Aus für die Nindorfer Wehr?
Erstmals soll im Kreis Stade eine Ortsfeuerwehr aufgelöst werden
92 Ortsfeuerwehren gibt es im Landkreis Stade. Im kommenden Jahr könnte es eine Wehr weniger sein. Die kleine Ortsfeuerwehr in Nindorf (Gemeinde Beckdorf) steht möglicherweise vor der Auflösung. Der Feuerschutzausschuss der Samtgemeinde Apensen hat das Thema bei seiner Sitzung am Dienstag, 28. November, auf der Tagesordnung. Die Beschlussempfehlung der Verwaltung lautet, die kleine Nindorfer Ortswehr aufzulösen. Es wäre das erste Mal seit Jahrzehnten, dass im Landkreis Stade eine Freiwillige Feuerwehr die Segel streicht.
Ortsfeuerwehren stehen für dörfliche Identität
Sie genießen so etwas Ähnliches wie Bestandsschutz: die kleinen Ortsfeuerwehren auf den Dörfern. Oftmals nur mit einem Fahrzeug ausgestattet, untergebracht in einem in die Jahre gekommenen Gerätehaus oder gemeinsam unter einem Dach mit dem Dorfgemeinschaftshaus. Zuständig für die Feuerwehren auf dem platten Land sind die Samtgemeinden oder die eigenständigen Einheitsgemeinden wie Jork oder Drochtersen. Doch kein Samtgemeinde-Bürgermeister hat es je gewagt, diese Wehren anzutasten oder deren Funktion infrage zu stellen. Diese Dorf-Feuerwehren sind quasi ein Relikt aus der Zeit vor der großen niedersächsischen Gemeindereform im Jahr 1972. Sie zu erhalten, bedeutet, den Dörfern ein kleines Stück Selbstständigkeit zu bewahren, nachdem ihnen alle politischen Entscheidungsbefugnisse genommen wurden. Diese kleinen Ortswehren abzuschaffen, würde heißen, auch ein Stück weit dörfliche Identität aufzugeben.
Gefahr einer fatalen Signalwirkung
Vor diesem Hintergrund sollte die Verwaltung und Politik in der Samtgemeinde Apensen behutsam mit der Überlegung umgehen, die Nindorfer Ortsfeuerwehr aufzulösen, selbst wenn sachliche Argumente dafür sprechen sollten. Die Signalwirkung innerhalb des Landkreises könnte fatal sein. Wie heikel das Thema ist, zeigt sich allein schon darin, dass Kreisbrandmeister Peter Winter sich nicht dazu äußern möchte. Und auch Apensens Gemeindebrandmeister Christian Taschendorf, oberster Chef von (noch) sieben Ortswehren im Gebiet der Samtgemeinde, zeigt sich zurückhaltend. Es handele sich im Grund nur um eine Formalie, erklärte Taschendorf gegenüber dem WOCHENBLATT. Der politische Beschluss zur Auflösung der Nindorfer Ortswehr erfolge nur sicherheitshalber. Entschieden sei aber noch nichts. "Wir arbeiten weiter an einer anderen Lösung".
Gesetz schreibt Mindeststärke vor
Doch worin liegt überhaupt das Problem? "Die Zahl der aktiven Kameradinnen und Kameraden der Ortswehr Nindorf ist rückläufig. Die Mindeststärke laut Niedersächsischem Brandschutzgesetz ist nicht mehr gegeben", heißt es aus dem Rathaus in Apensen. Auch die Einsatzbereitschaft und Teilnahme am Dienst sei nicht mehr so, wie es sich Gemeindebrandmeister und Ortsbrandmeister wünschen. Nach Auskunft von Taschendorf geht es aber in erster Linie gar nicht um die Mindeststärke. Die würde die Nindorfer Wehr immer noch erfüllen. Gemäß gesetzlicher Vorgabe muss eine Ortswehr eine Löschgruppe (mit 100 Prozent Reserve) plus Führungskräfte umfassen. "Das wären mindestens 21 Feuerwehrleute", so der Gemeindebrandmeister. Diese Zahl werde in Nindorf erreicht.
Ortsbrandmeister will nicht weitermachen
Tatsächlich soll es laut Taschendorf darum gehen, dass der Nindorfer Ortsbrandmeister Christoph Hauschild und sein Stellvertreter Cord Subey nach Ende ihrer Amtszeit im Juni kommenden Jahres nicht erneut antreten wollen. Da sich bislang niemand für die Nachfolge gefunden hat, wäre die Auflösung der Ortsfeuerwehr die bittere Konsequenz. Denn eine Freiwillige Feuerwehr ohne Führung darf es laut Brandschutzgesetz nicht geben. Insofern ist es folgerichtig, dass die Verwaltung den Stein ins Rollen gebracht hat und formal alles für den "Tag X" in die Wege leitet.
Auflösung spart Kosten
Aufhorchen lässt allerdings, dass die Verantwortlichen im Apensener Rathaus, die Auflösung der Nindorfer Wehr als "einzig rationale Entscheidung" bezeichnen und von "praktischen und wirtschaftlichen Gründen" sprechen. Vor dem Hintergrund, dass in Nindorf der Bau eines neuen Feuerwehrgerätehauses als Ersatz für die im Dorfgemeinschaftshaus untergebrachte Fahrzeughalle aus den siebziger Jahren ansteht (mitsamt dem Erwerb eines passenden Grundstücks), dürften Samtgemeinde-Bürgermeisterin Petra Beckmann-Frelock und ihr Kämmerer gar nicht so unglücklich darüber sein, wenn die Ortswehr aufgelöst wird und so die Baukosten eingespart werden können.
Für den Fall der Auflösung ihrer Ortswehr soll den Nindorfer Brandschützern angeboten werden, sich die Freiwilligen Feuerwehr Goldbeck anzuschließen. Beide Dörfer liegen rund zwei Kilometer auseinander.
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