Die neue Radwege-Verwirrung - Fahrrad-Lobby zwingt Klientel auf die Straße
Von der Fahrrad-Lobby geforderte Gesetzesänderung könnte Radfahren innnerorts bald zur Geduldsprobe machen
mi. Landkreis. Wer mit dem Rad durch einen Ort fährt, nutzt entweder den Rad/Gehweg oder, wenn es keinen Radweg gibt, die Straße. In Zukunft könnte eine Ortsdurchfahrt jedoch zum Ratespiel werden. Grund ist eine Änderung der Straßenverkehrsordnung (StVO), die vor allem von der Radfahrer-Lobby gefordert wurde.
Radfahrer ab elf Jahren müssen innerorts grundsätzlich auf der Straße fahren, so schreibt es seit 2013 die Straßenverkehrsordnung vor.
Mit der Regelung entstand gleichzeitig ein Sammelsurium neuer Verkehrsführungen für Radfahrer. Der Gesetzgeber entwickelte den Fahrradstreifen, eine Art Radweg auf der Straße, der für Autos tabu ist, und den Fahrradschutzstreifen, eine gestrichelte Spur, die von Autos in Ausnahmesituationen überfahren werden darf, wenn Radfahrer nicht gefährdet werden. Damit soll Radfahrern das Fahren auf der Straße erleichtert werden.
Doch wie so oft liegen Theorie und Praxis weit auseinander. Ein Beispiel aus dem Landkreis Harburg: In Nenndorf-Rosengarten entsteht gerade ein Konstrukt, bei dem die zuständige Abteilung Kreisstraßen der Kreisverwaltung in Winsen auf nur ca. 1,5 Kilometern Strecke alle Instrumente der neuen Fahrradverkehrsführungen anwendet. Wer zukünftig mit dem Drahtesel Nenndorf durchquert, radelt hintereinander auf Radweg, Rad/Gehweg, Fahrradschutzstreifen, Fahrradstreifen und Straße. Warum so kompliziert?
Kreissprecher Bernhard Forsdorfer: „Wir haben mit der neuen Regelung noch kaum Erfahrung. Die Ortsdurchfahrt Nenndorf ist für uns auch eine Möglichkeit, Erkenntnisse zu sammeln.“ Eine einheitliche Lösung sei wegen der zu geringen Straßenbreite nicht möglich. Die verschiedenen Radführungen wechselten sich ab, um überall den optimalen Schutz zu gewähren. Um Radfahrer die neue Regelung zu erklären, werde der Landkreis zusätzlich ein Infoblatt erstellen, so Kreissprecher Frosdorfer.
Doch das Problem betrifft nicht nur Nenndorf. So interpretieren der Landkreis und die Stadt Buchholz die Regelungen zum Fahrradschutzstreifen unterschiedlich. Lässt der Landkreis eine gleichzeitige Nutzung von Schutzstreifen und Rad/Gehweg zu, verbietet die Stadt Buchholz selbige. Uneinheitliche Regelungen, eine Radwegeführung, die mit Flugblättern erklärt werden muss: Auf Radfahrer kommen verwirrende Zeiten zu.
Allerdings: Daran sind Radfahrer, allen voran deren Lobby-Verein Allgemeiner Deutscher Fahrradclub (ADFC), wohl nicht ganz unschuldig. Hintergrund: Der ADFC hatte sich für den Leitsatz „Radfahrer auf die Straße“ immer wieder stark gemacht. Das Expertenargument: Wo Rad und Auto sich eine Fahrbahn teilen, kommt es zu weniger tödlichen Unfällen. Auch im Landkreis Harburg hatte der ADFC-Kreisverband sich massiv dafür eingesetzt, die bisherigen Rad/Fußwege für Radfahrer zu verbieten, um diese auf die Straße zu zwingen (das WOCHENBLATT berichtete). Schon damals traf der Lobby-Verein damit bei vielen Radlern auf massive Kritik. Zu recht.
Redakteur:Mitja Schrader |
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