Das Todeswäldchen bei Apensen
Uralte Gräber und gefährliche Bäume
Hier wurden vor Jahrtausenden Menschen bestattet - und jetzt könnten hier Menschen sterben: Auf einer Kuppe bei Grundoldendorf (Gemeinde Apensen) thronen vier Großsteingräber, umgeben von einem Wäldchen aus stattlichen Buchen. Doch diese Bäume sind höchst gefährlich. Wer zu den Gräbern gelangen will, begibt sich in Lebensgefahr. Was hat es mit den "mörderischen" Buchen in dem Todeswäldchen von Grundoldendorf auf sich?
Die Steingräber sind die ältesten Zeugen menschlicher Baukunst in der Region und gehören zu den bedeutendsten historischen Stätten im Landkreis Stade: Errichtet wurden die uralten Grabstätten vor rund 5.500 Jahren, in der Jungsteinzeit. Die gewaltigen Hünenbetten sind noch 1.000 Jahre älter als die Pyramiden. Doch während sich in der ägyptischen Wüste die Touristen tummeln, liegen die Großsteingräber einsam und verlassen da. Es ist streng verboten, das Gelände zu betreten - und das seit fast sechs Jahren.
Dabei waren die steinernen Relikte inmitten des Buchenwäldchens früher ein beliebtes Ausflugsziel für Radler, Wanderer und Geschichtsbegeisterte. Manche sind auch gekommen, um sich von dem mystischen Zauber einfangen zu lassen, der von dem geheimnisvollen Gelände ausgeht. Doch seit 2017 ist der Zugang gesperrt. Ein Schild warnt: "Achtung Lebensgefahr! Betreten des Waldes verboten." Aufgestellt wurde das Verbotsschild vom Landkreis Stade, dem das kleine Waldgebiet gehört. Die Steingräber selbst befinden sich im Eigentum des Landes.
Von den Buchen geht Lebensgefahr aus
Dass dieser bedeutende historische Ort nicht betreten werden darf, ist auch für den Kreisarchäologen Daniel Nösler ein großes Ärgernis. Doch Sicherheit gehe vor. Von den Buchen gehe eine unmittelbare Gefahr aus. "Die teils mehr als 250 Jahre alten Bäume haben das Ende ihrer natürlichen Lebensphase erreicht", erläutert Nösler. Das betreffe fast den kompletten Baumbestand rund um die Steingräber. "Die Bäume können unvermittelt umstürzen oder es können dicke Äste herabfallen", so der Kreisarchäologe. "Daher muss das Gebiet gesperrt bleiben, um eine Gefahr für Leib und Leben der Besucher auszuschließen."
Nösler hat derzeit wenig Hoffnung, dass sich in absehbarer Zeit etwas ändert. Gern würde er die Gräber wieder für die Öffentlichkeit zugänglich machen: "Der derzeitige Zustand ist sehr unbefriedigend, handelt es sich doch um eines der schönsten und bedeutendsten archäologischen Denkmale des Landkreises Stade."
Aber die rechtlichen Hürden sind sehr hoch. Das gesamte Areal ist Landschaftsschutzgebiet. Um Gefahren auszuschließen, müsste fast der komplette Baumbestand gerodet werden. Doch ein solch schwerwiegender Eingriff ist bei einem Landschaftsschutzgebiet unzulässig. Mit den Rodungsarbeiten würde ein wertvolles Biotop, in dem es zahlreiche geschützte Fledermausarten gibt, zerstört werden.
So bleibt der Kreisarchäologie nichts anderes übrig, als die Fläche gemeinsam mit dem Kreis-Naturschutzamt regelmäßig zu begutachten und zu prüfen, ob das Betretungsverbot wieder aufgehoben werden kann. Das wäre eventuell dann möglich, wenn diejenigen Buchen, von denen die größte Gefährdung für Besucher ausgeht, alle von selbst umgestürzt sind. Ein kräftiger Frühjahrs- oder Herbststurm könnte da vielleicht etwas nachhelfen.
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