Kinderarzt
Bei Kindern ist die Quarantäne schlimmer als Corona
(ts). Mehr als 1.000 Menschen haben inzwischen auf der Kampagnen-Plattform change.org die Petition der Mutter Kerstin Sager aus Hittfeld für eine weniger strenge Quarantäne-Praxis des Landkreises Harburg bei Kindern unterzeichnet. Mit Blick auf die Folgen der Isolation auf Kinder und Jugendliche fordert auch der Kinder- und Jugendmediziner Dr. Marcel du Moulin aus Hittfeld, bei Kindern davon abzusehen, allein wegen des Kontakts zu einem positiv auf SARS-CoV-2 getesteten Menschen eine sieben Tage lange Quarantäne anzuordnen. "Kinder sollten in den Kindertagesstätten und Schulen bleiben, solange sie nicht positiv auf Corona getestet sind", sagt Dr. du Moulin.
Mit dieser Meinung ist der Facharzt für Kinder- und Jugendmedizin nicht allein. Die Deutsche Gesellschaft für Kinder- und Jugendmedizin empfiehlt in einer gemeinsamen Erklärung mit der Deutschen Gesellschaft für Pädiatrische Infektiologie, dass bei Kita- und Schulkindern nicht mehr zwangsläufig bei Kontakt zu einem Kind mit positiven Corona-Testergebnis in der Kitagruppe oder Schulklasse Quarantäne angeordnet wird.
"Das Schlimme an Corona ist bei Kindern und Jugendlichen nicht die Krankheit, sondern die Quarantäne", sagt Dr. du Moulin pointiert. Während der mittlerweile zwei Jahre andauernden Pandemie seien kein Kind und kein Jugendlicher, die er in seiner Praxis betreut hat, wegen einer COVID-19-Infektion in ein Krankenhaus eingewiesen worden. "Kinder bilden die Gruppe in unserer Gesellschaft, die am wenigsten stark von einer Corona-Erkrankung betroffen ist, aber am meisten kontrolliert wird." Er traue den Eltern so viel Verantwortungsbewusstsein zu, dass sie ihre Kinder bei einem Verdacht auf eine Corona-Erkrankung nicht zu den Großeltern in Kontakt treten lassen.
Sorgen bereiten dem Kinderarzt die psychischen Folgen, die Quarantäne-Anordnungen bei Kindern auslösen können. Er berichtet von einem vier Jahre alten Mädchen, das wieder damit begonnen habe, am Daumen zu nuckeln. "Das macht das Mädchen zu seiner Beruhigung." Das nicht altersgerechte Verhalten zeige die psychische Belastung. Kinder und Jugendliche seien als Folge von sozialer Isolation in Psychotherapie. Sie zögen sich zurück, seien antriebslos.
Wie berichtet, geht der Landkreis Harburg mit seiner Quarantäne-Praxis über das Maß der Niedersächsischen Corona-Verordnung hinaus. Das Land sieht für Kinder in Kindertagesstätten, die zwar Kontakt zu einem mit dem Coronavirus infizierten Menschen hatten, aber keine Krankheitssymptome zeigen, die Möglichkeit vor, sich nach fünf Tagen "freizutesten". Der Landkreis dagegen spricht eine sieben Tage lange Quarantäne aus. Zuvor waren es sogar zehn Tage.
Die Vorstellung einer Welt ohne Krankheiten sei ein unerreichbares Ziel. In der Corona-Pandemie gehe es darum, möglichst schwere Krankheitsverläufe zu verhindern. Jeder Erwachsene könne sich selbst schützen, indem er sich impfen lässt, sagt Dr. du Moulin. "Es muss nicht eine Kita schließen, um zu verhindern, dass NIcht-Geimpfte sich mit Corona anstecken."
Redakteur:Thomas Sulzyc aus Seevetal | |
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