Kreisbrandmeister zur Wehrausbildung
"Vermitteltes Wissen für Einsatz oft nicht nötig"
"Unzulänglichkeiten in Serie", titelte das WOCHENBLATT, als es kürzlich über die Kritik von Kreisbrandmeister Volker Bellmann auf dem Kreisfeuerwehrtag in Marschacht an der Regierung in Hannover und dem Landesfeuerwehrverband aufgrund gravierender Defizite berichtete. WOCHENBLATT-Redakteur Christoph Ehlermann hakte jetzt bei Bellmann unter anderem nach, welche Reaktionen es von den kritisierten Institutionen auf seinen Rundumschlag gab.
WOCHENBLATT: Herr Bellmann, haben Sie ein Feedback von der Landesregierung und/oder vom Feuerwehrverband auf Ihre Kritik bekommen?
Volker Bellmann: Es gab keine Rückfragen von der Landesregierung bzw. vom Landesverband. Die CDU-Landtagsabgeordneten André Bock und Jan Bauer waren bei der Versammlung immerhin vor Ort.
WOCHENBLATT: Sie beklagten unter anderem Defizite bei den vom Land beschafften Stromaggregaten und Löschfahrzeugen für den Katastrophenschutz. Sind die Aggregate und Fahrzeuge trotz dieser Mängel uneingeschränkt einsetzbar?
Bellmann: Die Aggregate bzw. Fahrzeuge sind noch nicht ausgeliefert. Ich gehe davon aus, das die Fahrzeuge und Geräte einsatzfähig sind. Es wird den Landkreisen so etwas angeboten, ohne zu benennen, worauf man sich einlässt - etwa bei Kostenfragen für Reparaturen, Prüfungen, Einsatzradius oder bei der Bezuschussung für Lkw-Führerschein. Kurzugefasst: Es gibt keine Rahmenbedingungen, auf was man sich einlässt.
WOCHENBLATT: Statt bei Lehrgängen am Niedersächsischen Landesamt für Brand- und Katastrophenschutz (NLBK) in Celle sollen Truppführer künftig verstärkt online oder an ihren Heimatstandorten ausgebildet werden. Wie kommt es zu diesem "Sinneswandel", und welche Nachteile ergeben sich daraus aus Ihrer Sicht für die künftigen Ausbildungen?
Bellmann: Die Truppführerlehrgänge sollen in einer Kombination aus Onlineschulung und Praxisanteil vor Ort, voraussichtlich in der Heimatwehr, erfolgen. Den Nachteil sehen wir darin, dass die Ausbildung nur so gut ist, wie das Wissen in der jeweiligen Ortsfeuerwehr vorhanden ist. Auf diese Weise kommen keine neuen Sichtweisen dazu. Man hat festgestellt, das zum Beispiel die Truppführerausbildung aus 80 Prozent Wiederholung besteht und vielfach Wissen vermittelt wird, das für den Einsatzerfolg nicht erforderlich ist. Meine Meinung: Wenn 80 Prozent Wiederholung ist, muss man diesen Bereich anschauen und anpassen. Würde man die Ausbildung am NLBK zeitgemäßer gestalten und aktuelle Neuerungen einbringen, würde man jede Wochen 40 bis 50 Multiplikatoren in die Fläche entsenden.
WOCHENBLATT: Wie ist es um den Feuerwehrnachwuchs im Landkreis Harburg bestellt? Beim Kreisfeuerwehrtag wurde die Rekordzahl von 335 neuen Feuerwehrleuten verpflichtet. Ist das eine gute Zahl oder müssen in den nächsten Jahren deutlich mehr dazukommen, um den Brandschutz in der Region langfristig zu sichern?
Bellmann: Das ist eine interessante Frage. Zurzeit haben wir einen guten Zulauf, was für die Attraktivität des Feuerwehrdienstes steht. Wir werden in den nächsten Jahren die "Boomer-Jahrgänge“ verlieren, und es bleibt abzuwarten, wie die zukünftigen Generationen das Thema Ehrenamt in ihre Lebensplanung einbinden werden. Eine gute Nachwuchsgewinnung ist eine der wichtigsten Aufgaben der Zukunft, um die Leistungsfähigkeit der Feuerwehren auf dem geforderten Niveau zu halten. Die Aufgaben werden immer mehr, sie werden komplexer und anspruchsvoller. Hierfür braucht die Gesellschaft viele engagierte und motivierte Menschen, die sich dieser wichtigen Aufgabe ehrenamtlich widmen wollen.
WOCHENBLATT: Herr Bellmann, vielen Dank für das Gespräch.
Redakteur:Christoph Ehlermann aus Salzhausen |
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