Kita "Arche Noah" steht vor dem Kollaps / Zwei Gruppen vermutlich bald dicht / Sorgen zwei Erzieherinnen für eine Kita-Schließung?
Erziehermangel in Apensen - Eltern verzweifelt
ab. Apensen. Dramatische Entwicklung bei der Kinderbetreuung in Apensen: Weil im Kindergarten "Arche Noah" durch die Kündigung mehrer Erzieherinnen akuter Mangel an Betreuungspersonal herrscht, hat der Träger, die Kirche, jetzt die vorübergehende Schließung von zwei der vier Gruppen angekündigt. 40 Kinder hätten dann keinen Betreuungsplatz mehr. "Wir sitzen bald auf der Straße", sagte eine Mutter unter Tränen während der jüngsten Ratssitzung der Gemeinde Apensen. Es gäbe eine Lösung - die aber für die Eltern eines anderen Kindergartens katastrophal wäre.
Auf der Ratssitzung waren die Emotionen nahezu greifbar: Verzweiflung bei einem Teil der anwesenden Eltern, weil sie bald keinen Betreuungsplatz mehr für ihr Kind haben, Empörung und Beunruhigung beim anderen Teil der Eltern, weil es eine Lösung gäbe, die auf ihre Kosten geht.
Darum geht's: In ihrer Not hatten sich die Eltern der "Arche Noah"-Kinder zusammengesetzt und der Apenser Verwaltung einen Vorschlag unterbreitet: Die betroffenen 40 Kinder ziehen in die Räume der Kita "Weltentdecker". Träger der neuen Kita soll die Samtgemeinde Apensen werden - weil dann zwei der Erzieherinnen, die in der "Arche" gekündigt hatten, bereit wären, zurückzukommen. Die 40 Kinder der "Weltentdecker" wiederum werden mit ihren Erzieherinnen in die Kirchen-Kita "Arche Noah" integriert.
Interims-Verwaltungschefin und Bauamtsleiterin Sabine Benden hält dieses Vorgehen für praktikabel. "Für mich stehen die Kinder, die bald keine Betreuung mehr haben, und ihre arbeitenden Mütter im Vordergrund", sagte sie. Die Eltern hätten gegenüber der Samtgemeinde einen Rechtsanspruch auf einen Kita-Platz. "Sonst können sie klagen." Bei einem Gespräch zwischen Kirche und Samtgemeinde-Ausschuss sei keine Lösung gefunden worden. Außerdem sei die Gemeinde schon lange auf der Suche nach Erziehern, bislang erfolglos. Den Vorschlag, dass die Samtgemeinde Träger einer weiteren Kita in den Räumen der "Arche Noah" werde, lehnte Benden ab. "Zwei Kita-Träger unter einem Dach - das geht nicht." Auch der Vorschlag, die Samtgemeinde könnte Träger der "Arche" werden, kam nicht an. Dann fehlten trotzdem die beiden Erzieherinnen, die wohl auf keinen Fall in der Einrichtung arbeiten möchten, hieß es.
Für die Eltern der Kita "Weltentdecker", die damit vor einem Umzug in die "Arche" und der Schließung ihrer Kita stehen würden, ist der Umzug ein Schlag ins Kontor. "Wir haben uns extra für ein geschlossenes Kita-Konzept und einen kleineren Kindergarten entschieden und nicht für das offene Konzept, das es in der ,Arche Noah' gibt", sagte ein Vater. Ein weiterer Vater warf ein: "Warum haben wir jetzt auf einmal das Problem?" Es sei schade, dass eine Einrichtung, die so gut funktioniere, es so nicht mehr geben solle.
Die Mutter eines "Arche"-Kindes erklärte, sie sei, wie andere Eltern auch, "verzweifelt, weil wir voll betroffen sind". Man sei auf die Kirche zugegangen und habe Vorschläge gemacht, beispielsweise Stunden oder Tage zu streichen oder Übergangspersonal wie Tagesmütter zu finden. "Es ist erschreckend, dass alle Eltern hier stehen und wir keine Lösung finden - aber auch, dass die Kirche niemanden vorher informiert hat." Der Samtgemeinde-Ausschuss hat der Kirche eine Frist gesetzt: Bis zum 15. April hat sie noch Zeit, eine Lösung vorzulegen.
"Das ist zu wenig Zeit", meint ein von der "Weltentdecker"-Schließung bedrohter Insider gegenüber dem WOCHENBLATT. "Die Kirche hat eine Woche, um eine Lösung zu finden, und für uns bricht eine Welt zusammen." Die "Weltentdecker"-Eltern wollten solidarisch denken, trotzdem gehe es nicht, ihre Kita zu schließen. Man habe bewusst ein geschlossenes Konzept gewählt. Die Eltern seien sehr engagiert, hätten im vergangenen Sommer z.B. viel Arbeit und Geld in die Außenanlage gesteckt. "Einige Eltern haben sogar angekündigt, dass sie lieber zu Hause bleiben und nicht mehr arbeiten gehen, bevor sie ihr Kind in die ,Arche' geben."
Sabine Benden bestätigte auf Nachfrage, dass die beiden Erzieherinnen, die gekündigt hatten, wieder zurückkommen würden, wenn sie bei der Samtgemeinde und nicht bei der Kirche angestellt werden würden. Dass die "Weltentdecker" aus ihren Räumen raus müssen, bezeichnete sie als "Randproblem": Für sie sei wichtig, dass alle Kinder einen Betreuungsplatz hätten.
Am Dienstagabend wollten sich die Eltern beider Kitas mit der Gemeinde und der Kirche noch einmal zusammensetzen. Das Ergebnis lag bei Redaktionsschluss noch nicht vor.
Kirche in der Pflicht
Eine verfahrene Situation: Den einen droht die Schließung ihrer Kita-Gruppe, den anderen die Schließung ihrer Kita. Der Samtgemeinde drohen klagende Eltern, sollten sie den Betreuungsauftrag nicht erfüllen. Und dazwischen zwei Erzieherinnen, die nun die Fäden in den Händen halten. Von der Schließung der Kita-Gruppe betroffen zu sein, ist ein großes Problem. Ungerecht wäre es trotzdem, eine Lösung auf dem Rücken der "Weltentdecker", sowohl der Eltern als auch der Kinder, durchzusetzen. Denn eigentlich sehe ich die Kirche in der Pflicht: Laut einem Schreiben, das dem WOCHENBLATT vorliegt, hat sie durch Umstrukturierungsmaßnahmen mehrere Erzieher vergrault. Es wäre also an ihr, das Problem zu lösen - und z.B. übergangsweise im Rotationsprinzip Erzieher aus anderen Kitas temporär abzuziehen.
Alexandra Bisping
Redakteur:Alexandra Bisping |
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