Von Egestorf in die Niederlande
Auf Schokofahrt mit E-Rollstuhl und Fahrrad-Wohnwagen
"Wenn einer eine Reise tut, dann kann er was erzählen", sagt der Volksmund. Für Elisabeth und Siegfried Draht (beide 55) aus Egestorf (Landkreis Harburg) gilt das auf spektakuläre Weise: Das Ehepaar startet regelmäßig zu Schokofahrten ins rund 450 Kilometer entfernte Amsterdam - mit einem Fahrrad-Wohnwagen Marke Eigenbau und einem Elektro-Rollstuhl.
Seit ihrer Geburt ist Elisabeth Draht an einer genetisch bedingten Form von Muskelschwund erkrankt, seit dem sechsten Lebensjahr auf den Rollstuhl angewiesen. "Abgesehen von der Muskelschwäche bin ich aber fit und unternehmungslustig", sagt sie fröhlich. Gemeinsam mit ihrem Mann, der sie als gelernter Krankenpfleger umsorgt, unternimmt sie gerne "Wander-Touren". Dabei fährt sie im E-Rollstuhl, während er auf dem Liege-Fahrrad in die Pedale tritt. "Auch wenn ich nicht zu Fuß unterwegs bin, hat es was von Marschieren, weil man sich mit einer ähnlichen Geschwindigkeit fortbewegt", ist Elisabeth Drahts eigene Definition von "Wandern".
Ihre Leidenschaft für Ausflüge war im vergangenen Jahr für die Heidjer auch der Auslöser, zwei Schokofahrten ins rund 450 Kilometer entfernte Amsterdam zu unternehmen. Dort im Kakaohafen (!) produziert das Unternehmen "Chocolate Makers" solarbetrieben und emissionsfrei seine heiß begehrten Süßigkeiten. Zweimal im Jahr kommen Hunderte von Radfahrern aus ganz Deutschland, um die Schokolade umweltfreundlich abzuholen und gegebenenfalls weiterzuvertreiben. Die Radler werden vor Ort von den Firmenmitarbeitern stets mit Beifall willkommen geheißen.
Auf den "geschmackvollen" Touren zog Siegfried Draht auf seinem Liege-Dreirad einen selbst gebauten Fahrrad-Wohnwagen. Das aus Gewächshaus-Platten konstruierte "Alternativ-Wohnmobil" dient dem Paar als kostensparender Schlafplatz und verfügt über einen Schrank, in dem Reiseutensilien und auch die Schoko-Fracht verstaut werden. "Wir fuhren pro Tag zwischen 30 und 50 Kilometer vorzugsweise auf Radwegen und Nebenstrecken, um den Verkehr auf den Landstraßen nicht zu behindern", so die Egestorfer. Nach etwa zehn Tagen erreichten sie Amsterdam. "Dort holten wir die Schokolade ab, die wir und Freunde bei der Firma bestellt hatten. Etwa 30 Kilo Schokolade im Wert von 1.200 Euro hatten wir am Ende geladen."
Auch manche Tücken mussten bewältigt werden: Mal war kurz vor dem Ziel in den Niederlanden eine Strecke gesperrt, was einen zehn Kilometer langen Umweg erforderlich machte. Ein anderes Mal fuhr ein Auto auf den Fahrrad-Wohnwagen auf. Siegfried Draht wurde bei dem Unfall leicht verletzt, die mobile Unterkunft musste repariert werden. Die jüngste Fahrt nach Amsterdam brachen Elisabeth und Siegfried Draht schließlich nach vier Tagen wegen heftigen Unwetters ab. In wenigen Tagen wollen sie aber wieder durchstarten, denn: "Es ist toll, den Reise- und den Schoko-Genuss miteinander zu verbinden. Zudem macht es uns viel Spaß, den Leuten zu zeigen, was man alles machen kann, ohne das Auto zu benutzen."
Redakteur:Christoph Ehlermann aus Salzhausen |
Kommentare
Sie möchten kommentieren?
Sie möchten zur Diskussion beitragen? Melden Sie sich an, um Kommentare zu verfassen.