Dankbar für die kleinen Dinge: Physiotherapeutin Gretje Olszewski hilft Querschnittgelähmten
kb. Buchholz. Ein Alptraum: Man wacht nach einem Unfall im Krankenhaus auf und kann sich nicht bewegen. Diagnose: Querschnittlähmung. Für die meisten Menschen ein Schock, der sie mitten aus dem Leben reißt.
Gretje Olszewski (31) aus Buchholz begegnet den Betroffenen genau in dieser Phase. Als Physiotherapeutin am Querschnittgelähmtenzentrum des Unfallkrankenhauses Boberg in Hamburg-Bergedorf betreut sie Menschen, die z.B. nach Sport-, Motorrad- oder Arbeitsunfällen gelähmt sind. "Auf der Intensivstation machen wir z.B: Atemtherapie und halten die Gelenke beweglich", erzählt Gretje Olszewski. Später ginge es vor allem darum, den Patienten dabei zu helfen, ihre Selbstständigkeit wieder zu erlangen. "Wir üben z.B. das Umsetzen vom Rollstuhl auf den Boden, damit die Patienten mit ihren Kindern spielen können", erzählt die Physiotherapeutin.
Bei ihrer Arbeit ist nicht nur fachliche Kompetenz, sondern auch psychologisches Fingerspitzengefühl gefragt - besonders bei der Frage "Werde ich wieder laufen können?", die die Patienten immer wieder stellen. "Da ist wirklich Feingefühl nötig", so Gretje Olszewski. Man könne zu keinem Zeitpunkt sagen, dass eine bestimmte Körperfunktion nie mehr zurückkommt, aber man könne im Gegenzug genauso wenig sagen, dass es passiert. "Ich versuche den Patienten klarzumachen, dass wir uns darauf konzentrieren müssen, was jetzt ist und dass sie lernen müssen, damit zu arbeiten", sagt die Physiotherapeutin.
Gretje Olszewski und ihre Kollegen betreuen ihre Patienten oft über einen langen Zeitraum, arbeiten eng mit ihnen zusammen. "Es ist spannend zu erfahren, welche Geschichte hinter den jeweiligen Menschen steckt und zu sehen, wie sie sich entwickeln", erzählt sie. Sie habe durch ihre Arbeit gelernt, dankbar auch für die kleinen Dinge zu sein. "Man sieht einfach, wie schnell alles vorbei sein kann", so die junge Frau.
Wer aber denkt, dass auf den Fluren des Querschnittgelähmtenzentrums nur Trübsal geblasen wird, liegt falsch. "Wir lachen wirklich viel, sind ein junges, motiviertes Team", erzählt Gretje Olszewski. Auch wenn ihre Arbeit oft nicht einfach ist, persönliche Erfolgserlebnisse spornen sie zusätzlich an. "Ich hatte einen jungen Patienten, der nach einem Genickbruch die Klinik wieder als Fußgänger verlassen hat. Das ist ein tolles Gefühl", so die Physiotherapeutin.
Besonders schön sind für sie und ihre Kollegen die Begegnungen mit längst entlassenen Patienten, die regelmäßig zu Checks in die Klinik kommen. "Es ist großartig zu sehen, wie gut die Betroffenen aussehen und dass sie sich fürs Leben entschieden haben", sagt Gretje Olszewski.
Ihre Devise lautet: Mitfühlen, aber nicht mitleiden. "So sehr mich die einzelnen Schicksale auch interessieren, ich nehme sie nicht mit nach Hause", erzählt die Buchholzerin, die trotz ihrer anspruchsvollen Arbeit auch immer wieder mit Vorurteilen zu kämpfen hat: "Wenn ich sage, dass ich Physiotherapeutin bin, bin ich für viele einfach nur ein 'Massiermäuschen'." Ihre Patienten wissen es besser.
Redakteur:Katja Bendig aus Seevetal |
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