"Nach Feierabend komplett abschalten kann ich nur selten"
"Interview der Woche" mit Stades Oberstaatsanwalt Kai-Thomas Breas

Während einer Arbeitspause: der Stader Oberstaatsanwalt Kai-Thomas Breas | Foto: tp
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ce. Stade. Der Fall des als "Maskenmann" bekannt gewordenen mehrfachen Kindermörders Martin Ney ist ihm besonders unter die Haut gegangen, und so manchen TV-Sender würde er gerne verklagen wegen falscher Darstellung der Justizarbeit: Kai-Thomas Breas (49), Oberstaatsanwalt und zugleich Leiter der Abteilung Organisierte Kriminalität bei der Staatsanwaltschaft Stade. Über die Veränderung seiner Tätigkeit in Corona-Zeiten, besonders denkwürdige Fälle und Kritik an den Medien spricht Breas im "Interview der Woche" mit WOCHENBLATT-Redakteur Christoph Ehlermann.
WOCHENBLATT: Herr Breas, welche Tätigkeiten gehören zu Ihrem Aufgabenfeld?
Kai-Thomas Breas: Ich bearbeite selber Verfahren aus dem Bereich der Organisierten Kriminalität, der Wirtschaftskriminalität und der Rechtshilfe und bekleide daneben noch das Amt des Pressesprechers - das allerdings schon seit 2009. Neben der Bearbeitung meiner eigenen Verfahren obliegt mir die Zuweisung neuer Verfahren aus dem Bereich der Organisierten Kriminalität an andere Mitglieder meiner Abteilung und an mich selbst, und ich stehe selbstverständlich allen in meiner Abteilung mit Rat und Tat bei den von ihnen zu bearbeitenden Verfahren zur Seite. Daneben bin ich mit allerlei Verwaltungs- und Organisationsaufgaben für meine Abteilung und deren Mitglieder befasst.
WOCHENBLATT: Inwieweit hat sich Ihre Arbeit durch die Corona-Pandemie verändert?
Breas: Die Corona-Pandemie hat mich häufiger als zuvor im Homeoffice arbeiten lassen. Daneben konnten Gerichtsverhandlungen nicht wie gewohnt stattfinden oder in ungewöhnlicher Umgebung, zum Beispiel im Stadeum, in den Hapag-Hallen Cuxhaven oder im Zelt. Besprechungen und berufliche Zusammenkünfte finden kaum noch persönlich, sondern grundsätzlich nur noch via Skype statt oder fallen ganz aus.
WOCHENBLATT: Als Oberstaatsanwalt sind Sie durch verschiedene spektakuläre Fälle weit über die Region hinaus bekannt. Welche Fälle sind Ihnen besonders in Erinnerung geblieben?
Breas: Zuallererst natürlich der Maskenmann-Fall. Dann der Fall des Rentners aus Sittensen, der einen Einbrecher erschossen hat. Und schließlich mein allererster Fall als Pressesprecher der Staatsanwaltschaft Stade - der Campingplatz-Mord in Cuxhaven.
WOCHENBLATT: Schaffen Sie es immer, dass im Gerichtssaal Gesehene und Gehörte nach Feierabend "abzustreifen"?
Breas: Nein, leider nicht. Im Laufe der Zeit legt man sich zwar ein dickeres Fell zu und lässt Dinge nicht mehr ganz so nah an sich ran. Komplett abzuschalten gelingt mir indes nur sehr selten.
WOCHENBLATT: Sind Sie jemals bedroht worden?
Breas: Zum Glück bisher noch nicht.
WOCHENBLATT: Gab es auch schon Rückmeldungen von Opfern der Verurteilten, die sich bei Ihnen für die Ahndung eines Vergehens bedankt haben?
Breas: Nein, das gab es noch nicht. Ich fände Derartiges auch nicht angemessen. Als Staatsanwalt sollte man nur sehr bedingt Opferinteressen vertreten. Vielmehr geht es darum, die jeweiligen Sachverhalte sauber, vorbehaltlos und vollkommen neutral aufzuklären und eine gerechte - den Gesetzesvorgaben entsprechende - Sanktion zu erzielen.
WOCHENBLATT: Wird aus Ihrer Sicht die Arbeit der Justiz in Film und Fernsehen gut dargestellt? Gibt es Formate, bei denen Sie sich denken: "Das hat mit der Realität nichts mehr zu tun. Die müsste man verklagen"?
Breas: Fast nie wird die Arbeit richtig und gut dargestellt. Zumeist werden in deutschen Krimis amerikanische Verhältnisse dargestellt, die mit einem deutschen Gerichtsverfahren kaum vergleichbar sind. Staatsanwälte sind auch niemals die Dienstvorgesetzten der Polizisten. Polizeibeamte erhalten von uns zwar Ermittlungsaufträge, personelle Entscheidungen über Polizeibeamte kann jedoch kein deutscher Staatsanwalt treffen.
WOCHENBLATT: Schauen oder lesen Sie gerne Krimis? Wobei entspannen Sie sonst?
Breas: Ich mag sehr gerne amerikanische Krimis, besonders die von John Grisham. Zuletzt hat mir aber auch das Buch "Achtsam morden“ von Karsten Dusse sehr gefallen, und ich konnte herzhaft lachen. Ansonsten bin ich ein USA-Fan, beschäftige mich mit Land und Leuten, bin vor Corona mit der Familie häufig dort gewesen und schaue viel US-Sport, wie etwa Basketball und American Football. Mit der Familie spiele ich zudem sehr gerne Tischfußball und Darts. Die Darts-WM verfolgen wir regelmäßig gemeinsam im Fernsehen.
WOCHENBLATT: Herr Breas, vielen Dank für das Gespräch.

Redakteur:

Christoph Ehlermann aus Salzhausen

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