"Rasensportler" ohne Rasen
Beim Eisenbahnsportverein im Stader Ortsteil Campe wird geschossen und gekegelt
jd. Stade. Hier spielen Kugeln eine wichtige Rolle, wenn auch in völlig unterschiedlicher Größe: Beim Verein "ESV Rasensport Stade" wird geschossen und gekegelt. Die Sportschützen und die Sportkegler bilden die beiden einzigen Sparten. Das war nicht immer so, wie der Name ahnen lässt. Tatsächlich wurden in früheren Zeiten auch Rasensportarten ausgeübt. In den Anfangsjahren des 1954 gegründeten Vereins spielte die Mehrzahl der Mitglieder Fußball und Faustball. Diese Abteilung ist wie die zwischenzeitlich bestehende Tischtennisgruppe längst Geschichte. Mit großen Mitgliederzahlen konnte der Verein ohnehin nie aufwarten. "Wir waren immer eine relativ kleine Truppe", sagt der Vorsitzende Thomas Schwab. Derzeit habe man etwa 60 Mitglieder, davon rund ein Viertel Frauen.
Anfangs bestand der Verein überwiegend aus Eisenbahnern - und damit erklärt sich auch die Abkürzung "ESV": Die steht für Eisenbahnsportverein. Die Bahn unterstützte seinerzeit die Gründung eigener Sportclubs - als Ausgleich zum harten Job. Die Lokführer, Schaffner und Bahnhofsvorsteher, die meist bis zu 56 Stunden Dienst schoben, sollten sich bei sportlicher Betätigung erholen. Doch der Kreissportbund wollte keinen "Behördenverein" aufnehmen. So wurde der Vereinsname kurz nach der Gründung in Grün-Weiß Stade geändert. Noch heute finden sich diese Farben im Vereinsemblem.
Im Jahr 1958 erfolgte eine erneute Umbenennung: Der Verein erhielt den jetzigen Namen, der wenig später um den Zusatz ESV für Eisenbahnsportverein ergänzt wurde. Der Dachverband der Bahnsportler hatte verfügt, dass alle bei ihm organisierten Vereine diesen Zusatz führen müssen. Gerade in den Anfangsjahren hatte es der kleine Verein nicht immer leicht. An eigene Sportanlagen war aus finanziellen Gründen gar nicht zu denken und die anderen Vereine in Stade zeigten sich wenig kooperativ. Die Schützen fanden schließlich eine Trainingsmöglichkeit in der Kfz-Halle der Bahn am Stader Güterbahnhof. Im Dachboden der Halle richteten sich auch die Tischtennisspieler provisorisch ein.
Inzwischen haben die "Rasensportler" längst ein eigenes Dach über dem Kopf: 1964 erwarben sie von ihrem Arbeitgeber, der Deutschen Bundesbahn, einen bestehenden Schießstand im Stader Stadtteil Campe. Dieses Gelände wurde bereits vor 90 Jahren für Schießübungen genutzt. 1981 ersetzte der ESV die ursprünglich vom Kriegerverein Campe errichtete Anlage durch einen Neubau.
Der Schießstand auf dem mittlerweile ebenfalls eigenen Grundstück ist nach wie vor der ganze Stolz des Vereins. Dort reihen sich dicht an dicht die Pokale, die die Schützen und Kegler errungen haben. So nehmen die Schießsportler mit eigenen Mannschaften in den Disziplinen Luftpistole, Luftgewehr und Kleinkaliber an den Wettkampfrunden des Bezirksschützenverbandes Stade teil. Außerdem treten sie - ebenso wie das Herren-Kegelteam zu den Meisterschaften des Verbandes der Eisenbahn-Sportvereine (VDES) an. Für den VDES haben die Stader schon öfter größere Wettbewerbe ausgerichtet.
Im Jahr 2016 gab es sogar einen Mitgliederzuwachs, wenn auch in bescheidenem Rahmen: Zum ESV gesellten sich eine Handvoll verbliebener Schützen aus einem anderen "Behördenclub", dem Postsportverein. Eisenbahn- und Postsportler schießen seitdem Seite an Seite im "Rasensport"-Team. Auch wenn die Rasensportler kein klassischer Schützenverein sind - eine Tradition pflegen sie dennoch: Sie schießen jedes Jahr einen Schützenkönig aus. Aktuell hatte mit Ilse-Marie Schlichting eine Frau die Königswürde inne. Da wollen die Kegler natürlich nicht nachstehen: Amtierender Kegelkönig ist Dirk Edelbüddel.
Da bleibt nur noch, den Rasensportlern weiterhin "gut Schuss" und "gut Holz" zu wünschen.
• www.esv-rasensport-stade.de
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