Die Bahn muss lenken, nicht verwalten
Landkreis Harburg - Alpha-E und Deutschlandtakt
Seit Jahrzehnten versucht die Deutsche Bahn, eine Bahntrasse entlang der A7 gegen den Protest tausender Bürgerinnen und Bürger durchzusetzen. Zunächst war die Y-Trasse im Gespräch, um das angeblich wachsende Güterzug-Aufkommen von den Häfen ins Umland zu bringen. Nach den Protesten gegen Stuttgart 21 wollte sich der Konzern bürgernah geben und initiierte das "Dialogforum Schiene Nord", aus dem als Konsens der Ausbau von Bestandsstrecken, die Alpha-E-Variante, herauskam, die auch im Bundesverkehrswegeplan (BVWP) 2030 festgeschrieben ist. Dass die Prognosen der DB nicht stimmen, hat Rolf Niefind aus Kakenstorf ermittelt. Er hat nicht hochgerechnet, sondern gezählt.
"Neue Trassen sind nicht erforderlich."
"Nie konnte eine stichhaltige Begründung wegen fehlender Kapazitäten gegeben werden", sagt Rolf Niefind. "2007 tauchte eine Prognose des Hamburger Hafens auf, demnach wären 2020 22 Millionen TEU (1 TEU = 20-Fuß-Standardcontainer) über die Kaikante gehoben worden. Tatsächlich waren es 2020 nur 8,5 Millionen TEU, in den besten Zeiten - 2007 vor der Bankenkrise - waren es maximal 9,9 Millionen. Damit waren 2020 lediglich 43 Prozent der Prognose erreicht worden." Bereits 2016 habe der Hamburger Senat die Diskrepanz zwischen Prognose und Wirklichkeit akzeptiert und die Planung für das neue Container Terminal im mittleren Hafen aufgegeben.
Niefind ist überzeugt: "Neue Trassen sind nicht erforderlich. Die Probleme liegen eher an den überlasteten Knoten und an der Abwicklung des Güterverkehrs in den Häfen." Außerdem: Die Bahn muss lenken, nicht verwalten! Die Bahn muss bei den Fahrplänen die Führung behalten und bestimmen, wer wann fährt - analog zu Eurocontrol im europäischen Luftraum." Rolf Niefind hat während seiner Zählungen seit dem Sommer 2013 insbesondere beim Güterverkehr beobachtet, dass mittwochs bis donnerstags hoher Verkehr, ab Freitag bis Dienstag geringer Verkehr herrscht. Lösung: "Der gesamte Güterverkehr muss über die Woche gleichmäßig verteilt werden. Daran mangelt es! Die Ampelkoalition will nun erst einmal eine Beschleunigungskommission Schiene einrichten …"
Bahn soll aktuelle Probleme lösen
Wenn es mit dem Argument des Güterverkehrs nicht klappt, dann müssen nun eben wieder die Passagiere her. Also wurde ins Koalitionspapier 2017 eingetragen: Verdoppelung der Passagierzahlen bis zum Jahr 2030. Zusätzlich neu dazugekommen: der Deutschlandtakt. "Warum soll bei den Passagierprognosen funktionieren, was schon bei den Gütern nicht funktionierte?", fragt Niefind. "Wegen einer Zeitersparnis von zwölf bis 13 Minuten auf der Strecke Hamburg-Hannover eine neue Trasse durch die Heide schlagen? Das ist nach fast 60 Jahren Planung nicht mehr vermittelbar!"
Die frühere Seevetaler Bürgermeisterin Martina Oertzen habe einmal gesagt: „Die Deutsche Bahn hat ihr eigenes Drehbuch.“ Niefind ergänzt: "Zudem bringt die DB ihre eigene Schauspieltruppe mit … Planungs- und Projektbüros, die für die Bahn arbeiten, brauchen sich über die Zukunft keine Gedanken machen. Neue und andere Vorgaben gibt es bei der Bahn immer und damit neue Planungen. Vor allem sollten unsere Politiker in Berlin nicht für etwas stimmen, was sie dann später im Wahlkreis ablehnen. Man sollte schon erkennen, was es heißt, wenn plötzlich die Zahl der Passagiere, nicht fachlich begründet, sondern auf Anordnung, verdoppelt werden sollen."
Die Bahn solle sich laut Rolf Niefind zunächst darauf konzentrieren, ihre aktuellen Probleme zu lösen und u.a. in die bestehende Infrastruktur, betriebssichere Fahrstühle und die Grünpflege bzw. entlang der Schienen investieren. "Und es wäre gut, zunächst den geltenden Bundesverkehrswegeplan 2030 (BVWP) umzusetzen, bevor man wieder neue Ideen auf den Markt wirft", so Niefind.
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