Raus aus der Natur
Landkreis Stade spricht Radfahrverbot im Naturschutzgebiet aus
jab. Landkreis Stade. Während der Corona-Pandemie haben die Bürger im Landkreis Stade die Wälder und Naturschutzgebiete (NSG) der Region für sich entdeckt. Egal, ob gemächlich zu Fuß oder mit der ganzen Familie auf dem Rad fernab vom Straßenverkehr. Allerdings sind die Fahrräder der Kreisverwaltung ein Dorn im Auge. Kurzerhand stellte sie im Winter Schilder auf, die die Nutzung per Rad auf dem Steinbeck-Wanderweg verbieten. Inzwischen ist klar: Das Verbot gilt nicht nur auf diesem Weg, sondern im gesamten NSG "Aueniederung und Nebentäler". Doch auch andere Schutzgebiete könnten davon betroffen sein, erklärt Ralf Poppe, Gründer der Interessengemeinschaft Radsportclub (RSC) Harsefeld.
Rote Schilder leuchten den Besuchern des Wanderweges von Weitem entgegen. Auf ihnen zu sehen: Der Hinweis auf ein Naturschutzgebiet sowie als Piktogramme die Verbote und Gebote, die hier gelten. Neu dabei: das Radfahrverbot.
Aktuelle Verordnung ist Schuld
Ralf Poppe hakte mehrfach beim Landkreis nach. Denn für ihn und die übrigen Radsportler sei das Verbot unverständlich. Zumal der Landkreis den Kommunen 2018, als es um den Erlass der neuen Verordnung ging, zugesagt hatte, dass es keine weiteren Nutzungseinschränkungen als in der Verordnung von 1997 geben wird. Und da war Radfahren erlaubt.
Begründet liegt das Radfahrverbot in der Interpretation der Verordnung des NSG, so Poppe. Die Verordnung besagt, dass Fahrräder nur auf gekennzeichneten Wegen fahren dürfen. Dabei steht dort nicht, dass es sich um Radwege handeln muss, wie es z.B. entsprechend für Reiter der Reitweg sein muss. Zudem gibt es den Hinweis, dass auch Fußgänger sich nur auf gekennzeichneten Wegen aufhalten dürfen. Für Poppe müsste es sich dabei um die gleichen Wege wie für Radfahrer handeln. "Denn wie die Wege extra für Radfahrer gekennzeichnet sein müssen, wird nicht deutlich", so Poppe.
Poppe hat inzwischen einen Rechtsanwalt zurate gezogen. Dessen Meinung: Ein Verbot gebe die Verordnung nicht her, die roten Schilder hätten keine rechtliche Relevanz.
Kein Verständnis für Verbot
Was dieses Verbot in seinen Augen noch unverständlicher macht: Auch andere Schutzgebiete wie Braken und Harselah müssten nach der Interpretation des Landkreises davon betroffen sein. Denn in dieser Verordnung wird ebenfalls von gekennzeichneten Wegen gesprochen. Verbotsschilder seien dort aber nicht aufgestellt worden, sagt Poppe. In einigen Verordnungen wie des Deinster Mühlenbachs werden Radfahrer nicht explizit erwähnt. Bei anderen Gebieten, z.B. Neuklosterholz, hingegen darf nur auf befestigten Wegen geradelt werden. Hier sei ihm kein Radfahrverbot bekannt, sagt Poppe.
Warum müssen also ausgerechnet im NSG Aueniederung und Nebentäler Fahrradfahrer absteigen? Und droht bald das komplette Aus für Radfahren in Schutzgebieten? Der Landkreis begründet das Aufstellen der Schilder damit, dass es sich dabei um die offizielle Kennzeichnung von Naturschutzgebieten handele, die sukzessive in allen Schutzgebieten vorgenommen werde. Sie weisen lediglich auf die Verordnung hin, die das Verbot beinhaltet.
Landkreis: "Die Rechtslage ist eindeutig"
Die Rechtslage sei eindeutig, dass eine Freigabe für Radfahrer erfolgen müsse, so der Landkreis. Für Fußgänger gelte ein Wegegebot ohne Forderung nach einer speziellen Freigabe. Dass das Verbot nicht auch in anderen Schutzgebieten wie im Braken und Harselah gilt, liegt daran, dass es sich dort um "öffentliche Wege oder Wege, bei denen eine Befahrungsregelung aufgrund anderer Rechtslagen genehmigt ist", handele.
Außerdem hätten vor Ort, vor allem auf dem Steinbeck-Wanderweg, die Verantwortlichen betrachtet, wie sich die Nutzungsansprüche wie Radfahren und Wandern mit den Schutzzielen im Gebiet vereinbaren lassen. Allerdings habe sich gezeigt, dass es vielfach zu "Begegnungskonflikten der unterschiedlichen Nutzer aufgrund des schmalen Wanderweges" gekommen sei, so der Landkreis. Darauf zurückzuführen seien die schlechte Beschaffenheit der Wege, für die Reiter und Radfahrer verantwortlich sein sollen. Wanderer hätten dadurch Schwierigkeiten, wodurch sie abseits der Pfade ausweichen. Hinzu käme die massive Nutzung durch Mountainbiker. "Diese Entwicklung ist nicht mit dem Schutzweck der Verordnung vereinbar. Daher ist nur das Wandern geregelt worden."
Poppe hingegen ist der Meinung, dass Radfahrer keine gepflegten Wege kaputt machen würden. Und es seien Fußgänger, die nicht auf dem Weg blieben. Daher verstehe er die Regelungen nicht. Daher setzt Poppe sich weiter für das Radfahren in dem Schutzgebiet ein. Er verlange nur eine vernünftige Erklärung der Rechtsgrundlage, sagt Poppe. Gebe es die nicht, solle der Landkreis das Verbot wieder aufheben.
Redakteur:Jaana Bollmann aus Stade |
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