsgebiet der Wölfe genannt, so Dammann-Tamke. "Ausgerechnet dort, wo der Wolf damals seine letzte Zuflucht in der Region fand, wird er jetzt zuerst wieder nachgewiesen."
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