ÖPNV im Landkreis nicht gut aufgestellt
Mehr Querverbindungen nötig
Mit dem 49-Euro-Ticket sollen Bürger aus dem Auto in umweltfreundlichere Verkehrsmittel wie Bus und Bahn gelockt werden. Aber: Billige Monatskarte hin oder her - wo kein Bus fährt, nützt das Ticket wenig. Das große Problem: Im Landkreis Harburg fehlen Querverbindungen zwischen den Dörfern. Auch abends fahren zu wenig Busse.
Wer aus der direkten Umgebung nach Buchholz, Harburg oder Winsen will, schafft das recht schnell, doch von Jesteburg ins benachbarte Hanstedt - das kann schon mal dauern. Das erlebt Jesteburgerin Heidi Kubica dauernd: Sie hat häufiger Arzttermine in Hanstedt, normalerweise gegen acht Uhr. "Ich habe dort jetzt gesagt, ich könne erst später, denn die Busverbindung ist zu schlecht. Ich musste mich mit dem Auto fahren lassen."
Tatsächlich stehen zunächst - auch wegen der Kreisverkehrsbaustelle im Ortskern - rund 20 Minuten Fußweg zur Bushaltestelle Seevestraße an. Um 6.49 Uhr fährt dort der 4207er Bus nach Hanstedt ab, um 7.02 Uhr kommt er in Hanstedt an - eine Stunde zu früh für Heidi Kubica. Geht aber nicht anders, denn der nächste Bus fährt erst um 8.31 Uhr - der Heide-Shuttle Ring 3, der im Übrigen nur im Sommer unterwegs ist. Ein Einzelschicksal bei ausnahmsweise ungünstigen Rahmenbedingungen? Eher nicht. Beispiel Maschen, Haltestelle Erikaweg: Wer von hier nach Buchholz möchte, muss mindestens eineinhalb Stunden Fahrzeit einkalkulieren - egal zu welcher Tageszeit.
Auch Unternehmer klagen über die schlechte Anbindung an den öffentlichen Personennahverkehr ÖPNV im Hamburger Umland. Zum Beispiel Hayretdin Kurnaz, Wirt des Hittfelder Gasthauses Zur Linde. Er fährt inzwischen seine Harburger Mitarbeiter nach deren Feierabend um 22 Uhr persönlich zum Hittfelder Bahnhof, da ab Hittfeld nach Harburg erst um 23.47 Uhr wieder ein Bus verkehrt. Er ist auf die Mitarbeiter aus Hamburg angewiesen. "Hier in der Nähe gibt es nicht genug Personal, ich bin froh über die Hamburger Mitarbeiter."
Hat der Landkreis eine Strategie, wie das Problem zu beseitigen ist? "Der Landkreis Harburg sorgt für Mobilität im Kreisgebiet für alle Menschen, die kein eigenes Auto nutzen können oder wollen", verspricht immerhin die Landkreis-Website. Knapp 160 Busse sind täglich im Landkreis Harburg unterwegs, befördern unter anderem 12.000 Schüler. Der 5. Nahverkehrsplan ist derzeit im Werden: Sein Entwurf wird am 23. August im Wirtschaftsausschuss des Landkreises vorgestellt, dann folgt ein Beteiligungsverfahren, in dem Politiker Anregungen, Ergänzungen, Änderungsvorschläge etc. abgeben können.
Ende vergangenen Jahres lieferte die Verwaltung einen Zwischenbericht im Ausschuss für Wirtschaft, ÖPNV und Tourismus des Landkreises. Fazit: Verbesserungen dauern noch. Denn die Rahmenbedingungen seien gerade schlecht: "Massiv steigende Kosten für Energie und Personal" verteuerten den ÖPNV. Dazu käme ein "Personalmangel in der gesamten Branche", eine - zwischenzeitlich - "unterdurchschnittliche Fahrgastentwicklung durch die Corona-Pandemie" und "sinkende Fahrgeldeinnahmen u.a. durch das Deutschlandticket" bescheinigte Thorsten Heitmüller, Verkehrsplaner von der Verkehrsgesellschaft Nord-Ost-Niedersachsen mbH (VNO), die den Landkreis fachlich unterstützt.
Gibt es trotzdem Hoffnung auf Besserung? Höchste Priorität habe auf jeden Fall die Sicherung des bestehenden Angebotes, heiß es in der Planvorausschau. Dann soll das Angebot erst einmal dort ausgebaut werden, wo viele Fahrgäste zu erwarten sind. Das Grundangebot im ländlichen Raum soll für Ortsteile mit mehr als 200 Einwohnern trotzdem von drei auf sechs Fahrtenpaare täglich zum nächsten Zentrum angehoben werden. Dafür werden kostenintensive Projekte wie alternative Antriebe und so genannte "On-demand-Angebote", also Angebote bei konkreter Nachfrage, erst einmal um zwei Jahre verschoben werden.
Verbesserte Querverbindungen haben die Planer zwar auf dem Schirm, sie sollen aber nur "bei ausreichendem Fahrgastpotential" eingerichtet werden, eist es im Zwischenbericht, denn "eine stärkere Vernetzung (mit Knotenpunkten zum Umsteigen, Anm. der Red.) bietet für Fahrgäste viele Vorteile, betrieblich aber viele Herausforderungen, zum Beispiel bei Betriebsstörungen oder geänderten Fahrplänen."
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