Niemand braucht sie mehr
Die letzten Telefonzellen verschwinden in Buchholz
Man muss schon mindestens Ü40 sein, um sich noch wirklich an sie erinnern zu können: die kleinen, engen Telefonzellen an den Straßenecken. Es war die Zeit vor dem Handy. Die Telefonzellen zu betreten war manchmal eine Überwindung, nicht selten vermischten sich dort die unglaublichsten Gerüche. Im Sommer verbreitete der kaum mehr als einen Quadratmeter große Glaskasten eher das Gefühl eines Gewächshauses mit Temperaturen jenseits der 30 Grad. Wer eine freie Telefonzelle fand, wühlte in den Taschen nach den obligatorischen Groschen, es war immer gut, einige davon in der Manteltasche zu bunkern. Und wer dann nicht die Telefonnummer des gewünschten Gesprächspartners parat hatte, musste hoffen, dass die entsprechende Seite im dicken Telefonbuch nicht herausgerissen war. Und dann: 'Fasse Dich kurz'. Denn nicht selten sah man schon den nächsten Gesprächswilligen draußen ungeduldig warten, ab und zu klopfte es sogar an die Scheiben. Und noch ein paar Jahre weiter in die Vergangenheit muss man schauen, um sich daran zu erinnern, dass man sogar in den Telefonzellen angerufen werden kann - eine Zeit, in der noch längst nicht alle Haushalte einen eigenen Telefonanschluss hatten.
Telefonkarten waren Sammelobjekte
Und dann kam die Revolution in der Telefonzelle: Die Telefonkarten. 1983 gab es erste Versuche, 1986 wurden sie eingeführt, das lästige Groschen-Suchen hatte ein Ende. Und die bunt bedruckten Telefonkarten wurden schnell zu begehrten Sammelobjekten. Aber auch die sind mittlerweile Geschichte, sie können nicht mehr verwendet werden und seit 1.1.2020 auch nicht mehr zurück getauscht werden, sie sind schlicht verjährt.
Eine kurze Renaissance einzelner gelber Telefonzellen gab es in manchen Dörfern, als dort winzige Bibliotheken oder Büchertauschecke eingerichtet wurden.
Nun aber ist in Buchholz entgültig Schluss damit. Gelbe Telefonzellen sind es ohnehin nicht mehr, nur noch Telefonsäulen. Die wenigen, die noch in Buchholz stehen, sind nicht mehr funktionstüchtig und werden nun nach und nach abgebaut. In den nächsten Tagen - zwischen dem 20. November und 6. Dezember - werden wieder drei Exemplare abgebaut: An der Adolfstraße 16 (beim Treffpunkt), Poststraße 6 (Fußgängerzone) und Rathausplatz 3 (am Rathaus). Während der Arbeiten werden die Gehwege leicht eingeengt sein.
Somit endet eine 143 Jahre dauernde Ära, die zwei Jahrhundertwechsel und zwei Weltkriege überstanden hat: Der erste öffentliche Fernsprecher ging am 12. Januar 1881 als Fernsprechkiosk in Berlin in Betrieb.
Redakteur:Stefanie Hansen aus Tostedt |
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