Effektiver Wolfsschutz
Schäfertradition schützt Herde zuverlässig

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Einer der ältesten Berufe der Menschheit ist der des Schäfers. Bereits 10.000 v. Chr. begannen die Menschen, Schafe in den Berggebieten Vorderasiens zu domestizieren. Einige jahrtausendealte Traditionen und Gepflogenheiten haben bis heute noch einen hohen Stellenwert im Berufsstand. Auf eine gerade in Süddeutschland weit verbreitete Tradition, geradezu Pflicht, weist Günter Garbers vom Lebenshof in Glüsingen (Gemeinde Seevetal) hin: die Bedeutung und Umsetzung des Wortes Hirte. Damit könne man auch dem Wolf Einhalt gebieten, betont er.

Der gelernte Schäfer Garbers absolvierte seine Lehre in den 1970er Jahren im bayrischen Spessart. Nach einigen Jahren als Schäfer und Schafscherer machte er sich Anfang der 1980er Jahre als Wanderhirte selbstständig. Während der Sommermonate kümmerte Garbers sich mit seiner Herde um den Deichschutz in den Seevetal-Gemeinden Over und Bullenhausen. Bevor der Herbst einbrach, machte er sich mit seinen Schafen auf den Weg nach Ebstorf bei Lüneburg, wo er mit seinen Tieren überwinterte.

Wollproduktion nahezu irrelevant

In Niedersachsen gilt der Landschaftsschutz durch Schafe als einer der Hauptrechtfertigungen für die Schafhaltung. Die Huftiere pflegen durch ihre Bewegung und ihre Ernährung Heiden, Moore und Deiche in der Region. Seit den 1990er Jahren übersteigen die Schur-Kosten der Herde den Wollertrag in den meisten Fällen, sodass nahezu alle Betriebe auf die Produktion von Fleisch umstellten. Dennoch müssen die Schafe mind. einmal jährlich geschoren werden, da sie ansonsten unter ihrer (herangezüchteten) schweren Wolle leiden würden.

Nach einigen Jahren konnte Garbers dem Druck der Industrie und den daraus resultierenden Folgen psychisch nicht mehr standhalten. Er wollte es nicht akzeptieren, dass er Lämmer, die er vor nicht mal einem Jahr mit auf die Welt gebracht hatte, nun wieder töten sollte. Schließlich sah er die Lämmchen das ganze Jahr bei der Mutter aufwachsen, gab ihnen täglich Futter und kümmerte sich um sie. Der Lämmerverkauf sei gleichzeitig das rentabelste wie fragwürdigste Geschäft der Schäferei, betont Garbers. Zu Ostern, Weihnachten und dem Kurban Bayram (bedeutendster Festtag der islamischen Welt) boomt das Geschäft mit den jungen Schafen.

Garbers beendete Ende der 1990er Jahre diese Art der Schäferei und verschrieb sich seither der Tierrettung. Er rettete Nutztiere vor der Schlachtung, ernährte sich fortan vegan und gründete den Gnadenhof Lebenshof am Mühlenbach. Seine vor dem Tod bewahrten Schafe beweiden bis heute den Seevedeich in Glüsingen, was für die Landschaftspflege unverzichtbar ist.

Schutz der Tiere steht im Vordergrund

Das grundsätzliche Problem bei der Beweidung aus Garbers' Sicht: Weiden liegen oft direkt in Naherholungsgebieten, dementsprechend herrscht dort viel Betrieb. Spaziergänger, Jogger, Hunde, Pferde und auch der Wolf machen dem Schäfer Sorge. Immer wieder, sagt er, müsse er Halter bitten, ihre Hunde anzuleinen, insofern diese nicht zuverlässig auf den Rückruf reagieren. Vor 15 Jahren töteten zwei Hunde elf Schafe, mehrere brachen in ihrer Panik aus und liefen auf die Autobahn. Um solche Szenarien zukünftig zu vermeiden, besann sich Garbers auf die alte Tradition, welche ihm in den Hochburgen der deutschen Schäferei, Bayern und Baden-Württemberg, eingetrichtert wurde. Ein Schäfer hat demnach Tag und Nacht über seine Herde zu wachen. Dadurch gewährleistet der Hirte, dass er schnell reagieren kann, um Eindringlinge von außen abzuwehren. "Würden mehr Schäfer der Berufsbestimmung des Hirten nachkommen, würde es auch deutlich weniger Wolfsübergriffe geben", betont Garbers. "Schäfer sind die Hüter der Herde". Während die Herden auf den Weiden stünden, würden es sich die meisten Schäfer mittlerweile in ihren Betten gemütlich machen. "Und wenn es dann einen nächtlichen Wolfsangriff gab, wird der Abschuss gefordert", sagt der Schäfer mit einer Menge Unverständnis.

Mehrheit für leichteren Abschuss von Wölfen

Garbers bittet alle Schäfer, sich wieder auf die Tradition des Hirten zu besinnen - und er bittet alle Erholungssuchenden, Toleranz zu üben und Rücksicht auf alle Lebewesen zu nehmen.

Redakteur:

Sven Rathert aus Seevetal

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