Untragbare Zustände in Apensen
Wird die Politik zuschauen oder handeln?

 Samtgemeinde-Bürgermeisterin Petra Beckmann-Frelock | Foto: sc
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Wie lange kann der Rat der Samtgemeinde Apensen als Arbeitgeber der Verwaltung die Zustände im Rathaus noch länger billigen und verantworten? Wie lange machen die Bürger das noch mit? Das ist zur Zeit die entscheidende Frage. Laut gestellt wird sie aktuell von der CDU und den Grünen, die für die kommende Ratssitzung am 31. August (19 Uhr im Schulzentrum am Soltacker) gemeinsam als Tagesordnungspunkt die "Aussprache über den Zustand der Verwaltung der Samtgemeinde Apensen und sich daraus ergebene Konsequenzen" angemeldet haben.

Seit Jahren befindet sich die Samtgemeinde in den Negativschlagzeilen. Seit Jahren werden in den Räten zum Teil heftige Vorwürfe erhoben und wieder beschwichtigt. Die Liste der Vorwürfe ist lang und das WOCHENBLATT berichtete mehrfach. Beschlüsse werden von der Samtgemeinde-Bürgermeisterin nicht entscheidungsreif vorbereitet, die Haushaltsabschlüsse seit 2019 liegen immer noch nicht vor und es musste ein externer Dienstleister für die Erstellung beauftragt werden - die Kosten dafür werden übrigens die Steuerzahler tragen. Ansässige Gewerbetreibende - so die CDU und Grünen - bekommen keine Termine im Rathaus und auf die Kitagebührenbescheide warten Eltern bereits seit 2021 - hier droht die Verjährung.
Ein größer Vertrauensbruch war zum, dass die Samtgemeinde-Bürgermeisterin Petra Beckmann-Frelock bei der Einstellung eines Mitarbeiters für das Bauamt im vergangenen Jahr dem Rat nicht nur bewusst verschwieg, dass sie eine Ablösesumme von 20.000 Euro gezahlt hatte, sondern damit auch ihre Kompetenzen weit überschritten hatte. Mehrfach haben einzelne Politiker die Kommunalaufsicht eingeschaltet und mehrfach wurde der Samtgemeinde-Ausschuss zur Besprechung ins Kreishaus nach Stade gebeten. "Das ist in anderen Gemeinden so nicht üblich", gibt Kreisrat Heinze auf Nachfrage des WOCHENBLATT zu. "Apensen ist ein Sonderfall."
Auch der ehemalige Harsefelder Samtgemeindedirektor Rainer Schlichtmann war zweitweise als Mediator in der Samtgemeinde tätig - doch genützt hat alles nichts. Im Gegenteil. Jetzt spitzt sich die Situation noch einmal dramatisch zu: Denn aufgrund der Personalsituation werden - so die CDU und die Grünen, wichtige Verwaltungsgeschäfte nicht mehr erledigt. Wie die Situation im Rathaus genau aussieht, ist nicht bekannt. Die Rathauschefin äußert sich dazu nicht, trotz mehrfacher Aufforderung einiger Politiker und mehrerer Nachfragen vom WOCHENBLATT.
Fakt ist aber, dass seit 2021 nicht nur nahezu alle Mitarbeiter in führenden Positionen das Weite gesucht haben, sondern mittlerweile auch viele Mitarbeiter aus der zweite Reihe gekündigt haben. Laut Pressemeldung der CDU und Grünen liegen die Personalabgänge während der Amtszeit von Beckmann-Frelock im zweistelligen Bereich. Damit, dass jetzt auch noch mit Edgar Rot der Vize-Chef das Rathaus verlässt, bahnt sich eine Katastrophe für die Samtgemeinde Apensen an. 

Es ist die Politik, konkret der Samtgemeinderat, der jetzt handeln muss - darauf weist auch der Erste Kreisrat Thorsten Heinze hin. Viele Apenser schienen zwar darauf zu hoffen, dass der Landkreis eingreife, doch das geschehe erst in letzter Instanz. Wenn gar nichts mehr geht. "Und das ist kein wünschenswerter Zustand", sagt Heinze, gibt aber zu, dass der Landkreis bereits dabei sei, die Lage zu prüfen. Und auch ein Austausch mit dem übergeordnetem Innenministerium in Hannover finde bereits statt. "Als letzte Lösung wird jemand vom Landkreis bestellt, der die Geschäfte der Samtgemeinde leitet. Aber das ist dann keine Demokratie mehr", sagt Heinze.

Die kommende Ratssitzung wird entscheiden, ob die Politik abwarten und zusehen wird, wie sich die Lage in der Samtgemeinde weiterhin verschlimmert, bis wirklich gar nichts mehr geht. Fakt ist: Alleine können die CDU und die Grünen nichts bewirken, für die erforderliche Mehrheit im Rat brauchen sie die Stimmen der SPD. "Es ist Aufgabe des Samtgemeinderates, die Verwaltung zu kontrollieren und sie zur Verantwortung zu ziehen", sagt der Grünen-Fraktionsvorsitzende Peter Löwel  "Wir Grünen erwarten von allen Fraktionen im Rat, dieser Aufgabe nachzukommen." Dem kann der CDU-Fraktionsvorsitzende Rolf Suhr nur zustimmen: "Diese Situation ist aus Politik- und Bürgersicht nicht länger hinnehmbar. Apensen ist eine starke Samtgemeinde, die leider unter Wert verwaltet wird. Deshalb müssen wir jetzt alles in unserer Macht stehende unternehmen, um Apensen wieder auf Kurs zu bringen. Dafür sind wir schließlich gewählt worden.“

Das ist die Pressemitteilung der CDU und Grünen:

Am 31. August tagt erstmalig nach der Sommerpause wieder der Samtgemeinderat Apensen. Für diese Sitzung haben die Fraktionen der CDU und der Grünen gemeinsam den Tagesordnungspunkt „Aussprache über den Zustand der Verwaltung der Samtgemeinde Apensen und sich daraus ergebende Konsequenzen“ zur Debatte angemeldet. Dies geschieht vor dem Hintergrund der unhaltbaren Personalsituation im Apenser Rathaus.
Exodus der Samtgemeindeverwaltung geht unaufhaltsam weiter
Der Verwaltungsexodus gipfelte zuletzt in der Ankündigung von Edgar Rot, seinen Posten räumen zu wollen. Damit verliert die Samtgemeindebürgermeisterin nun inmitten der ohnehin schon massiv angespannten Lage ihren Allgemeinen Stellvertreter. Insgesamt verzeichnet die Spitze der Samtgemeindeverwaltung seit dem Frühjahr 2021 eine zweistellige Anzahl von Personalabgängen. Das ist eine dramatische Entwicklung für unsere Samtgemeinde.
Besonders eklatant ist außerdem, dass mit dem Weggang des Allgemeinen Stellvertreters demnächst zwei von vier Fachbereiche führungslos sein werden. Der Fachbereich „Sicherheit und Ordnung“ ist nämlich bisher von Edgar Rot verantwortet worden, der für gleich drei der sechs untergeordneten Abteilungen persönlich zuständig gewesen ist.
Ordnungsangelegenheiten, der Brand- und Katastrophenschutz sowie die Verantwortung für
Wahlen oblagen bisher Herrn Rot. Für die Samtgemeindebürgermeisterin wird ihr Personalproblem jetzt zum Sicherheitsproblem.
Hinzu kommt der Fachbereich Bauwesen, dessen Leiterin ihr Amt rund anderthalb Jahre nach ihrer Beförderung niedergelegt hat. Ihr Stellvertreter hielt sich sogar nur rund ein halbes Jahr im Amt. Ihn hatte die Samtgemeindebürgermeisterin angeworben und dafür sogar vorsätzlich am Rat vorbei eine unzulässige Ablösezahlung aus der Samtgemeindekasse geleistet. Bauamtsleitung und Stellvertretung sind seither vakant. Dieser Zustand ist untragbar. Kernaufgaben der Verwaltung können nicht mehr wahrgenommen werden. 
Bürgerinnen und Bürger sowie die in der Samtgemeinde ansässigen Gewerbebetriebe müssen bereits seit Jahren massive Einschränkungen und Verzögerungen bei Amtsgängen hinnehmen. So beschränken sich die Sprechzeiten im Rathaus auf enge Zeitfenster und freie Termine sind nur auf Anfrage verfügbar. Auf ihre Kitagebührenbescheide warten Eltern zum Teil noch aus 2021 – hier droht die Verjährung.

Die Personalprobleme der Samtgemeindebürgermeisterin sind nicht zuletzt Grund dafür, dass die Aufarbeitung des Haushaltschaos sich bis heute hinzieht. Haushaltsabschlüsse für die Jahre ab 2019 liegen bis heute nicht vor. Für die Finanzen zuständige Schlüsselpositionen sind weiterhin unbesetzt. Auf Druck der Kommunalaufsicht musste sogar ein Dienstleister beauftragt werden. Die hohen zusätzlichen Kosten trägt der der Steuerzahler. Gerade wenn es um ihr Steuergeld geht, müssen sich Bürgerinnen und Bürger darauf verlassen können, dass die Prozesse stimmig, zügig und nachvollziehbar vonstattengehen.

Verantwortung liegt bei der Samtgemeindebürgermeisterin

Völlig unklar ist, ob und wann sich die vakanten Stellen qualifiziert nachbesetzen lassen. Die in den vergangenen Jahren neu angeworbenen Führungskräfte haben die Verwaltung größtenteils sehr rasch wieder verlassen. Das Arbeitsumfeld im Rathaus gilt als belastend und die Samtgemeindebürgermeisterin stand bereits mehrfach persönlich im Fokus der Kritik von ehemaligen Verwaltungskräften. Das sind keine guten Aussichten für jede potenzielle Bewerberin und jeden potenziellen Bewerber.

Die Fraktionen der CDU und der Grünen erhoffen sich von der Behandlung des für die kommende Samtgemeinderatssitzung angemeldeten Tagesordnungspunkts eine offene Aussprache, die den Ernst der Lage verdeutlicht. Der Samtgemeinderat steht in der Verantwortung, Verwaltungshandlung zu kontrollieren und Konsequenzen zu ziehen. Denn die Bürgerinnen und Bürger fragen zu Recht: Wie kann es sein, dass sich die Lage im Rathaus immer weiter verschlechtert? Was tut die Politik, um die Situation zu verbessern?
Auch der Landkreis erwartet eine Reaktion von den Mitgliedern des Samtgemeinderats. 

Dazu erklärt Rolf Suhr, Vorsitzender der CDU-Fraktion: „Es ist der Bürgermeisterin binnen weniger Jahre gelungen, eine gut funktionierende Verwaltung in Teilen handlungsunfähig zu machen. Grundlegende Verwaltungsaufgaben können gar nicht mehr oder nur mit großen Verzögerungen wahrgenommen werden. Diese Situation ist aus Politik- und Bürgersicht nicht länger hinnehmbar. Apensen ist eine starke Samtgemeinde, die leider unter Wert verwaltet wird. Deshalb müssen wir jetzt alles in unserer Macht stehende unternehmen, um Apensen wieder auf Kurs zu bringen. Dafür sind wir schließlich gewählt worden.“
Dazu erklärt Peter Löwel, Samtgemeinderatsmitglied für die Grünen: „Unsere Verwaltung ist mittlerweile weit über die Grenzen Apensens für die Fluktuation an ihrer Spitze bekannt.
Fachbereichsleitungen sind zum Teil dreimal binnen weniger Jahre durchgetauscht worden – und es ist immer noch keine Besserung in Sicht. Wir sind an einem Punkt angekommen, wo politische Beschlüsse nicht mehr umgesetzt werden und staatliche Kernaufgaben nicht mehr ordnungsgemäß wahrgenommen werden können. Es ist Aufgabe des Samtgemeinderates, die Verwaltung zu kontrollieren und sie zur Verantwortung zu ziehen. Wir Grünen erwarten von allen Fraktionen im Rat, dieser Aufgabe nachzukommen.

Redakteur:

Nicola Dultz aus Buxtehude

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