"Ich hab's kommen sehen"
Eigentümerin hatte Stadt gewarnt / Gebäude-Abbruch in der Stader Altstadt musste gestoppt werden
tp. Stade. Eine höchst unangenehme Überraschung erlebten die Bauarbeiter am Dienstagmorgen beim Abriss der beiden Altstadthäuser an der Hökerstraße 38 und 40 in Stade: Im Obergeschoss des Nachbarhauses mit der Hausnummer 36, das im Erdgeschoss den "Merhaba"-Grill beherbergt, klaffte plötzlich eine Lücke in der Mauer, Ziegelsteine polterten in das dahinter liegende Zimmer, in dem sich ein Mitarbeiter des Restaurants aufhielt. Die Abbrucharbeiten mit einem Bagger wurden unverzüglich gestoppt. Nach ersten Erkenntnissen war bei dem viele Jahre zurückliegenden Bau des "Merhaba"-Hauses eine tragende Wand auf der Seite des inzwischen abgerissenen Nachbargebäudes eingespart worden, was zuvor offenbar niemand wusste und jetzt zu den statischen Problemen führte.
Die Wand des "Merhaba"-Gebäudes, die sich beim Abriss plötzlich bedrohlich neigte, wurde provisorisch mit Stahlträgern und Holzbalken stabilisiert. Vor der Abriss-Stelle, an der Investor Ergün Yildiz (Burger King) ein Wohn- und Geschäftshaus errichten will, bilden sich tagsüber Gruppen Schaulustiger.
Während der Betreiber des Schnellrestaurants, Ayhan Yildirim, am Dienstag zunächst weiter seine Gäste bewirtete, hatte die Stader Stadtverwaltung das Gelände am Mittwochmorgen weiträumig mit einem Bauzaun abgesperrt und das von Mitarbeitern des Lokals bewohnte Haus geräumt. Wegen der Enge in der Fußgängerzone muss seitdem der Lieferverkehr umgeleitet werden.
Das Obergeschoss des "Merhaba"-Hauses darf vorerst nicht betreten werden. Unklar ist, ob Einsturzgefahr besteht. Nach Angaben des Fachbereichsleiters Bauen und Stadtentwicklung der Stadt Stade, Nils Jacobs, gibt es "jede Menge zu klären". Die Situation nicht vorhersehbar gewesen. Offen sei, wann der Abbruch fortgeführt werden könne. Zunächst müsse die Standsicherheit hergestellt werden. "Jedes Haus muss für sich stehen können", und dafür sei der Eigentümer verantwortlich, so Jacobs.
Das Haus gehört der Geschäftsfamilie Da Dalto aus Cuxhaven, die in Norddeutschland mehrere Immobilien besitzt. Dem WOCHENBLATT sagt Rebecca Da Dalto (40), die Erfahrung mit Altbausanierungen hat: "Ich hatte geahnt, dass es so kommen würde und habe die Stadt davor gewarnt." Dennoch habe die Verwaltung den Bebauungsplan für das Nachbargrundstück geändert und für den Abriss den Weg freigemacht.
Rebecca Da Dalto begutachtete das Gebäude am Dienstagnachmittag zusammen mit einem sachverständigen Architekten und einem Fachwerktechniker und will in Kürze weitere Schritte beschließen. Auf jeden Fall werde sie ihrer Pflicht nachkommen und die Stabilität des Hauses wiederherstellen, damit die Abbrucharbeiten nebenan fortgesetzt werden können.
Die Geschäftsfrau weist darauf hin, dass sie Ergün Yildiz das Haus zum Kauf angeboten habe, sich mit ihm aber nicht über den Preis einig wurde. Rebecca Da Dalto warnt vor weiteren statischen Schwierigkeiten, wenn auf dem Yildiz-Grundstück der Boden für den Keller ausgekoffert wird.
Nun wackelt der mit der Arbeitsgemeinschaft "Aktuelles Stade" vereinbarte Zeitplan. Der Abriss sollte eigentlich zum Start des Weihnachtsmarktes am Montag, 24. November, in der Altstadt beendet sein.
Offen ist noch, wer für die Folgekosten, u. a. wegen Verdienstausfalls des Imbiss-Wirtes, aufkommt.
Redakteur:Thorsten Penz aus Stade |
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