Von Stromleitungen umzingelt
jd. Stade. Die neue "SuedLink"-Trasse wird quer durch den Kreis Stade führen / Einzelne Dörfer sind besonders betroffen. Im Jahr 2022 werden die letzten Kernkraftwerke abgeschaltet. Bis dahin müssen Alternativen her: Geplant ist, die süddeutschen Bundesländer mit Windenergie aus dem Norden zu versorgen. Der Netzbetreiber Tennet stellte kürzlich den vorgesehenen Trassenverlauf für diese "Strom-Autobahn" vor, die den Namen "SuedLink" tragen wird (das WOCHENBLATT berichtete). Nach diesen Plänen wird die Trasse quer durch den Landkreis Stade führen. Auch wenn Tennet immer wieder bekundet, das gesamte Verfahren transparent zu gestalten, kommt in den betroffenen Kommunen erster Unmut auf. So kritisiert Ahlerstedts Bürgermeister Uwe Arndt (FWG), dass er noch keinerlei konkrete Informationen erhalten habe.
"Ich habe auch nur aus der Presse erfahren, dass ein Entwurf für den Trassenverlauf veröffentlicht worden ist", sagt Arndt. Er habe sich erst einmal im Internet schlau gemacht und dann festgestellt, dass der ein Kilometer breite Planungskorridor mitten durch seine Gemeinde führt. Außerdem ärgert sich Arndt darüber, eine Einladung zu einer inzwischen abgesagten Info-Veranstaltung, die Tennet für alle Bürgermeister der Region ausrichten wollte, erst fünf Tage vorher erhalten zu haben. "Solch ein Vorlauf ist viel zu knapp", meint Arndt.
"Ich verlasse mich nun auf die Erklärung von Tennet, die vorgestellten Pläne seien nur ein erster Vorschlag", erklärt der Ahlerstedter Bürgermeister. Er sei aber verwundert über die Aussage des Netzbetreibers, der vorgeschlagene Korridor habe "die geringsten Auswirkungen auf Mensch und Natur". Für ihn stelle sich die Frage, wie das Unternehmen zu dieser Erkenntnis komme, ohne zuvor mit jemandem vor Ort gesprochen zu haben. Er will Tennet beim Wort nehmen: Der niederländische Konzern habe schließlich zugesichert, bei dem Planungs- und Genehmigungsverfahren mit den Bürgern und Kommunen in einen Dialog zu treten und mögliche Alternativen für die Trasse zu berücksichtigen.
Arndt beabsichtigt außerdem, sich als Fraktionsvorsitzender der Freien Wähler im Kreistag dafür einzusetzen, dass das Thema im Fachausschuss behandelt wird: "Ich halte es für erforderlich, die Auswirkungen des Trassenverlaufs etwa auf die Planungen für Windparks oder Wohngebiete zu überprüfen." Schließlich seien zur geplanten "SuedLink"-Leitung, die etwa um die Hälfte höher als die bestehenden Überlandleitungen ausfalle, bestimmte Mindestabstände einzuhalten.
Auch andere Bürgermeister hätten sich beim Thema "SuedLink" eine bessere Informationspolitik gewünscht. "Wir wissen alle, dass eine solche Stromautobahn erforderlich ist, um die Energiewende umzusetzen", erklärt der Bargstedter Bürgermeister Thomas Wiebusch (CDU). Doch man müsse auch schauen, inwieweit die Belastung für einzelne Orte noch zumutbar sei. Ein Blick auf die Karte zeigt, dass tatsächlich einzelne Dörfer besonders betroffen sind: Sollten die jetzigen Pläne umgesetzt werden, bedeutet das für Wangersen, Wohlerst, Helmste und Dollern, dass sie künftig von Stromleitungen "umzingelt" sind.
"Bei uns führen wegen des hier vorhandenen Umspannwerks schon jetzt die meisten Überlandleitungen vorbei", erklärt Dollerns Bürgermeister Wilfried Ehlers (SPD). Käme die neue "SuedLink"-Trasse hinzu, hätte das Dorf künftig in jeder Himmelsrichtung Strommasten stehen. Konflikte werde es sicher noch beim Rüstjer Forst geben, meint Ehlers: "Da soll die Trasse mitten durch den Wald geknallt werden." Ehlers erwartet, dass Tennet mit dem Thema offen umgeht und Bedenken tatsächlich Ernst genommen werden.
• Auch Landrat Michael Roesberg wird nun in dieser Sache aktiv: Er hat Tennet zu einer Info-Veranstaltung eingeladen, die der Landkreis zum Thema "SuedLink" durchführen will. Ein Termin steht noch nicht fest.
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