Landkreise Harburg und Stade: Pflegekrise
Nächster Anbieter in der Insolvenz

Gehört zu einer der 25 Gesellschaften, die über eine Schutzschirm-Insolvenz bis zum Herbst neu strukturiert werden sollen: das Seniorenheim im Bergweg | Foto: os
  • Gehört zu einer der 25 Gesellschaften, die über eine Schutzschirm-Insolvenz bis zum Herbst neu strukturiert werden sollen: das Seniorenheim im Bergweg
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Nach dem Ambulanten Hauspflegedienst AHD von Ole Bernatzki (das WOCHENBLATT berichtete) ist auch ein Branchenriese in finanzielle Schieflage geraten: Am vergangenen Donnerstag meldete der Pflegeanbieter Doreafamilie für die Holdinggesellschaft Dorea GmbH mit Sitz in Berlin und für 25 seiner Tochtergesellschaften Insolvenz an. Im Landkreis Harburg ist das von Doreafamilie betriebene Pflegeheim im Jesteburger Bergweg mit 62 Seniorenappartments betroffen. Die Dorea-Einrichtungen in Marschacht, Stade und Buxtehude - zwei Pflegeheime in Buxtehude und Stade und je ein ambulanter Pflegedienst in Marschacht und Buxtehude - sind nach Aussage von Pressesprecher Sebastian Glaser nicht betroffen.

Niemand brauche sich Sorgen um die Betreuung seiner Lieben zu machen, beteuern die Verantwortlichen. "Für die Pflegebedürftigen ändert sich während der Durchführung der Verfahren nichts", sagt Dorea-Geschäftsführer Walter von Horstig. Alle stationären und ambulanten Pflegeleistungen würden wie gewohnt erbracht, der Geschäftsbetrieb liefe ganz normal und in vollem Umfang weiter.

Warum haben immer mehr Pflegedienste finanzielle Schwierigkeiten? Die heftigen Kostensteigerungen bei Energie, Miete und Material seien "in den jährlich mit den Krankenkassen ausgehandelten Budgets nicht vorgesehen", sagt Dorea-Sprecher Glaser. Dazu kämen die Mehrkosten, weil nun die Pflegkräfte per Gesetz besser bezahlt werden müssten, was von den Pflegekassen "nur teilweise refinanziert" werde. Finanzielle Rücklagen der Unternehmen seien durch teure Corona-Schutzmaßnahmen aufgebraucht.

Die insolventen Gesellschaften haben - wie der AHD - ein sogenanntes "Schutzschirmverfahren in Eigenverantwortung" beantragt. Das bedeutet: Innerhalb einer bestimmten Zeit kann sich ein in finanzielle Schwierigkeiten geratenes Unternehmen bei laufendem Betrieb umstrukturieren, um zukünftig besser am Markt bestehen zu können. So zahlt die Agentur für Arbeit bei den betroffenen Dorea-Gesellschaften bis Ende Juni alle Gehälter. Außerdem können im Schutzschirmverfahren zum Beispiel ungünstige Verträge gekündigt und neu verhandelt werden, was sonst nicht möglich ist.

Ein Schutzschirmverfahren in Eigenregie kann nur beantragt werden, wenn das Unternehmen bei drohender Insolvenz frühzeitig etwas unternimmt und dadurch genügend Handlungsspielraum für eine Lösung besteht. "Beides ist bei uns der Fall", betont Volker Wentz,  Finanzchef der Dorea GmbH. Unterstützt wird das Unternehmen dabei von der sanierungserfahrenen Rechtsanwaltskanzlei Wellensiek. Außerdem wird das Amtsgericht einen sogenannten "vorläufigen Sachwalter" einsetzen, der das Verfahren im Interesse der Gläubiger überwacht. Bis zum Sommer soll ein Restrukturierungsplan ausgearbeitet sein. Ob dann ein neuer Investor einsteigen soll oder Vergleiche mit Gläubigern geschlossen werden, werde sich in den nächsten Wochen herauskristallisieren, heißt es in einer Dorea-Mitteilung.

Die Dorea-Gruppe ist ein eigenständiger Teilkonzern der französichen "Groupe Maisons de Famille" der Milliardärsfamilie Mulliez. Sie gehört zu den größten Pflegeanbietern in Deutschland. Unter ihrem Dach werden 7.500 Menschen in 80 Pflegeheimen, 17 Standorten mit betreutem Wohnen und neun ambulanten Pflegediensten von rund 5.500 Mitarbeitern überwiegend in der Altenpflege betreut. Der Jahresumsatz liegt nach eigenen Angaben bei 280 Millionen Euro.

Redakteur:

Gabriele Poepleu aus Jesteburg

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