Landrat fordert mehr Geld für Küstenschutz
Gewappnet für die Sturmflut: Deichschauen im Kreis Stade beendet
In dieser Woche gab es möglichweise schon einen Vorgeschmack, was die Menschen an der Küste in diesem Winter erwarten könnte: Am Dienstag fegte das Sturmtief "Jasper" über den Norden hinweg. Der Deutsche Wetterdienst warnte u.a. an der Niederelbe vor Sturmböen. Sollte dann auch noch der Wind auf Nordwest drehen, könnte an der Elbmündung jederzeit eine Sturmflut drohen. Wer hinter dem Deich wohnt, darf sich aber sicher fühlen. Nach den diesjährigen 13 Herbst-Deichschauen zieht der Landkreis Stade ein positives Fazit: "Alle Deiche im Landkreis Stade sind in einem guten bis sehr guten Zustand und damit wehrhaft für die anstehende Sturmflutsaison", sagt Kreisbaurätin Madeleine Pönitz.
223 Deichkilometer wurden begutachtet
Von Anfang September bis Anfang November nahmen Vertreter der Deichbehörde die Deiche gemeinsam mit Repräsentanten der Deichverbände, der Kommunen und der Hilfs- und Katastrophenschutzorganisationen in Augenschein. Bei den Deichschauen im Landkreis Stade entlang der Elbe sowie der Nebenflüsse Oste, Schwinge, Lühe/Aue und Este begutachteten die Deichschaukommissionen insgesamt 223 Deichkilometer. Sie bescheinigten den Deichverbänden und Schäfern sehr gute Arbeit. "Trotz der starken Niederschläge haben wir in diesem Jahr keinen hohen Wühlmaus- und Maulwurfsbefall festgestellt", sagt Pönitz. Der viele Regen bringe sogar eine gute Entwicklung mit: So seien im Gegensatz zu den vorherigen Jahren in diesem Sommer keine Trocknungsrisse an den Deichen entstanden.
Schafe sind wichtig für die Deiche
Bei allen Deichschauen waren die Wolfsrisse bei Schafen und Rindern ein großes Thema. "Die Schäfer benötigen Unterstützung", betont Pönitz. "Denn die Schäfer mit ihren Schafen sind extrem wichtig für die Deichunterhaltung." Wenn die Schäfer aufgrund der zunehmenden Gefahr durch Wolfsrisse aufgeben würden, hätte dies negative Auswirkungen auf die Sicherheit der Deiche. Fest stehe, dass der Einsatz von Maschinen zur Pflege der Deiche den qualitativ guten Zustand der Deichen gewährleiste, wie er aktuell bestehe.
Mehrere Deichbaumaßnahmen im Kreisgebiet
An mehreren Deichen im Kreisgebiet erfolgen derzeit Baumaßnahmen, so etwa am Burgbeck-Schöpfwerk an der Oste. Die Sanierung des Siels Hinterbrack am Elbdeich im Bereich der Kreisstraße 39 im Alten Land wurde begonnen. Im nächsten Jahr sollen die Arbeiten dort abgeschlossen werden. Die Deicherhöhung soll in diesem Bereich voraussichtlich im übernächsten Jahr erfolgen. Für die Deicherhöhung auf der Elbinsel Krautsand sollen in Kürze die Antragsunterlagen für das Planfeststellungsverfahren eingereicht werden. Die größte Deich-Baustelle im Landkreis befindet sich weiterhin in Stade, wo der Anleger für verflüssigte Gase entsteht. Sofern er fertiggestellt ist, soll eine Deicherhöhung vom Deichschart Stadersand bis zum Anleger vollzogen werden. Diese Arbeiten beginnen voraussichtlich im Frühjahr 2024. Im kommenden Frühjahr sollen zudem die Hauptdeiche auf ihre Kleimächtigkeit und die Kleiqualität untersucht werden, um den Materialbedarf für die Deicherhöhungen zu ermitteln.
Wie mehrfach berichtet, müssen auch die Elbdeiche im Landkreis Stade entlang der Hauptdeichlinie zum Teil deutlich höher werden, um künftigen Sturmfluten zu trotzen. Im Rahmen des größten Deichbauprojektes nach 1962 und 1973 sind Deiche und Sperrwerke in den nächsten 30 Jahren um mindestens einen Meter, im Landkreis Stade um bis zu 2,10 Meter zu erhöhen. Der Bedarf an der Ressource Boden ist dabei enorm: Allein für die 67 Kilometer Elbdeich im Landkreis Stade werden etwa 3,9 Millionen Kubikmeter Klei und 2,9 Millionen Kubikmeter Sand benötigt – das entspricht 760.000 Lkw-Ladungen. Mehr als 575 Millionen Euro wird die Ertüchtigung der Elbdeiche und der Neubau von sieben Sperrwerken allein im Landkreis Stade kosten, so eine Berechnung aus dem Jahr 2022.
Seefried mahnt schnelleres Tempo bei Deicherhöhung an
Doch trotz dieser großen Herausforderungen geht es bei der Planung und Umsetzung dieses Jahrhundertprojekts kaum vorwärts. Das hat auch Stades Landrat Kai Seefried wiederholt beklagt:
"Leider werden die Zukunftsaufgaben im Küstenschutz von Land und Bund immer noch viel zu langsam angegangen." Seefrieds Forderung: mehr Personal in den Planungsbehörden und ein größeres Budget. Er hat für den Januar 2024 zu einer Küstenschutzkonferenz nach Stade eingeladen. Niedersachsens Umweltminister Christian Meyer hat seine Teilnahme zugesagt. Auch der „Generalplan Elbe“, der gemeinsam mit den Nachbarkreisen (auch aus Schleswig-Holstein) und Hamburg zu Themen wie Sedimentmanagement, Naturraum- und Küstenschutz erstellt werden soll, steht weiterhin auf Seefrieds Agenda. Hier haben bereits erste Abstimmungsgespräche stattgefunden.
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