Grippewelle überrollt Landkreis
Händewaschen ist das beste Mittel gegen die Krankheit / Impfen dennoch empfohlen
jab. Landkreis. Schlagartig hohes Fieber, plötzliche Kopf- und Gliederschmerzen, volle Wartezimmer: Die Grippewelle erwischt den Landkreis Stade wieder mit voller Kraft. Schnell kommen einem die Meldungen aus dem vergangenen Jahr in den Sinn, als Deutschland von der schlimmsten Grippewelle der vergangenen zehn Jahre erschüttert wurde. Die Folge: Krankmeldungen und leere Büros.
Im Landkreis Stade beträgt die Zahl der neuen Grippemeldungen 53 in der vergangenen Woche, so Dr. Gerhard Pallasch, Leiter des Gesundheitsamtes in Stade. Insgesamt sind das bislang 460 Erkrankte im Landkreis seit Beginn der Grippe-Saison im vergangenen Herbst. Die Praxen sind derzeit so voll, dass nicht einmal die Kreisstellensprecherin der Kassenärztlichen Vereinigung des Landkreises Stade, Dr. Doris Waller, für eine WOCHENBLATT-Anfrage Zeit finden konnte.
Es gab bereits fünf Grippetote im Landkreis Stade. Zu den zwei Fällen aus 2018 kamen kürzlich drei weitere Opfer hinzu. Pallasch warnt: "Die Sterblichkeitsrate lässt sich nicht immer mit einem fortgeschrittenen Alter begründen." Nicht nur Senioren sind betroffen - einer der Grippetoten war erst Jahrgang 1967.
Der Mediziner gibt zu bedenken: Vorerkrankungen wie chronische Atemwegs- oder Herzleiden veschlimmern den Verlauf einer Grippe. Und davon können alle Generationen betroffen sein.
Müssen wir jetzt erneut mit so starken Auswirkungen wie im vergangenen Jahr rechnen? Und lohnt sich eine Grippeimpfung überhaupt noch? Das WOCHENBLATT hat dazu bei Experten nachgefragt.
Ob die Zahlen noch weiter steigen werden oder ob die Verbreitung in diesem Jahr nicht ganz so schlimm sein wird, kann das Niedersächsische Gesundheitsamt in Hannover noch nicht sicher abschätzen.
Übertragen werden die Grippe-Viren durch die sogenannte Tröpfcheninfektion - und das noch über einige Meter Distanz. Auch durch den Kontakt über die Hände oder über Schmierinfektionen gelangen sie in den Körper. Auf Oberflächen überlebt das Virus mehrere Stunden. Daher ist das wichtigste Mittel im Kampf gegen eine Erkrankung das regelmäßige gründliche Händewaschen. Denn schon durch Wasser und Seife kann das fettummantelte Grippe-Virus unschädlich gemacht werden. Desinfektionsmittel sind also unnötig. Ein weiterer Tipp vom Leiter des Gesundheitsamtes in Stade, Dr. Gerhard Pallasch: "Meiden Sie Menschenmassen und halten Sie besonders zu Erkrankten ausreichend Abstand."
Auch Impfen wird weiterhin empfohlen. Die Kassenärztliche Vereinigung habe auf die Diskussion um die verschiedenen Impfungen und die in der letzten Saison weniger wirksamen Dreifach-Impfungen im vergangenen Jahr reagiert, sagt der stellvertretende Pressesprecher der Kassenärztlichen Vereinigung Hannover, Dr. Uwe Köster. Privatpatienten hatten den besser wirksamen Vierfach-Impfstoff erhalten, gesetzlich Versicherte lediglich den Dreifach-Impfstoff, der ausgerechnet den besonders verbreiteten Erreger der vergangenen Saison nicht enthielt. "Es war keine gesteuerte Benachteiligung einer bestimmten Personengruppe", so Köster. Außerdem sei das Impfen kein Wundermittel, also nie zu 100 Prozent wirksam, da auf Grundlage der vorangegangenen Saison die Wahrscheinlichkeit ausgerechnet wird, welche Erreger in der nächsten Saison am ehesten auftreten. Nach diesen Berechnungen wird der neue Impfstoff zusammengestellt.
Durch die hohe Zahl der Impfwilligen in Deutschland in dieser Grippesaison sei es aber zeitweise zu einigen regionalen Lieferengpässen beim diesjährigen Impfstoff gekommen, berichtet Köster. Die Hersteller haben mit einer derart hohen Nachfrage schlichtweg nicht gerechnet. Allerdings konnte der Impfstoff teilweise noch nachgeliefert werden. Mittlerweile sei der Status jedoch in einigen Fällen kritisch zu betrachten. Fünf Praxen haben Pallasch bereits gemeldet, dass kein Impfstoff mehr lieferbar sei - und das entgegen der Ankündigung der Pharmafirma. Pallasch sei im Gespräch mit dem Sozial- und Gesundheitsministerium in Hannover, ob eine Lieferung aus den Niederlanden möglich sei.
Ansonsten empfiehlt Pallasch, sich auch jetzt noch gegen Grippe impfen zu lassen, auch wenn die Impfsaison bald vorbei ist. Der zurzeit am häufigsten grassierende Grippe-Virus wird durch die mittlerweile übliche Vierfach-Impfung abgedeckt, so der Leiter des Stader Gesundheitsamtes. Sollte bereits bei vorangegangenen Impfungen eine starke Reaktion erfolgt sein, sei dies ein Zeichen dafür, dass das eigene Immunsystem bereits auf Teile des Virus empfindlich reagiere und es bei einer Infektion mit dem richtigen Virus zu noch heftigeren Auswirkungen kommen könne, erklärt er. Wer sich also impfen lassen möchte, sollte sich dringend bei seinem Hausarzt erkundigen, ob der Impfstoff dort noch vorrätig ist.
Zahlen für Niedersachsen
Laut dem wöchentlichen Bericht des Niedersächsischen Gesundheitsamtes in Hannover lasse sich für die 7. Kalenderwoche der bisherige Höchststand bei Neuerkrankungen feststellen. Seit Beginn der Grippe-Saison wurden in Niedersachsen insgesamt 2.833 Fälle gemeldet, davon allein 1.352 in der 7. Kalenderwoche. Rund 43 Prozent der im Labor eingegangenen Proben wurden positiv auf den Grippe-Virus getestet. Auch bei nun 15 Toten in Niedersachsen konnte der Influenza-Erreger nachgewiesen werden.
Redakteur:Jaana Bollmann aus Stade |
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