Geschädigten platzt allmählich der Kragen
Lühe-Flut: Das ewige Warten auf die Entschädigung
Zum "Jahrestag" der Lühe-Flut hakte das WOCHENBLATT Ende Mai beim Niedersächsischen Landesbetrieb für Wasserwirtschaft, Küsten- und Naturschutz (NLWKN) nach, wann endlich eine Entschädigung an die Geschädigten gezahlt wird. Die Antwort der Behörde lautete damals: "Es wird damit gerechnet, dass die Bewilligungen und Auszahlungen der finanziellen Hilfen noch in 2023 erfolgen können." Jetzt, knapp drei Monate später, kann der NLWKN noch immer keine konkrete Aussage dazu machen, wann Geld an die Betroffenen fließt. Landrat Kai Seefried (CDU) zeigt sich darüber höchst verärgert: "Eine Entschädigung der Betroffenen ist jetzt mehr als überfällig. Mit jedem weiteren Tag, den die Betroffenen warten müssen, wird es noch schlimmer.“
Lesen Sie hier alle Artikel zum Thema "Lühe-Flut"Das Land verzögerte Regulierung über Monate
"Die Enttäuschung wird immer größer. Wir fühlen uns von der Politik im Stich gelassen", sagt Wilhelm Behr, der zum Kreis der Geschädigten gehört. Es ist verständlich, wenn ihm der Kragen platzt. Zunächst hieß es vom Land, dass es eine schnelle, unbürokratische Lösung geben werde. Danach gab es eine monatelange Hängepartie. Im Landkreis Stade herrschte Empörung angesichts des Verhaltens der Verantwortlichen beim NLWKN und im niedersächsischen Umweltministerium als vorgesetzte Dienststelle.
Landrat Seefried veranlasste sogar, dass die NLWKN-Chefin Anne Rickmeyer dem Kreistag Rede und Antwort stand. Immerhin lenkte man in Hannover ein und erklärte sich zu einer freiwilligen Schadensregulierung bereit - im Rahmen einer sogenannten Billigkeitsrichtlinie, was so etwas wie eine behördliche Kulanzregelung darstellt. Dafür stellt das Land insgesamt eine Million Euro zur Verfügung.
Dass Betroffene wie Wilhelm Behr davon noch keinen Cent gesehen haben, liegt an dem bürokratischen Prozedere. Der Entwurf der Richtlinie sei fertig und werde mit den anderen zuständigen Ministerien final abgestimmt, teilte Matthias Eichler, stellvertretender Pressesprecher des Umweltministeriums, auf WOCHENBLATT-Anfrage mit. "Sobald die Billigkeitsrichtlinie im Amtsblatt veröffentlicht ist, können die finanziellen Hilfen ausgezahlt werden", erklärt Eichler - ohne sich auf ein Datum festlegen zu wollen.
Schadensregulierung erst nach Erlass der Billigkeitsrichtlinie
Das Umweltministerium geht davon aus, dass die im Landeshaushalt bereitgestellte eine Million Euro ausreichen wird, um sämtliche Schäden zu regulieren. Die dafür erforderlichen Gutachten zu den Gebäudeschäden liegen mittlerweile vor und wurden den Betroffenen übermittelt. Ob und in welchem Umfang Ansprüche tatsächlich berechtigt sind, könne aber erst nach Erlass der Billigkeitsrichtlinie geprüft werden, so der Ministeriums-Sprecher.
Gezahlt wird aber nur in den Fällen, bei denen nicht bereits eine Versicherung für die Schäden aufgekommen ist. Sei bereits eine Schadensregulierung durch eine Assekuranz erfolgt, werde "die Gewährung der Billigkeitsleistung abgelehnt", so Eichler. Denn die Billigkeitsrichtlinie erfasse voraussichtlich nur Schäden, die nicht von Versicherungen abgedeckt sind.
Angesichts des sich über Monate hinziehenden Verfahrens zeigt sich Landrat Seefried - und das will schon etwas heißen - sprachlos: "Für das Verhalten des NLWKN und des Umweltministeriums fehlen mir die Worte." Er hoffe nur, dass "über diese lange Hinhaltetaktik nicht auch noch versucht wird, die Höhe der Entschädigungszahlen zu reduzieren".
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