Salzstock soll erkundet werden
Wird tief unter Stade künftig Gas oder Wasserstoff gespeichert?

Die Karte zeigt die Ausdehnung des Stader Salzstocks (schwarze Linie). Innerhalb der blauen Linien befinden sich beiden sogenannten Erdfallgebiete. Hier kann es durch Auswaschungen in den höheren Bereichen des Salzstocks zu Bodenabsenkungen oder sogar Erdfällen kommen. Die roten Punkte markieren frühere Tiefenbohrungen (Quelle: LBEG) | Foto: Open Topo Map/jd
  • Die Karte zeigt die Ausdehnung des Stader Salzstocks (schwarze Linie). Innerhalb der blauen Linien befinden sich beiden sogenannten Erdfallgebiete. Hier kann es durch Auswaschungen in den höheren Bereichen des Salzstocks zu Bodenabsenkungen oder sogar Erdfällen kommen. Die roten Punkte markieren frühere Tiefenbohrungen (Quelle: LBEG)
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Vor einem Jahr steckte der Energiekonzern Uniper nach dem Stopp der russischen Gaslieferungen in einer schweren Finanzkrise. Der deutsche Staat rettete das Unternehmen mit einer Geldspritze in Höhe von 20 Milliarden Euro und übernahm im Gegenzug 99 Prozent der Anteile. Seitdem sich der Gasmarkt entspannt hat, läuft es wieder besser für den Energieriesen. Uniper meldete für die ersten drei Quartale dieses Jahres einen Gewinn von fast zehn Milliarden Euro. Es werden wieder Pläne für die Zukunft geschmiedet. Bei diesen Plänen spielt auch Stade eine Rolle: Die Konzerntochter Uniper Energy Storage GmbH will neue Speicherkapazitäten schaffen, zunächst wohl für Erdgas, später für Wasserstoff. Das passt zum geplanten LNG-Terminal und zur künftigen Rolle Stades als Wasserstoff-Drehscheibe. Die Speicher sollen unter der Erde entstehen - im Stader Salzstock.

Reste eines Ur-Meeres

Der Stader Untergrund weist eine Besonderheit auf: Ähnlich wie in Harsefeld erhebt sich bis dicht unter der Erdoberfläche ein gewaltiger Salzdom. Dieser mehrere Kilometer mächtige Salzstock ist der Rest eines verdampften Ur-Meeres, das vor rund 200 Millionen Jahren bestanden hat. Irgendwann wurde das Salz durch Verschiebungen genau an dieser Stelle nach oben gedrückt. Davon hat die Hansestadt rund 130 Jahre profitiert. Ab 1873 wurde in der Saline im Stadtteil Campe Salz abgebaut. Rund 90 Jahre später zog die Saline an die Schwinge bei Bassenfleth um. Die Sole wurde dann im Bereich des heutigen Gewerbegebietes Stade-Süd zutage gefördert und zur Saline gepumpt. Vor 20 Jahren endete das Kapitel Salz mit der Schließung der Saline durch den letzten Eigentümer, den holländischen Akzo Nobel Konzern.

Eine "Bank" für Gas-Guthaben: In Harsefeld-Hollenbeck befindet sich ein riesiger Erdgas-Speicher tief unter der Erde

Riesige Untertage-Speicher

Nun will Uniper mit seiner Speicher-Tochter offenbar ein neues Kapitel aufschlagen: Das Unternehmen, das über acht unterirdische Gasspeicher in Deutschland und Europa verfügt, hatte im Juli beim zuständigen Landesamt für Bergbau, Energie und Geologie (LBEG) einen Antrag auf "Erlaubnis zur Aufsuchung von Salzen" gestellt. Das bedeutet nichts anderes als die Suche nach geeigneten Stellen im Stader Salzstock, um dort riesige unterirdische Hohlräume, sogenannte Kavernen, anzulegen, die mit Gas bzw. Wasserstoff gefüllt werden können. Diese Kavernen können einige hundert Meter hoch sein. Der Antrag wurde jetzt mit Wirkung zum 1. November genehmigt. Uniper Energy Storage sei das "Erlaubnisfeld Stade" mit einer Größe von 99 Quadratkilometern zugeteilt worden, heißt es seitens des LBEG. Die Genehmigung für das Feld ist auf fünf Jahre befristet

Noch keine Bohrungen geplant

Das Erlaubnisfeld umfasst den gesamten Salzstock, der sich über mehrere Kilometer unter dem Stadtgebiet erstreckt (siehe Karte). In dem Bereich sind bereits im vorigen Jahrhundert verschiedene Tiefenbohrungen von bis zu anderthalb Kilometern vorgenommen worden, um die Mächtigkeit des Salzstockes zu erkunden. Eine Tochterfirma der Preussag wiederum begab sich damals auf die Suche nach Erdgas und Erdöl. Uniper darf aber noch keine Bohrungen vornehmen. Nach Angabe des Bergamtes wurde nur das grundsätzliche Recht erteilt, den Untergrund zu untersuchen. Für konkrete Maßnahmen zur Erkundung des Salzstockes wie eben eine Tiefenbohrung ist ein gesondertes Genehmigungsverfahren erforderlich.

Experte spricht von "Peanuts"

Analyse von Daten

Das WOCHENBLATT richtete an Uniper Energy Storage einen Fragenkatalog zu dem konkreten Vorhaben in Stade. In seinem knappen Statement ging Firmensprecher Dr. Adrian Schaffranietz zwar nicht auf die einzelnen Fragen ein, doch er umriss das weitere Vorgehen: Zunächst gehe es um die Analyse und Auswertung vorhandener Daten zur Beschaffenheit des Untergrundes. "Das Ziel eines mehrjährigen ersten Bewertungs- und Untersuchungsprozesses wäre es herauszufinden, ob der Salzstock für die Anlage von Kavernen und die mögliche zukünftige Lagerung von Energierohstoffen für die Sicherung und Dekarbonisierung der Energieversorgung infrage kommen würde", so Schaffranietz. 

In Harsefeld geht es ganz langsam "abwärts"

Ausgleich von Verbrauchsschwankungen

Das wiederum heißt im Klartext: Der Stader Salzstock soll auf die Tauglichkeit geprüft werden, dort in großem Maßstab wohl zunächst Gas und danach im Sinne der Energiewende Wasserstoff zu speichern. Solche riesigen Kavernenspeicher dienen aktuell dazu, die Schwankungen beim Gasverbrauch auszugleichen. Außerdem spielen sie eine wichtige Rolle, um die Stabilität in den Gasnetzen aufrechtzuerhalten, indem sie Verbrauchsspitzen im Winter kurzfristig kompensieren. Später wird grünem Wasserstoff eine ähnliche Funktion zukommen: Er soll in den Kavernen gelagert werden, um den Energiebedarf zu decken, wenn Sonne und Wind aufgrund des Wetters nicht zur Verfügung stehen und Windräder bzw. Photovoltaikanlagen keinen Strom liefern.

Redakteur:

Jörg Dammann aus Stade

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