Zahl der Ladendiebstähle steigt auch im Landkreis

Immer mehr Langfinger

Es wird mehr geklaut: Das besagt zumindest eine kürzlich veröffentlichte Studie des EHI Retail Institute, laut dem 2022 im Vergleich zum Vorjahr ein deutlicher Anstieg bei angezeigten Ladendiebstählen zu erkennen ist. Waren es 2021 noch 256.694 Fälle, so wurden im vergangenen Jahr schon 344.669 Strafanzeigen gestellt - das entspricht einer Steigerung von 34,3 Prozent. Die Dunkelziffer ist dabei noch gar nicht inbegriffen. Der Autor der Studie, Frank Horst, untersucht deshalb die sogenannten Inventurdifferenzen, die durch fehlende Waren entstehen, deren Verbleib undokumentiert ist und die demnach höchstwahrscheinlich unbemerkt gestohlen wurden. Im Jahr 2022 lag diese Inventurdifferenz bei 4,6 Milliarden Euro, im Jahr davor waren es 4,1 Milliarden Euro.

Der Grund für den drastischen Anstieg könnte mit den rücklaufenden Zahlen während der Corona-Pandemie zu tun haben. Laut der EHI-Studie sei bei den zur Anzeige gebrachten Diebstählen derzeit etwa das Vor-Pandemie-Niveau von 2019 erreicht worden. Auch die Inflation könnte ein Faktor sein, stiegen doch gerade die Lebensmittelpreise innerhalb des vergangenen Jahres enorm an. Doch führt das tatsächlich dazu, dass mehr Menschen als zuvor zum Langfinger werden? Das WOCHENBLATT hat sich bei Polizei und im Einzelhandel in den Landkreisen Harburg und Stade umgehört.
"Wir können seit November 2022 einen deutlichen Anstieg an Ladendiebstählen erkennen", bestätigt Jan Krüger, Pressesprecher der Polizeiinspektion Harburg. "Es lässt sich ein Trend erkennen, der sich bis in dieses Jahr reinzieht." Mit 573 angezeigten Ladendiebstählen im Jahr 2021 und 839 Fällen im darauffolgenden Jahr ist diese Tendenz eindeutig aufwärtssteigend. Welche Ursache das hat, könne er nicht beantworten, so Jan Krüger. Schon die banalsten Faktoren könnten relevant sein: etwa ein gestiegenes Anzeigenverhalten der Ladenbesitzer oder eine verbesserte Überwachungstechnik.

Waren aller Art werden geklaut

Im Landkreis Stade sei die Zahl der Ladendiebstähle von 2021 mit 575 auf 745 im Jahr 2022 deutlich angestiegen, berichtet Daniel Kraus, Pressesprecher der Polizeiinspektion Stade. Dass es die Diebe dabei auf bestimmte Waren abgesehen haben, sei nicht zu erkennen. "Von Nahrungsmitteln und Kosmetika bis hin zu Kleidung, Elektronik und Spirituosen - es wird alles geklaut", so Kraus. Aus welchen Gründen mehr geklaut wird, darüber könne Daniel Kraus lediglich spekulieren. Dass die Leute weniger Geld zur Verfügung hätten, spiele sicherlich auch eine Rolle.

Für den Einzelhandel ist der Aufwärtstrend beim Diebstahl eine negative Entwicklung. "Es ist schwer, die Anzahl der tatsächlichen Ladendiebstähle objektiv auszuwerten, aber weniger geworden ist es nicht", sagt Sascha Dalinger vom Edeka Dalinger Frischecenter in Meckelfeld. Dabei beobachtete er weniger Lebensmittel-Diebstähle, eher bei Luxusgütern wie den Spirituosen käme es immer wieder dazu, dass Kunden das "Bezahlen vergessen". Aus diesem Grund solle der Alkohol bald hinter Scheiben verschwinden - eine präventive Maßnahme, die angesichts der Fallzahlen allerdings nötig zu sein scheint. "Der Großteil der Kundinnen und Kunden sind ehrlich, aber das eine Prozent, das es nicht ist, das tut weh und das ist ein Problem", so Dalinger. Aus welchen Gründen aktuell wieder mehr geklaut wird, könne er natürlich nur vermuten: "Sicherlich drückt bei einigen der gestiegene Strompreis." Dass das aber kein Grund ist, kriminell zu werden, verstehe sich von selbst.