Bahngelände wird zu Gewerbegebiet: Beckdorf muss sich politischer Mehrheit in der Samtgemeinde fügen
jd. Beckdorf. „Wohl dem Menschen, wenn er gelernt hat, zu ertragen, was er nicht ändern kann." - mit diesem Sinnspruch des Dichters Friedrich Schiller dürfte es derzeit der Beckdorfer Bürgermeister Siegfried Stresow (SPD) halten: Mehrere Jahre stemmte sich die Gemeinde dagegen, dass auf dem ehemaligen Bahngelände am südlichen Ortsrand ein Gewerbegebiet entsteht. Um das Areal gab es einen handfesten "Nachbarschaftsstreit": Die Fläche gehört der Gemeinde Sauensiek, die dort Gewerbe ansiedeln will. Die Sauensieker brachten schließlich die politische Mehrheit im Samtgemeinderat hinter sich, sodass der ehemalige Bahnhofsbereich im neuen Flächennutzungsplan als Gewerbefläche ausgewiesen wird. Die Beckdorfer müssen nun in den sauren Apfel beißen und ihren B-Plan anpassen.
Beckdorf hatte vor, den Bereich der alten Bahnstrecke Harsefeld-Hollenstedt, der auf Gemeindegebiet liegt, in den Planungen als naturnahe Grünfläche festzusetzen. Ziel sei es gewesen, einen breiten Grüngürtel zu schaffen, der Beckdorf nach Süden begrenze, so Stresow. Doch da spielte Sauensiek nicht mit: Die Nachbargemeinde kaufte vor rund acht Jahren von der EVB die alte Bahnstrecke - zum Spottpreis von lediglich 20 Cent pro Quadratmeter.
Dass die Beckdorfer damals nicht selbst zuschlugen, lag an der Befürchtung, auf die Gemeinde kämen eventuell hohe Entsorgungskosten zu. Die Politiker im Ort sorgten sich, dass die Bahntrasse mit giftigen Stoffen belastet ist. Mittlerweile sind Schienen und Schotter abtransportiert und der Boden erwies sich als "sauber". Nun sieht der neue B-Plan, der jetzt in den Gremien der Gemeinde Beckdorf beraten wird, dort ein rund 1,3 Hektar großes Gewerbegebiet vor. Bislang wird die von den Sauensiekern gewünschte Gewerbefläche durch eine Veränderungssperre blockiert, die noch bis Ende des Jahres gilt.
Von dem neuen Gewerbegebiet profitiert noch ein Dritter: Der Stader Saatzucht gehören nördlich des Bahnhofes ein paar Schuppen und ein nicht mehr genutztes Vorkeimhaus. Dieser Bereich ist bereits seit Jahrzehnten Gewerbegebiet. Da war der Bahnhof noch zeitweise in Betrieb. In Beckdorf wurden noch bis in 1990er Jahre Zuckerrüben verladen ("Rübenbahn"). Wird aus dem Bahnareal nun ein Gewerbegebiet, könnten Saatzucht und Sauensiek eine Art "Flurbereinigung" vornehmen, wie es der Sauensieker Bürgermeister Rolf Suhr ausdrückt.
Dieser Flächentausch wäre sinnvoll, da beiden Eigentümern jeweils nur ein schmaler, dafür aber sehr langer Streifen gehört. Besser wären zwei kompakte Flächen mit einer Zufahrt. Suhr führt bereits Gespräche mit der Saatzucht. Diese sollen Ende August abgeschlossen sein, dann laufen die Planungen weiter. Sauensiek darf dann auf einen satten Gewinn hoffen: Die Einnahmen aus dem Verkauf der Gewerbeflächen werden ein Vielfaches der 20 Cent pro Quadratmeter betragen, die einst an die EVB gezahlt wurden. Allerdings hält auch die EVB die Hand auf: Die Hälfte des Kaufpreises geht laut Vertrag an das Bahnunternehmen.
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