"Wir sind keine Geheimbündler" - In Stade gibt es die einzige Freimaurerloge in der Region

Gerd Carlson weist auf zwei wichtige Symbole der Freimaurer: Winkel und Zirkel
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jd. Stade. Sie gelten bei vielen als mysteriöser Männerbund, der merkwürdige Riten praktiziert und im Verborgenen wirkt, umgeben von der Aura des Geheimnisvollen: die Freimaurer. Was die meisten darüber wissen, beschränkt sich auf Mythen oder Gerüchte. Mit dem Vorurteil, ein Geheimbund zu sein, über dessen Wirken nichts nach außen dringen darf, will die Stader Freimaurerloge mit einer Art Transparenz-Offensive aufräumen. Die Loge nimmt das 300-jährige Bestehen der modernen Freimaurerei zum Anlass, ihre Aktivitäten künftig einer breiteren Öffentlichkeit zu präsentieren (siehe unten).

"Mit Geheimbündelei hat das gar nichts zu tun. Wir verstehen uns als feste Gemeinschaft frei denkender Menschen, die sich den fünf Grundidealen der Freimaurerei verschrieben haben: Freiheit, Gleichheit, Brüderlichkeit, Toleranz und Humanität", sagt Gerd Carlson, "Meister vom Stuhl" der Stader Loge. Der klangvolle Titel seines Amtes, das dem eines Vereins-Vorsitzenden entspricht, entstammt der Freimaurer-Tradition - wie auch die übrigen Posten im Vorstand, der als "Beamtenrat" bezeichnet wird: Ihm gehören u.a. der Redner, der Schreiber und die Aufseher an.

Alle diese Personen spielen eine Rolle bei der sogenannten "rituellen Tempelarbeit" der Loge. Sie findet im "Tempel" statt, einem besonders ausstaffierten Versammlungsraum, der mit den typischen Symbolen der Freimaurer wie Winkel und Zirkel versehen ist. Diese Zusammenkunft, bei dem Frack oder schwarzer Anzug, Zylinder und weiße Handschuhe getragen werden, laufe nach einer überlieferten Zeremonie ab, so Carlson: "Es beginnt immer mit einem festgelegten Dialog zwischen mir und den Aufsehern. Im Mittelpunkt steht dann ein Vortrag , der uns Stoff zum Nachdenken liefert." Wenn man denn überhaupt vom Geheimnis des Freimaurertums sprechen möchte, dann liege es in diesem Erlebnis, dem Ritual der Tempelarbeit beizuwohnen.

Carlson räumt ein: Mit solchen Riten hätten die Freimaurer selbst dazu beigetragen, dass ihrem Tun der Ruf des Obskuren anhaftet: "Es war etwas unglücklich, dass die Freimaurer sich immer sehr bedeckt gehalten haben bei dem, was sie machen." Nun soll das Image aufpoliert werden. Bei aller Tradition seien die Freimaurer weltoffen und neuen Dingen aufgeschlossen. "Wir sind weder ein Club alter, konservativer Herren noch ein elitärer Zirkel", erklärt der Logen-Meister. "Wir kommen aus den unterschiedlichsten Berufen - darunter seien auch Handwerker, Landwirte oder Kaufleute. "Man muss kein Akademiker sein, um aufgenommen zu werden", sagt Carlson.

Im Gegensatz etwa zu Sportvereinen, bei denen das sportliche Können als Einzelaspekt im Vordergrund stehe, gehe es bei den Freimaurern um den Menschen in seiner Gesamtheit: "Wir arbeiten gemeinsam an uns selbst - immer nach dem Motto: Wenn Du die Welt verbessern willst, dann fange bei Dir selbst an." Das bedeute aber auf keinen Fall aufgesetzte Harmonie: "Wir können gerade bei politischen Themen heftige Streitgespräche führen." Wichtig sei dabei, die Sichtweise des Andersdenkenden zu tolerieren.

Carlson legt Wert auf die Feststellung, dass die Stader Loge im Prinzip allen Interessierten offensteht - unabhängig von Religion, sexueller Orientierung oder politischer Überzeugung. Eine Ausnahme macht er allerdings: "Mit Anhängern rechter Parteien wie der AfD hätten wir unsere Probleme." Deren völkisches und intolerantes Denken passe nicht zur weltoffenen Freimaurer-Philosophie.

Festveranstaltung mit 200 Gästen 

Der Auftakt der Öffentlichkeits-Initiative der Stader Freimaurer bildete am gestrigen Freitagabend eine Veranstaltung in der Stader Seminarturnhalle. Aus Anlass des 300-jährigen Bestehens der Freimaurer und zur Feier von "240 Jahren Freimaurerei in Stade" hatte die Loge rund 200 Gäste geladen. Es gab mehrere Vorträge rund um die Freimaurerei und speziell zum Freimaurertum in Stade. Einen Bericht darüber lesen Sie am kommenden Mittwoch im WOCHENBLATT.

Loge besteht seit 1845

Die Stader Loge ist die einzige Freimaurerloge in der Region zwischen Oste und Lühe. Sie wurde 1845 gegründet und hat eine besondere Bezeichnung: "Friederike zur Unsterblichkeit". Der Name leitet sich ab von der Frau des ersten hannoverschen Königs Ernst August, Königin Friederike (1778 - 1841). Damit sollte die patriotische Haltung der Logenbrüder bekundet werden.

Eine Freimaurerloge gab es in Stade bereits seit 1777. Nur die Friederiken-Loge überdauerte die Zeit. Ihre Zusammenkünfte halten die Mitglieder in ihrem Logenhaus in der Freiburgerstraße (gegenüber von Kaufland) ab. Wer Intetresse hat, selbst Freimaurer zu werden, nimmt zunächst an Gäste-Abenden der Loge teil. Nach einem Gespräch wird dann über die Aufnahme entschieden.
• Nähere Informationen bei Gerd Carlson unter Tel. 04141 - 408261

Redakteur:

Jörg Dammann aus Stade

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