"Erzieher sind auch Eltern"
Kritik an Winsener Stadtelternrat Kitas
thl. Winsen. "In wenigen Tagen bekomme ich mein Kind. Da hätte ich bestimmt Besseres zu tun als hier zwei Stunden zu sitzen, wenn die Themen für die Eltern nicht wichtig wären." Janine Herzberger, Vorsitzende des Stadtelternrates Kitas, war sichtlich angefressen angesichts der Abstimmungsergebnisse ihrer Anträge im zuständigen Fachausschuss des Winsener Stadtrates.
Viele Eltern haben Jahresurlaub für die Betreuung aufgebraucht
So wurde z.B. die beantragte Streichung der Sommerschließzeiten an den Kitas einstimmig abgelehnt. Herzberger hatte den Antrag gestellt, weil viele Eltern aufgrund der Corona-bedingten Schließung der Kindertagesstätten ihren Jahresurlaub für die Betreuung der Kinder bereits aufgebraucht hätten und bei einer Sommerschließung der Einrichtungen vor Probleme gestellt würden (das WOCHENBLATT berichtete).
Doch weder Politik noch die Träger selbst wollten da mitgehen. "Auch die Erzieher sind Eltern und müssen ihre Kinder betreuen. Zudem haben viele bereits ihren Sommerurlaub geplant. Die Schließzeiten haben auch arbeitsrechtliche Relevanzen", machte Britta Dibbern vom DRK deutlich und sprach damit auch für die anderen Träger. Allerdings sei man auf der Suche nach einer Lösung. "Die müssen wir finden, denn die angedachte Betreuung in der Kita Luhdorf kann nicht wie geplant stattfinden, da dort eigentlich mehrere Kinder aus verschiedenen Einrichtungen betreut werden sollten, was aber derzeit nicht möglich ist", unterstrich Gaby Bießler vom DRK.
"Eltern sollen sich überlegen, was ihnen lieber ist"
"Wir kommen heute nicht weiter", mahnte Bürgermeister André Wiese (CDU). "Noch befinden sich die Kitas im Notbetrieb und ein Regelbetrieb ist sowieso noch nicht absehbar." Hinzu komme, dass eine Streichung der Sommerschließzeit die Folge haben könnte, dass die Kitas im September oder Oktober wegen Personalmangels schließen müssten. "Die Eltern sollten sich überlegen, was ihnen lieber ist", so Wiese.
Janine Herzberger versuchte zu retten, was zu retten ist, und regte an, den Bedarf bei Eltern abfragen zu lassen. Doch auch das wurde abgelehnt. "Wenn die Rahmenbedingungen nicht bekannt sind, können wir keine rechtsverbindliche Abfrage machen", sagte CDU-Ratsherr Sebastian Trenkner, der am Sitzungstag Geburtstag hatte.
SPD-Chef Benjamin Qualmann schlug vor, Eltern, die unbedingt eine Betreuung für ihre Kinder benötigen, aus dem Corona-Topf der Stadt zu unterstützen.
Auch der Antrag des Stadtelternrates, die Notbetreuung auf den Tag genau und nicht wochenweise abzurechnen, fand keine Mehrheit. Hintergrund: Nicht alle Eltern benötigen alle fünf Wochentage für die Notbetreuung. Doch weder Bürgermeister Wiese noch die Politiker sahen es als gerechtfertigt an, von der üblichen Abrechnungsweise abzurücken. Eltern hätten die Möglichkeit, einen Härtefallantrag zu stellen, hieß es.
Zum Abschluss eine "Lästerrunde"
Zum Abschluss der Sitzung musste Janine Herzberger noch eine "Lästerrunde" über sich ergehen lassen. Gleich zwei Elternvertreter von Kitas machten deutlich, dass die Anträge des Stadtelternrates nicht in ihrem Sinne gewesen seien und sie diese auch gar nicht kennen würden. Für den Ausschussvorsitzenden Wilfried Rieck ein Grund, sich darüber auszulassen: "Das ist das Problem von Frau Herzberger. Sie erzählt immer, dass alle es wollen, am Ende sind es aber immer nur Einzelfälle." Die anderen Politiker kommentierten diese Aussage mit einem breiten Grinsen.
Janine Herzberger hat sich nach der Sitzung mit einem Brief an die Ausschussmitglieder und die Stadt gewandt. Darin heißt es u.a.: "Besonders enttäuscht hat mich aber, dass die (unangemessene) Kritik von einzelnen Elternvertretern gegenüber dem Stadtelternrat und mich als Person von einigen Mitgliedern geradezu gefeiert wurde. Ein Verhalten, wie es gestern von einigen Mitgliedern aber ganz besonders vom Vorsitzenden, gezeigt wurde, ist vollkommen unverständlich und absolut inakzeptabel." Und weiter: "Mit seinen Entscheidungen, alle Anträge des Stadtelternrats Kitas abzulehnen, hat der Ausschuss ein weiteres Mal gezeigt, dass die Belange von Eltern und Kindern in Winsen nicht ernst genommen werden. Für uns nur ein Grund mehr, weiterzumachen."
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