Landkreis Harburg
Kriseninterventionsteam der Johanniter im Dauereinsatz
sv. Landkreis Harburg. Wenn die Feuerwehr den Brand löscht, die Polizei die Unfallstelle absichert und der Notarzt die Verletzten versorgt, stehen sie den Betroffenen mit Trost und Unterstützung zur Seite: Das Kriseninterventionsteam der Johanniter im Regionalverband Harburg kümmert sich bei Unfällen und Katastrophen um Beteiligte, Zeugen und Angehörige. Im Jahr 2021 hatten sie 129 Einsätze - so viele wie noch nie.
Grund für die steigende Zahl (zum Vergleich 2020: 101 Einsätze) war unter anderem die Flutkatastrophe, bei der die Ehrenamtlichen mit acht Mitgliedern vor Ort halfen. "Die Zerstörungen haben alles übertroffen, was ich vorher gesehen habe", beschreibt Ingo zum Felde, Leiter des Kriseninterventionsteams, die Flutkatastrophe. "Jeder Einwohner hat eine Geschichte zu der Flutnacht und ein danach vollkommen verändertes Leben in Staub und Gestank ohne Wasser, Strom und Heizung. Zum Teil auch ohne jeden materiellen Besitz. Wir haben so viele Geschichten gehört, dass wir auch für uns selbst Pausen das Gehörte zu verarbeiten, machen mussten."
25 Ehrenamtliche engagieren sich in dem 2011 gegründeten Kriseninterventionsteam. Sie stehen Menschen in den ersten Minuten und Stunden bei, wenn sie durch den plötzlichen Tod eines Angehörigen oder durch einen Unfall überfordert sind.
"Meine Frau und ich waren schon länger ehrenamtlich im Rettungsdienst tätig", erzählt Ingo zum Felde. "Dabei hatten wir immer wieder einmal Einsätze, bei denen wir die Angehörigen ohne Betreuung zurücklassen mussten. Ich erinnere mich da noch besonders an eine Mutter, deren neunjähriger Sohn ein schweres Schädel-Hirn-Trauma erlitten hatte, und eine Ehefrau, deren Mann Suizid begangen hatte. In vielen Städten gab es bereits Krisenintverventionsteams - wir haben dann versucht, das auch bei uns auf dem Land aufzubauen."
Die Ehrenamtlichen betreuten insgesamt 671 Personen im vergangenen Jahr. Am häufigsten war die Gruppe aufgrund von Tod in der Häuslichkeit (61 Fälle), bei Unfällen (25 Fälle) und zur Betreuung von Angehörigen nach Suizid (20 Fälle) im Einsatz. In sechs Fällen fand eine Einsatznachsorge statt.
"Für Einsatzkräfte von Rettungsdienst und Feuerwehr gehören Tod und Zerstörung zum Beruf und sie können es normalerweise gut verarbeiten. Aber auch bei diesem Personenkreis gibt es Einsätze, die besonders nah gehen, zum Beispiel bei verletzten Kollegen, getöteten Angehörigen oder verstorbenen Kindern. Mit unterschiedlichen Gesprächsformaten, in der Gruppe oder einzeln, helfen wir, die Eindrücke zu sortieren und geben Hilfestellung zur weiteren Verarbeitung." Für die Einsatznachsorge haben die Johanniter einen Kreis von 15 speziell dafür ausgebildeten Ehrenamtlichen, die zwischen drei und 14 Einsätze im Jahr haben.
Während sich die Einsatzanlässe während der Pandemie nicht verändert haben, erschwerte das Tragen der Masken die Arbeit der Johanniter: "Viele nonverbale Anteile von Kommunikation gehen durch Masken verloren. Außerdem müssen wir immer den Infektionsschutz im Blick haben. Wenn die Klienten stark weinen, setzen wir zusätzlich Schutzbrillen auf."
Redakteur:Svenja Adamski aus Buchholz |
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