Angekündigte Schilder erst nach eineinhalb Monaten aufgestellt
Gedehnter Begriff: Was die Stader Verwaltung unter "zeitnah" versteht
jd. Stade. Der Ausdruck "zeitnah" ist ein dehnbarer Begriff. Wie großzügig er bisweilen ausgelegt wird, zeigt ein Beispiel aus dem Stader Rathaus: Dort hatte das WOCHENBLATT nachgefragt, wann der Fußweg an der frisch sanierten Schölischer Straße endlich die Beschilderung "Radfahrer frei" erhält. "Die Gehwege werden zeitnah im Bereich zwischen Freiburger Straße und Stader Schneeweg für Radfahrer freigegeben", lautete die Antwort der Verwaltung. Das war Ende Oktober. Doch anderthalb Monate verstrichen, ohne dass etwas passierte. Hier darf die Frage erlaubt sein: Was für einen Zeitbegriff haben die Verantwortlichen im Stader Rathaus?
Immerhin: Nach einem erneuten Nachhaken des WOCHENBLATT hat sich etwas getan. Kurz vor Weihnachten wurden die Schilder aufgestellt. Damit ist in der Schölischer Straße endlich das möglich, was sich Anwohner schon lange gewünscht haben: Sie dürfen auf dem Gehweg radeln und sind nicht mehr verpflichtet, auf der vielbefahrenen Strecke die Fahrbahn zu nutzen.
Wer jetzt erlaubterweise mit seinem Drahtesel auf dem Fußweg unterwegs ist, muss zwar auf die Fußgänger aufpassen. Denn die haben absoluten Vorrang vor den Radlern. Doch es ist davon auszugehen, dass die Radfahrer mehr Rücksicht auf die Passanten nehmen als die Autofahrer gegenüber den Radlern. Denn von solcher Rücksichtnahme auf die "schwächeren" Verkehrsteilnehmer war in den vergangenen Monaten in der Schölischer Straße herzlich wenig zu spüren.
Auf der Durchgangsstraße ins Kehdinger Hinterland herrschten - gerade zur Rush Hour - oft Wild-West-Szenen: Querungshilfen wurden links umfahren, um keinen Schlenker machen zu müssen, vorfahrtsberechtigte Radfahrer beim Überholen parkender Pkw gefährdet und an Tempo 50 hielten sich auch nur die wenigsten. Wer als Radfahrer ordnungsgemäß auf der Fahrbahn fuhr, sah sich so vielerlei Gefahren ausgesetzt.
Das hatte vor Wochen Anwohner Dieter K. auf den Plan gerufen: Er wunderte sich, dass der rund drei Meter breite Gehweg beiderseits der Schölischer Straße nicht von Radfahrern genutzt werden durfte. Vor der Sanierung der Straße war dort ein kombinierter Rad- und Gehweg ausgewiesen. Das sei nun nicht mehr möglich, hieß es aus dem Rathaus. In der Straße seien nicht genügend Autos unterwegs, um eine Radwegebenutzungspflicht anzuordnen. Außerdem bestehe aktuell keine derart gefährliche Verkehrssituation, die eine solche Maßnahme rechtfertige.
Auch wenn Studien belegen, dass das Radeln auf der Fahrbahn inmitten der Autos grundsätzlich sicherer als die Nutzung eines Geh- und Radweges sein soll: Die Schölischer freuen sich, dass sie wieder dort mit ihrem Fahrrad unterwegs sein dürfen, wo sie sich am sichersten fühlen und wo sie - bis vor Kurzem verbotenerweise - ohnehin fuhren: auf dem Fußweg.
Und gezwungen wird ja niemand, dort zu radeln: Wer will, kann mit seinem Rad weiter auf der Straße fahren. Ob die Anwohner der Schölischer Straße davon Gebrauch machen, bleibt allerdings fraglich.
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