Winsen
Blick in die Stadtgeschichte bei den innerstädtischen Tiefbauarbeiten
Bei den Tiefbauarbeiten zur Sanierung der innerstädtischen Straßen hat sich ein tiefer Blick in die Winsener Stadtgeschichte aufgetan. Im Bereich von Marktstraße und Kirchplatz wurden Teile der Fundamente zweier historischer Gebäude freigelegt (das WOCHENBLATT berichtete). Zum einen handelt es sich um die nördliche und westliche Außenmauer des alten Rathauses, das als großer Fachwerkbau nach dem Stadtbrand 1627 neu errichtet worden ist und an dieser Stelle bis 1928 gestanden hat. Das andere Fundamentteil ist die nördliche Außenwand eines Vorgängerbaus, der entweder nach dem Stadtbrand 1528 oder nach dem großen Feuer in der Stadt 1585 errichtet worden ist.
Ein Team des Archäologischen Museums Hamburg unter Leitung des Kreisarchäologen Dr. Jochen Brandt hat die Freilegungsarbeiten begleitet, die vorgefundenen, wertvollen Bodendenkmäler kartiert, und wird die Erkenntnisse nun auswerten sowie mit historischen Plänen abgleichen. Diese ersten archäologischen Arbeiten sind abgeschlossen und die Bodendenkmäler soweit wie möglich geschützt, sodass die Tiefbauarbeiten fortgesetzt werden können.
Dr. Brandt: „Dass wir an dieser Stelle im Herzen der Stadt Zeugnisse vergangener Zeit im Boden finden, war zu erwarten. Mich überrascht allerdings, wie viel von den alten Gebäuden noch da ist. Das gilt nicht nur für die Fundamente, sondern auch für das Fundmaterial auf dem Grund eines alten Turms neben dem Rathaus, wo wir gut erhaltene Stücke aus Glas, eines Tafelgeschirrs und von alten Weinflaschen gefunden haben.“
Im Herbst wird es weitere Voruntersuchungen durch eine Fachfirma und mittels eines Bodenradars geben. Die restlichen Fundamente sollen zunächst auf diese Weise ausfindig gemacht werden, ohne dass es eines Eingriffs in den Boden bedarf. Mit den daraus gewonnenen Erkenntnissen wird dann die weitere Planung der Tiefbauarbeiten und insbesondere die Lage des Wasserspiels mit dem erforderlichen Pumpenschacht auf dem Kirchvorplatz abgestimmt.
"Von der rechtzeitigen Verständigung und dem guten Miteinander von Tiefbau und Bodendenkmalpflege haben bisher alle Beteiligten profitiert“, erklärt Diplom-Ingenieur Martin Färber, der als Mitarbeiter der Stadtverwaltung die Straßensanierungsarbeiten koordiniert. "Das soll auch im weiteren Verfahren so gehandhabt werden. Auch wir haben nicht nur ein Interesse an einem zügigen und reibungslosen Ablauf der Sanierungsarbeiten, sondern auch an der Dokumentation und Sicherung der Bauteile so bedeutender historischer Gebäude.“
Im Frühjahr 2023 wird es dann eine umfängliche archäologische Ausgrabung der vorgefundenen Baudenkmäler geben. Diese Grabung wird voraussichtlich eine archäologische Fachfirma ausführen, da der Umfang die Bordmittel des Museums übersteigt. Wo und wie die Funde dann aufbewahrt bzw. ausgestellt werden, ist noch zu klären. Als Teil der fassbaren Geschichte unserer Stadt sollen zumindest Teile der Öffentlichkeit zugänglich gemacht werden.
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