Schülerräte in Niedersachsen üben Kritik
Diebe sorgen für Abbruch bei Abiprüfung

Die Politik-Abitur-Prüfungen in ganz Niedersachsen mussten kurzzeitig abgebrochen werden | Foto: Adobe Stock / Moritz Wussow
  • Die Politik-Abitur-Prüfungen in ganz Niedersachsen mussten kurzzeitig abgebrochen werden
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Einbrecher sorgten für große Aufregung bei niedersächsischen Abiturienten: In der Nacht zu Donnerstag stiegen die unbekannten Täter in das Goslarer Christian-von-Dohm-Gymnasium ein und brachen den ordnungsgemäß verschlossenen Tresor der Schule auf: Darin enthalten die Abiturprüfung des Fachs Politik/Wirtschaft. Den kompletten Inhalt leerten die Unbekannten auf dem Hof der Schule aus. "Es ist sehr wahrscheinlich, dass es die Täter gar nicht auf die Prüfungen abgesehen hatten", erklärte Ulrich Schubert, stellvertretender Pressesprecher des niedersächsischen Kultusministeriums gegenüber dem WOCHENBLATT. Schließlich habe es jüngst in der Region bereits eine Reihe von Einbrüchen in Schule, Kitas und ähnliche Institutionen gegeben.

Dennoch, so betont er, hätten die Prüfungen frei zugänglich für jeden auf dem Schulhof gelegen. Das Kultusministerium habe noch in der Nacht reagiert und die niedersächsischen Schulen informiert. Sie wurden angewiesen, die Prüfungen nicht herauszugeben bzw. falls dies schon geschehen war, diese wieder einzusammeln und die Schülerinnen und Schüler zu informieren.
Im Anschluss, gegen 7.30 Uhr am Donnerstagmorgen, seien dann die Ersatzprüfungsaufgaben, die eigentlich für den Nachholtermin gedacht waren, für die Prüfungen herausgegeben. Die Prüfungen sind auf dem gleichen Niveau.
Wie Ulrich Schubert erklärt, sei den Schulen freigestellt gewesen, die Prüfungen, mit kurzer Verzögerung, nach regulärem Plan am Donnerstag schreiben zu lassen oder die Abiturprüfung auf einen vom Kultusministerium festgelegten Ausweichtermin, am 8. Mai, zu verlegen.

Alles korrekt abgelaufen
Wie Pressesprecher Ulrich Schubert betont, sei die Schule ordnungsgemäß vorgegangen. "Für einen solchen Vorfall kann niemand etwas." Auch das Krisenmanagement des Ministeriums habe hervorragend gearbeitet. Für die Schülerinnen und Schüler sei die zusätzliche Aufregung natürlich unschön.
Nach WOCHENBLATT-Recherche hat es in der Vergangenheit bereits einen ähnlichen Fall gegeben, in dem ein Einbruch für Chaos bei den Abitur-Prüfungen sorgte.

Das sagen die Stadt- und Kreisschülerräte in Niedersachsen

Schülerinnen und Schüler aus ganz Niedersachsen mussten ihre schriftliche Abiturklausur im Fach Politik-Wirtschaft abbrechen. Nun warten sie auf weitere Infos vom Kultusministerium. Ein Einbruch in das Goslarer Christian-von-Dohm-Gymnasium führte dazu, dass das Kultusministerium die schriftliche Abiturprüfung im Fach Politik-Wirtschaft zurückzog und die neuen Aufgaben mit zeitlicher Verschiebung herausgab. Alternativ bieten sie einen Ersatztermin an. Nun fordern die SSRs und KSRs in Niedersachsen ein Statement des Kultusministeriums bezüglich eines Nachteilsausgleichs und der Frage: Wieso dauerte die Organisation der Ersatzklausuren so lange? Genauso sind die Schulen in dem Fall in der Verantwortung, eine gute Kommunikation zu den Schülerinnen und Schülern zu halten, und auch eine technische Ausstattung zu haben, die der Möglichkeit eines schnellen Abiturdownloads gerecht wird.

Mit mehr als 90 Minuten Wartezeit erhöht sich der Stressfaktor immens. Schülerinnen und Schüler sind massiv unter Druck gesetzt, die Abiturklausuren erneut zu schreiben und eventuell die Vorbereitungszeit, die darin investiert wurde, zu wiederholen. Teilweise sind unseren Informationen zufolge Schülerinnen und Schüler in die Abiturklausuren gestartet, bevor die Nachricht des Kultusministeriums die Schulen erreicht hat. Dabei fragen wir uns, wie den Schülerinnen und Schüler zugemutet werden kann, den Stress der Abiturklausuren wiederholen zu müssen. Zudem ist in dem Zuge die Krisenkommunikation des Kultusministeriums schwach und nur verspätet passiert. Entsprechend entsteht auch bei vielen Schülerinnen und Schüler die Frage, ob diese Ungerechtigkeit dadurch aufgekommen ist, dass die Abiturprüfungen an verschiedenen Schulen zu verschiedenen Zeiten beginnen.
Wir fordern ein zeitlich einheitlicher Beginn der Abiturprüfungen, ein Statement des Kultusministeriums und die zukünftige Verbesserung der Kommunikation und eine enge Kommunikation mit den Schülervertretungen, um einen angemessenen Ausgleich schaffen zu können. 

CDU kritisiert Krisenmanagement

Zum Abbruch der Abitur-Prüfungen in Niederachsen äußert sich der bildungspolitische Sprecher der CDU-Landtagsfraktion Christan Fühner wie folgt: „Das Kultusministerium hat heute gezeigt, dass es nicht in der Lage ist, kurzfristig auf Krisensituationen wie diese zu reagieren. Wenn Schülerinnen und Schülern erst innerhalb von Stunden neue Aufgaben vorgelegt werden und sie dann auch noch selbst entscheiden sollen, wie sie mit der Situation umgehen, zeugt das von einem äußerst schlechten Krisenmanagement des Ministeriums. Insbesondere die Schülerinnen und Schüler in Niedersachsen – die ohnehin in der Abiturprüfungsphase enormen Stress ausgesetzt sind – sind heute die Leidtragenden.“

Das sagt die Kultusministerin

„Es ist sehr ärgerlich und für die Abiturientinnen und Abiturienten und die Schulen eine unnötige zusätzliche Stresssituation, dass die Abi-Prüfung im Fach Politik-Wirtschaft durch einen Einbruch am sehr frühen Donnerstagmorgen vor der Prüfung dazu geführt hat, dass neue Aufgaben zur Verfügung gestellt werden mussten", erklärte Niedersachsens Kultusministerin Julia Willie Hamburg (Grüne). Die Phase der Abi-Prüfungen sei ohnehin schon sehr belastend. "Insofern fühle ich mit den Abiturientinnen und Abiturienten", sagte die Ministerin.
Die ursächliche kriminelle Tat von Unbekannten, die nach derzeitigem Kenntnisstand nicht mit den Abi-Prüfungen im Zusammenhang stand, sei auch für sie und die Schulen nicht vorhersehbar gewesen. Dennoch bereite man sich auf verschiedene Szenarien vor. "Mit einem immer wieder angepassten und erprobten Notfallszenario konnten wir deshalb dennoch relativ schnell sicherstellen, dass die Prüfungen – wenn auch mit verspätetem Start – am vorgesehenen Prüfungstag geschrieben werden konnten", betonte Willie Hamburg. "Zudem haben wir entschieden, dass Schülerinnen und Schülern die Option eingeräumt wird, einen Nachschreibtermin zu wählen, sofern sie sich aufgrund des Zeitverzugs und einer Belastung durch die Unwägbarkeit der Situation nicht zum Schreiben der Prüfung in der Lage gesehen haben."
Sie bedanke sich ausdrücklich bei den Schulleitungen und Lehrkräften, den Mitarbeiterinnen und Mitarbeitern im Kultusministerium und den nachgeordneten Behörden für den hohen Einsatz in dieser unvorhergesehenen Lage sowie den Schülerinnen und Schülern für die Nachsicht in dieser Situation. "Sicher ist die Bewältigung der besonderen Lage am Morgen in den Schulen unterschiedlich gelaufen und wir nehmen die eingehenden Hinweise und eingehende Kritik sehr ernst", sagte die Kultunsministerin.
Unter dem Strich könne sie festhalten, dass zum großen Teil schnell, konsequent und umgehend agiert und eine Lösung der Situation vorgenommen wurde. Willie Hamburg: "Wir schauen uns nun ungeklärte Situationen an und werden sie schnellstmöglich klären. Das gilt auch für die Abläufe insgesamt. Wir werden anhand dieses Fallbeispiels prüfen, inwiefern wir noch besser werden können oder Handlungsbedarfe identifizieren.“

Redakteur:

Pauline Meyer aus Neu Wulmstorf

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