Vortrag an der ROGA bewegte Schüler
Radikalisierung, Ausstieg und Aufklärung

- Die Schülerinnen und Schüler der ROGA hören Philip Schlaffer gebannt zu
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Im Rahmen der Projektwoche an der Oberschule Rosengarten (ROGA) erlebten rund 260 Schülerinnen und Schüler der 7. bis 10. Klassen einen besonderen und bewegenden Vormittag: Philip Schlaffer, ehemaliger Neonazi, Gewalttäter und Rocker, berichtete eindrucksvoll aus seinem früheren Leben und seinem Ausstieg aus der extremistischen Szene. Sein Vortrag erschütterte und beeindruckte die Schüler zugleich.
Steigender Druck
„Rechts zu sein, scheint wieder modern geworden zu sein“, sagt Philip Schlaffer im Gespräch mit dem WOCHENBLATT. Er machte deutlich, wie groß der gesellschaftliche Druck von rechts heute wieder ist – ein Trend, den er insbesondere seit der Corona-Pandemie verstärkt wahrnimmt. Soziale Medien wie TikTok hätten laut ihm erheblich zur Radikalisierung junger Menschen beigetragen. „Es tut mir so leid, diese jungen Leute in diese Richtung gehen zu sehen, weil ich weiß, wie das endet“, erklärt Schlaffer.
Dabei sprach er nicht nur über Statistiken oder abstrakte Prozesse, sondern schilderte mit schonungsloser Offenheit seinen persönlichen Weg: von Gefühlen der Wut und Einsamkeit über die Suche nach Zugehörigkeit bis hin zur Rolle als Anführer der Neonazi-Gruppierung „Kameradschaft Werwolf“ in Wismar. Später geriet er in das Rockermilieu, war in Gewalt, Drogenhandel und Kriminalität verstrickt und verbüßte Haftstrafen. Heute bezeichnet er sich als „ehemaligen Neonazi, Gewalttäter und kriminellen Rocker“ – und kämpft als Deradikalisierungs- und Antigewalttrainer gegen genau jene Ideologien, die ihn einst geprägt haben.
Schüler lauschten gebannt
Der Vortrag fesselte die Schülerinnen und Schüler spürbar. Schulleiterin Maja Rabe zeigte sich beeindruckt: „So aufmerksam und konzentriert habe ich die Schüler selten gesehen.“ Sie beteiligten sich rege, stellten Fragen und hörten aufmerksam zu. Auch Lehrerin Silke Smrcka betonte den Wert der Begegnung: „Es ist wichtig, dass jemand Authentisches mit den Schülern spricht, der weiß, wovon er redet.“ Besonders in einem Alter, in dem junge Menschen beginnen, sich politisch und gesellschaftlich zu orientieren, seien solche Begegnungen essenziell, erklären die Lehrkräfte.

- Philip Schlaffer war früher Neonazi und Rockerboss. Jetzt setzt er sich für Aufklärung und Prävention gegen Extremismus ein
- Foto: Schlaffer
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Schlaffer verbindet seine bewegende Biografie mit aktuellen gesellschaftlichen Themen. Er erzählte von den Mechanismen extremistischer Gruppen, die gezielt auf junge, verletzliche Menschen abzielen – und davon, wie schwer es sei, sie nach einer Radikalisierung wieder zu erreichen. „Demokratiebildung muss im Elternhaus beginnen. Es ist wichtig, achtsam zu sein, um schnell agieren zu können“, so sein eindringlicher Appell.
Gewalt, Hass – und der Weg zurück
Seine Geschichte begann mit familiären Brüchen, Umzügen und dem Verlust sozialer Bindungen. Als Jugendlicher fühlte sich Schlaffer entwurzelt, ausgeschlossen – ein Nährboden für den Extremismus. Mit 15 schloss er sich Neonazis an, wurde später Anführer, rutschte in die Kriminalität ab. Es folgten Gewalt, Drogen, Waffen, Gefängnis. Ein nächtlicher Überfall durch ehemalige „Kameraden“, der Druck der Szene und schließlich das Verbot seines Rockerclubs markierten den Wendepunkt. Der Ausstieg gelang ihm erst durch die Justiz: Im Gefängnis fand er zu sich, begann eine Psychotherapie und arbeitete mit Seelsorgern. Heute lebt er ein anderes Leben – mit Respekt, Toleranz und Verantwortung.



Redakteur:Pauline Meyer aus Neu Wulmstorf |
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