Interview der Woche
ADAC-Experte Christian Hieff über Reisewelle und Baustellen-Labyrinth auf Autobahnen
(ce). "Wenn Hamburgs Süden verkehrstechnisch so untergeht, weil gleichzeitig an so vielen Stellen gearbeitet wird und der Autofahrer gar keine Chance hat, dem Chaos zu entkommen, dann muss die Zusammenarbeit der Behörden verbessert werden." Deutliche Worte findet Christian Hieff (49), Pressesprecher des ADAC Hansa in Hamburg, zur Effektivität der Verkehrskoordinatoren, die die Zusammenarbeit zwischen der Hansestadt und dem Umland eigentlich verbessern sollen. Im "Interview der Woche" sprach WOCHENBLATT-Redakteur Christoph Ehlermann mit Hieff anlässlich der jetzt gestarteten Ferienreisewelle auch über die Auswirkungen des Corona-Lockdowns auf das Verkehrsaufkommen und über die Erfahrungen des ADAC mit der Einhaltung der Rettungsgasse auf Autobahnen.
WOCHENBLATT: Herr Hieff, vielen Autofahrern kommt es so vor, dass ausgerechnet zur Ferienzeit verstärkt Baustellen aus dem Boden schießen, die zu kilometerlangen Staus führen. Täuscht der Eindruck?
Christian Hieff: Der Eindruck trügt nicht. Viele Baustellen werden zur Ferienzeit eingerichtet, weil dann die Pendlerströme abnehmen. Man nimmt lieber in Kauf, dass an wenigen Wochenenden es zur mehr Verkehrsbehinderungen kommt, als dass die Pendler nach dem Urlaub über Wochen jeden Morgen im Stau stehen. Zudem können viele Maßnahmen nur bei guter Witterung - sprich: in den Sommermonaten - ausgeführt werden.
WOCHENBLATT: Welche Tipps können Sie für einen relaxten motorisierten Start in den Urlaub geben?
Hieff: Wenn es möglich ist, sollte man antizyklisch fahren, nämlich dann, wenn die anderen es nicht tun. Also zum Beispiel Freitag abends spät starten oder am Samstag sehr früh, wenn die Autobahnen noch leer sind. Wichtig ist, dass man in seinem Zeitplan genügend Puffer einberechnet, damit man bei einem Stau nicht noch unter Zeitdruck gerät, weil man Angst bekommt, die Fähre zu verpassen oder die Schlüsselübergabe mit dem Vermieter der Ferienwohnung zu scheitern droht.
WOCHENBLATT: Und bei Reisen mit der Bahn oder längeren Fährfahrten?
Hieff: An Bord sollte man immer genügend Getränke und kleine Snacks dabeihaben, damit man nicht unter Hunger und Durst leidet, wenn es wieder einmal länger dauert. Für die Kleinen an Bord sind Spiele, Lektüre oder Hörbücher ganz gut, damit die Stimmung nicht so schnell in den Keller geht.
WOCHENBLATT: Welches Verhalten sollte man unbedingt vermeiden, wenn man auf der Autobahn mitten in einem langen Stau steckt?
Hieff: Man sollte sich gut überlegen, ob man von der Autobahn abfährt und es weiter über die Landstraßen probiert. Meist sind auch die verstopft, und die Reisedauer verlängert sich. Ständiger Spurwechsel im Stau bringt fast nichts, nervt aber die anderen.
WOCHENBLATT: Welche Erfahrungen hat der ADAC mit der Einhaltung der Rettungsgasse gemacht?
Hieff: Seit mehreren Jahren wird durch die Behörden, Medien und natürlich durch den ADAC selbst verstärkt auf das Problem hingewiesen. Auch wenn es noch nicht immer an allen Orten klappt, so glaube ich schon, dass die Öffentlichkeitsarbeit bereits Früchte trägt. So haben zum Beispiel die Rettungskräfte in den Hochwassergebieten die Autofahrer für ihre Rücksicht gelobt.
WOCHENBLATT: Inwieweit haben sich die Corona-Lockdowns auf das Verkehrsaufkommen ausgewirkt?
Hieff: Anhand der Staubilanz 2020 kann man den Einfluss des Lockdowns erkennen. Während es beispielsweise im März bundesweit noch Staus auf einer Gesamtlänge von gut 40.200 Kilometern gab, ging die Zahl im April rapide auf "nur" knapp 12.000 Kilometer zurück. Im Mai ging es langsam wieder herauf auf rund 29.600 Kilometer. Einen so starken Verkehrsrückgang wie beim ersten Lockdown gab es seitdem nicht wieder.
WOCHENBLATT: Reisen Sie im Urlaub lieber per Auto oder Schiff?
Hieff: Ich verreise gerne mit dem Auto. Man bemerkt mit dem wachsenden Abstand zur Heimat, wie sich die Landschaft langsam verändert.
WOCHENBLATT: Herr Hieff, vielen Dank für das Gespräch.
Redakteur:Christoph Ehlermann aus Salzhausen |
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