Polizei
Belastendes Ermittlungsgebiet Kinderpornografie
Kinderpornografie und der mitunter dort dargestellte Missbrauch an den Schwächsten der Gesellschaft sind schockierende Verbrechen, die Bilder nur schwer oder gar nicht zu ertragen. Menschen, die bei ihrer Arbeit täglich damit konfrontiert werden, sind die Beamtinnen und Beamten des Ermittlungsdienstes, Sachgebiet Kinderpornografie, der Polizeiinspektion Harburg. Diese Einheit klärt die abscheulichen Verbrechen auf und unterstützt die Justiz bei deren Ahndung. Dabei verlassen sich die Ermittler nicht nur auf die hierzulande angezeigten oder ermittelten Fälle, sondern sie erhalten auch wichtige Hinweise aus den USA über das National Center for Missing & Exploited Children (NCMEC, zu Deutsch: „Nationales Zentrum für vermisste und ausgebeutete Kinder“).
Im vergangenen Jahr gab es im Bereich der Polizeiinspektion Harburg 157 Fälle von Kinderpornografie (Besitz, Herstellung und Verbreitung). "Das bedeutet einen Anstieg um 82 Prozent im Vergleich zum Vorjahr", berichtet Polizeioberrätin Julia Köhn, Leitung des Zentralen Kriminaldienstes in Buchholz sowie Dienst- und Fachaufsicht für die Fachkommissariate. Die Zahlen bei Kinderpornografie und Kindesmissbrauch seien gestiegen, insbesondere deshalb, weil durch NCMEC-Meldungen eine höhere Anzahl an Straftaten polizeilich bekannt würden. "Es gab vorher eine hohe Dunkelziffer", sagt sie. Das Sachgebiet Kinderpornografie sei einem der Fachkommissariate des Zentralen Kriminaldienstes zugeordnet und aufgrund der Fallzahlen durch zusätzliches Personal verstärkt worden.
Die Beamten des Sachgebietes ermitteln u.a., wenn sich Leute bei Messengerdiensten oder in anderen Foren über entsprechende Straftaten austauschen oder sich verabreden, erklärt Polizeioberkommissar Kranich. "Oder wenn wir belastendes Material, zum Beispiel auf sichergestellten Handys und Laptops finden", ergänzt Julia Köhn. Dabei müssen zum Teil viele Datenträger gesichtet werden.
Spektrum der verfolgten
Straftaten ist ein weites Feld
Das Spektrum der von den Beamten verfolgten Straftaten ist ein weites Feld. Angefangen mit dem sogenannten "Cyber-Grooming", bei dem sich Erwachsene als Teenies ausgeben, um über das Internet sexuelle Kontakte mit Minderjährigen anzubahnen, über echte oder mittels KI erzeugte Kinder-Nacktbilder bis hin zu abgebildetem physischen sexuellen Missbrauch. Dabei müssen die Beamten auch jeweils abwägen, wie schwer das Vergehen zu beurteilen ist. Künstlich erzeugte, aber sehr realistische Bilder seien gleich zu bewerten wie Kinderpornografie, sagt Kranich. Wenn sich Jugendliche unbedarft freizügige Fotos schicken, müsse geklärt werden, ob es sich um Naivität oder schon pädosexuelle Kriminalität handele, so Julia Köhn.
In Deutschland sei man zudem auf die Meldungen von NCMEC angewiesen. Dabei handelt es sich um eine private, gemeinnützige Organisation, die 1984 vom Kongress der USA gegründet wurde. Ging es bei NCMEC zunächst um das Aufspüren von vermissten und entführten Kindern, arbeitet die Organisation inzwischen mit den Anbietern großer Internetforen auch vor dem Hintergrund zusammen, um Fälle von Kinderpornografie und sexuellem Kindesmissbrauch aufzudecken.
Pendant in Europa
scheitert an Datenschutz
"Das NCMEC meldet Auffälligkeiten aufgrund von Hinweisen von Usern, entsprechenden Äußerungen oder hochgeladenen Bildern. Dafür arbeiten sie mit einer fortgeschrittenen Künstlichen Intelligenz", erläutert Kranich, der das Sachgebiet leitet. Über die IP-Adresse erhalte NCMEC Kenntnis, wo sich die Tat abgespielt hat. Meldungen, die Deutschland betreffen, gehen zunächst an das Bundeskriminalamt, von dort ans Landeskriminalamt und schließlich zu den Polizeidienststellen, aus deren Zuständigkeitsbereich der mutmaßliche Täter stammt. Ein entsprechendes Pendant zu NCMEC sei in Europa bisher am Datenschutz gescheitert.
Die psychische Belastung für die Polizeibeamtinnen und -beamten, die mit diesen Fällen zu tun haben, ist verständlicherweise enorm. "Wir haben einen transparenten Umgang, sprechen darüber und geben uns bei Bedarf Freiräume", sagt Kranich. Es gebe auch polizeiinterne Beratungsstellen, wenn es darüber hinaus Gesprächsbedarf gibt.
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