Landkreis Harburg
Fachkräfte über Täterarbeit bei Gewalttätern informiert

Auch praktische Übungen stellte Jan Ahrens bei der Veranstaltung zur Täterarbeit im Rahmen der 16-Tage-Kampagne vor | Foto: Landkreis Harburg
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„Eigentlich bin ich ja total friedlich. Ich weiß auch nicht, was da plötzlich in mich gefahren ist.“ Der Mann gibt sich zerknirscht, nachdem er seine Frau geschlagen hat – und kann sich gar nicht erklären, warum er zum wiederholten Male gewalttätig geworden ist. Jan Ahrens kennt solche Ausreden nur zu gut. Dabei müsse es aber nicht bleiben: „Gewaltverhalten wird erlernt. Aber es besteht auch die Möglichkeit, es wieder zu verlernen“, sagt der Sozialpädagoge aus Norden, der in der Täterarbeit im Bereich häusliche Gewalt engagiert ist. Im Rahmen der 16-Tage-Kampagne gegen Gewalt an Frauen im Landkreis Harburg informierte er bei einer Veranstaltung des Netzwerks gegen häusliche Gewalt im Landkreis Harburg Fachkräfte über Täterarbeit - vom Aufnahmegespräch bis zum Abschlusszertifikat, auch mit Blick auf Planungen für die Arbeit vor Ort.

„Ein Opfer häuslicher Gewalt kann sich vor seinem Peiniger verstecken und sich Hilfe suchen – die Gewalt beenden kann jedoch nur der Täter selbst“, betont Andrea Schrag, Gleichstellungsbeauftragte im Landkreis Harburg. Sie ist froh, dass es dafür künftig Unterstützung geben wird. Denn ab Frühjahr 2023 wird es auch im Landkreis Harburg Arbeit mit Tätern geben, damit diese sich und ihr Verhalten ändern.

Jan Ahrens machte deutlich, dass niemand als gewalttätiger Schläger geboren wird. Dennoch kommt es in Familien und Paarbeziehungen immer wieder zu häuslicher Gewalt. Die Zahlen sprechen eine eindeutige Sprache: Im vergangenen Jahr wurden 143.016 Fälle von Partnerschaftsgewalt zur Anzeige gebracht. Jede vierte Frau in Deutschland wird Opfer körperlicher Gewalt durch ihren Partner, alle 13 Minuten erlebt eine Frau Gewalt durch ihren Partner. Gewalt in der Partnerschaft ist dabei weit mehr als Schläge oder Tritte. Auch wer seine Partnerin anschreit, beleidigt, erniedrigt, sexuell bedrängt, ihr verbietet zu arbeiten oder ihr Geld einteilt, übt Gewalt aus und sorgt dafür, dass sich sein Opfer im eigenen Zuhause nicht mehr sicher fühlt. Unter dieser Gewalt leiden auch die Kinder in einer Beziehung. Selbst wenn sie die Gewaltszenen nicht miterleben, spüren sie die Atmosphäre der Angst. Die Folgen: Manche Kinder machen wieder ins Bett, andere bekommen Schlafstörungen, Probleme in der Schule, ziehen sich zurück oder reagieren mit Wut.

Doch es gibt Auswege, wie Sozialpädagoge Ahrens deutlich machte. „Täter können lernen, ihr Verhalten zu verändern“, sagte er. Am Anfang steht der Entschluss, die Verantwortung für das eigene Handeln zu übernehmen und keine Gewalt mehr auszuüben. Der nächste, ebenso wichtige Schritt besteht darin, sich Hilfe zu suchen und soziale Trainingsprogramme zur Verhaltensänderung zu absolvieren. Das Training dauert ungefähr ein halbes Jahr und findet in der Regel wöchentlich in einer Gruppe statt. Der Sozialpädagoge erläuterte den Fachkräften, wie diese Arbeit mit Tätern konkret aussieht, welche Technik und Methoden eingesetzt werden. In diesen Kursen wird den Tätern beigebracht, wie sie die eigenen Gefühle besser wahrnehmen und Konflikte ohne Gewalt lösen können. Dazu spielt Biographiearbeit ebenso eine Rolle wie die Tatrekonstruktion, Empathie und Opferleid.

Informationen auch zur Täterarbeit gibt es auf der neuen Homepage unter dem Motto „Gemeinsam gegen häusliche Gewalt im Landkreis Harburg“ (www.gghglkh.de), die das Netzwerk im Landkreis Harburg initiiert hat. Die neue Website informiert zudem über die verschiedenen Hilfemöglichkeiten für Betroffene, aber auch Angehörige und Fachkräfte können sich vertraulich und kostenfrei an das Netzwerk wenden. Sie nennt Hilfen und Ansprechpersonen, verweist auf Beratungsstellen und andere Einrichtungen und erklärt Begriffe.

Auch praktische Übungen stellte Jan Ahrens bei der Veranstaltung zur Täterarbeit im Rahmen der 16-Tage-Kampagne vor | Foto: Landkreis Harburg
Referent Jan Ahrens und Gleichstellungsbeauftragte Andrea Schrag im Gespräch | Foto: Landkreis Harburg
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Bianca Marquardt aus Tostedt

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