Schulpolitik: Was läuft da falsch? Dort, wo der Landkreis viel Geld in die Hand nimmt, bleiben die Schüler aus.
Bekommt der Landkreis Harburg jetzt die Quittung für seine verfehlte Schulpolitik? Das WOCHENBLATT wies bereits vor zwei Jahren auf die Risiken hin. Jetzt bestätigen aktuelle Zahlen den Eindruck, dass der Landkreis in der Schulpolitik falsche Weichen gestellt hat und Millionen verschleudert.
Während die Integrierten Gesamtschulen in Buchholz und Winsen deutlich mehr Anmeldungen als Plätze vorweisen können, ist die Nachfrage in Jesteburg (Oberschule) und Seevetal (IGS) deutlich gesunken. Paradox: Offensichtlich die Schulen, in die der Landkreis insgesamt zweistellige Millionenbeträge investierte, liegen in der Gunst der Eltern hinten.
Im Fokus der Kritik: Landrat Joachim Bordt, der die maßgeblichen Entscheidungen gegen den Rat der Fachleute durch öffentliche Zusagen an die Eltern zementiert hat.
Keine Lust auf Oberschule?
mum. Jesteburg/Hanstedt. „Ein Traumstart für die neue Oberschule Jesteburg! Mehr als doppelt so viele Anmeldungen wie erforderlich!“ Die Pressemitteilungen im vergangenen Jahr strotzen geradezu vor Superlativen. Kein Wunder, denn immerhin wurden zum Schuljahr 12/13 dank einer Mega-PR-Kampagne 171 Jungen und Mädchen an der neuen Oberschule angemeldet. Dazu trug auch Landrat Joachim Bordt bei: Er kündigte vollmundig an, alle Schüler - ganz gleich, wo sie wohnen - in Jesteburg aufnehmen zu wollen.
Diese Pressemitteilungen blieben in diesem Jahr aus. Warum? So rosig wie vor einem Jahr sind die Anmeldungen für das Schuljahr 13/14 nicht mehr: Nur noch knapp die Hälfte - 90 Kinder - wurden angemeldet. Und: Aus der Samtgemeinde Jesteburg selbst stammen gerade noch 46 Kinder. Der überwiegende Teil der 119 Jesteburger Fünftklässler zieht die weiterführenden Schulen anderer Gemeinde vor.
Im Vergleich zu den beiden Integrierten Gesamtschulen in Buchholz und Winsen ist die Zahl der Anmeldungen ohnehin gering. Nach Winsen wollten 199 Kinder, nach Buchholz sogar 220 Kinder. Doch nur nur jeweils 150 Kinder kamen an den beiden IGS-Standorten unter.
Integrierten Gesamtschulen sind offenbar gefragt. Warum ist das nicht bei der neuen Oberschule in Jesteburg der Fall, die ja nach einem ähnlichen Konzept an den Start gegangen ist?
Landkreis, Samtgemeinde und Gemeinde Jesteburg stecken rund 13 Millionen Euro in den Schulneubau am Jesteburger Ortsrand. Noch sieht man von offizieller Seite keinen Grund zur Beunruhigung. „Wir sind bei der Konzipierung der neuen Schule von drei bis vier Klassen pro Jahr ausgegangen“, sagt Landkreis Sprecher Bernhard Frosdorfer. Bleibt abzuwarten, ob das auf Dauer realistisch ist.
Kritiker - auch aus der Verwaltung - sagen ohnehin: In Jesteburg entsteht ein Neubau, andere Schulen bluten dafür aus.
Zum Beispiel die Hanstedter Oberschule. Nach dem Start der Jesteburger Oberschule brachen die Anmeldungen in Hanstedt dramatisch ein: Statt 81 Kinder im Schuljahr 11/12 wollten nur noch 31 Fünftklässler dort unterrichtet werden. In diesem Jahr sind es immerhin 35 Jungen und Mädchen, die in zwei Klassen lernen. Von Chancengleichheit im Werben um Schüler kann man übrigens bei den beiden Oberschulen nicht sprechen, denn Hanstedt wurde der gymnasiale Zweig verwehrt.
Vor diesem Hintergrund ist es fast schon ein Witz, dass der Landkreis erst vor vier Jahren, 7,8 Millionen Euro in den Neubau der Hanstedter Oberschule investierte. Manch Insider unkt, dass demnächst zwei neue Schulen, die nur sieben Kilometer auseinander liegen, so gut wie leer stehen. „Da ist dann genug Platz für Asylbewerber“, heißt es auf den Fluren im Kreishaus.
• Der Landkreis sorgt auch in anderen Gemeinden mit seiner Schulpolitik für reichlich zerbrochenes Porzellan. Lesen Sie dazu den Artikel Kreisschulpolitik "Gegen jegliche Vernunft"
Redakteur:Sascha Mummenhoff aus Jesteburg |
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