Aus für Camper Höhe: VfL Stade setzt auf Aufklärung
bc. Stade. Das Thema Camper Höhe und dessen geplanter Verkauf (das WOCHENBLATT berichtete) erhitzt die Gemüter in Stade. Vor allem in den sozialen Medien reden sich die Leute die Köpfe heiß - aus Sicht des Präsidiums des VfL Stade jedoch mit teilweise falschen Informationen, so dass sich die Führungsriege jetzt noch einmal genötigt sieht, allen Vereinsmitgliedern die Hintergründe zu erläutern, wie es zu dem gemeinsamen Antrag der Ratsfraktionen CDU, SPD und Wählergemeinschaft (WG) gekommen ist. Das WOCHENBLATT stellt die wichtigsten Aussagen zusammen.
• Im Frühjahr sei dem VfL mitgeteilt worden, dass aufgrund der Erweiterung der Realschule Camper Höhe Teilflächen der Sportanlage benötigt werden, insbesondere die Tennisplätze. Der VfL Stade habe daraufhin mit der Verwaltung Gespräche über die weitere Nutzung der Sportanlage begonnen.
• Die Verwaltung habe durch eine gutachterliche Stellungnahme mögliche Sanierungskosten von rund drei Mio. Euro ermitteln lassen. Darin enthalten: die Sanierung des Fußball-Platzes, aller Rasentrainingsflächen entlang des Lönswegs, der leichtathletischen Anlagen und der Tribüne. Ein Anspruch auf Übernahme dieser Kosten durch die Stadt gebe es nicht. Eine Finanzierung durch die Stadt wie durch den Verein komme nicht in Betracht.
• Erst dann hätten CDU, SPD und WG den Antrag zur Camper Höhe entwickelt. Zum Hintergrund: WG-Fraktionsvorsitzender Carsten Brokelmann ist auch gleichzeitig VfL-Präsident.
• Im Anschluss hätten sich Präsidium, Beirat, Vorstand der Fußballabteilung und Abteilungsleiterversammlung mit dem Antrag beschäftigt und ihn jeweils einstimmig befürwortet.
Zum weiteren Ablauf schreibt der Vorstand des VfL:
Im Falle eines entsprechenden Ratsbeschlusses würde eine genaue Planung zwischen der Verwaltung und dem VfL Stade unter Einbeziehung der Abteilungen beginnen. Brokelmann: „Allen Verantwortlichen im VfL ist die lange Tradition der Camper Höhe bewusst. Daher ist auch klar, dass die Entscheidungen im Verein nicht von allen Mitgliedern getragen werden und zum Teil auch als Verrat an der Geschichte der TuS Güldenstern empfunden werden. Für die Zukunft des Vereins in sportlicher und wirtschaftlicher Hinsicht sind sie aber für die Verantwortlichen unverzichtbar.“
In dem Schreiben des Vereins an die Mitglieder wird aber auch eindeutig festgestellt: Der TuS Güldenstern Stade existiert seit Juli 2016 nach der Fusion mit dem VfL Stade nicht mehr. Der VfL Stade habe zur Zeit ca. 5.500 Mitglieder, darin sind etwa 500 ehemalige Mitglieder des TuS Güldenstern enthalten. Die Sportanlage auf der Camper Höhe sei eine Sportanlage für Vereins- und Schulsport und keine öffentliche Anlage. Eine Nutzung durch Nichtmitglieder sei daher ohne Zustimmung des Vereins nicht erlaubt.
Der VfL Stade zahle jährlich ca. 150.000 Euro für die Unterhaltung seiner Sportanlagen in Ottenbeck und auf der Camper Höhe. Davon werden durch die Stadt ca. 50.000 Euro für die Schulsportnutzung erstattet.
• Weitere Infos auf www.vfl-stade.de.
Auf ein Wort
Sollte eine öffentliche Debatte vermieden werden?
Die Diskussionen um den beabsichtigten Verkauf der Sportanlage Camper Höhe werden den VfL Stade noch einige Zeit beschäftigen. Irgendwann wird Gras drüber gewachsen sein oder - wie in dem Fall - „eine innenstadtnahe Bebauung“ aus dem Boden sprießen. Die Historie des einstigen Arbeitervereins TuS Güldenstern Stade, der lange als Gegenentwurf zum elitäreren VfL galt - wird dann nur noch in den Chroniken und in den Köpfen der früheren Mitglieder existieren.
Wirklich schade, denn die Camper Höhe mit ihrer geschichtsträchtigen Tribüne, den grasbewachsenen und windschiefen Steh-Traversen sowie dem wunderschönen Linden-Bestand rund ums Stadionrund ist ein Sehnsuchtsort für Fußball-Nostalgiker - auch oder gerade wegen ihres morbiden Charmes. Aber leider ist das der Lauf der Dinge. Sportanlagen am Stadtrand sind aus Lärmschutzgründen up to date. Bloß kein Ärger mit der Nachbarschaft.
Bei der Camper Höhe kam der immense Sanierungsstau hinzu. Ob es wirklich drei Mio. Euro sind, die investiert werden müssten, um die Anlage wieder auf Vordermann zu bringen, oder weniger, ist dabei fast egal. Denn der geplante Verkauf der Camper Höhe dürfte unabhängig von den möglichen Sanierungskosten hinter den Kulissen längst eingetütet worden sein. Genau deshalb fühlen sich viele alte Güldensterner auf dem Weg dahin nicht mit- und ernstgenommen.
Aus ihrer Sicht wurden sie mit dem Antrag von CDU, SPD und Wählergemeinschaft vor vollendete Tatsachen gestellt. Denn eine wirkliche öffentliche Debatte um ein Fortbestehen der Camper Höhe, ein Abwägen von Pro und Kontra unter Einbeziehung der Vereinsmitglieder hat es so gut wie nicht gegeben - und war wohl auch nicht gewünscht. Der gemeinsame Antrag impliziert aufgrund der Mehrheitsverhältnisse im Stadtrat im Prinzip schon eine vorweggenommene Entscheidung.
Das tut vielen Güldensternern weh. Schon die Fusion im vergangenen Jahr war für sie keine echte Fusion, sondern eher eine Übernahme. Natürlich auch geschuldet durch die miserable finanzielle Situation des Vereins.
Karl Göhde ist so ein echter Güldensterner und zudem ein kritischer Geist. Jahrzehntelang war der Hamburger Leiter der Fußball-Abteilung. Heute sagt der mittlerweile 97-Jährige: „Ich bin der festen Überzeugung, dass die Sanierungskosten so hoch gerechnet wurden, dass ein anderer Weg als der Verkauf der Camper Höhe nicht möglich war.“
Interessant in dem Zusammenhang auch: Laut eigener Auskunft hat die Stadt bereits im August 2016 eine Fläche neben dem VfL-Gelände in Ottenbeck in Richtung Straßenmeisterei gekauft. Offiziell, um darauf Einzel- und Doppelhäuser oder Sozialwohnungen zu bauen, Gewerbe anzusiedeln, Kompensationsflächen zu schaffen oder eben als potentielles Erweiterungsgelände für den VfL.
Das Ende der Camper Höhe war für interessierte Beobachter also schon länger absehbar. SPD-Ratsherr Bernd Käthner ist ebenfalls ein alter Güldensterner. Seine Meinung: Wäre es vor gut 15 Jahren zu einer Fusion zwischen Güldenstern und dem VfL gekommen - Diskussionen gab es seinerzeit genug - wäre möglicherweise die Camper Höhe zu retten gewesen. Zumindest wäre es eine Fusion auf Augenhöhe geworden und keine Übernahme, so Käthner. Jetzt sagt er: „Der Verkauf der Camper Höhe und der Ausbau der Anlage in Ottenbeck ist die beste Lösung für die Stadt.“ Sein Motto: „Wat mutt, dat mutt.“
Wahrscheinlich sehen das einige Stader anders. Nach WOCHENBLATT-Informationen formiert sich derzeit eine Protestbewegung. Wie eingangs erwähnt: Die Diskussionen um die Camper Höhe sind vermutlich noch lange nicht beendet. Björn Carstens
Redakteur:Björn Carstens aus Buxtehude |
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