Er ist die Stimme des ESC
Musikexperte Peter Urban über den Eurovision Song Contest und musikalische Beziehungen zur Region

Beim NDR und ESC seit vielen Jahren am Mikrofon: Pop- und Rockexperte Peter Urban | Foto: Benjamin Hüllenkremer
  • Beim NDR und ESC seit vielen Jahren am Mikrofon: Pop- und Rockexperte Peter Urban
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(ce). Wer als Pop- und Rockfan regelmäßig den Eurovision Song Contest (ESC) im TV verfolgt, kennt seine Stimme: Peter Urban. Der NDR-Moderator, Journalist und Musiker stand beim ESC zwar noch nie selbst auf der Bühne, kommentiert aber seit 25 Jahren mit seinem unverwechselbaren Mix aus Expertenwissen, Humor und Ironie den Wettstreit für die deutschen Zuschauer. Kurz vor dem diesjährigen Contest im Mai im italienischen Turin sprach Urban im "Interview der Woche" mit WOCHENBLATT-Redakteur Christoph Ehlermann über den Reiz des Events und über seine musikalischen Verbindungen in die Landkreise Harburg und Stade.
WOCHENBLATT: Herr Urban, seit 25 Jahren kommentieren Sie den Eurovision Song Contest. Glückwunsch zum Jubiläum! Wie kamen Sie zu dem Job? Was macht die Faszination des ESC aus?
Peter Urban: Ich bin damals dazu gekommen wie die Jungfrau zum Kind. Die Sendungen, die ich im Radio mache, sind eigentlich von anderer Musik geprägt. Als der NDR Mitte der 90er Jahre vom MDR die Verantwortung für die Show übernahm, sprach der Verantwortliche beim NDR, Jürgen Meier-Beer, mich an. Mit ihm hatte ich schon gearbeitet und große Rockereignisse fürs Fernsehen kommentiert, etwa Live Aid und das Konzert für Nelson Mandela. Als er mich fragte, ob ich den ESC kommentieren möchte, dachte ich erst: Der spinnt. Und dann überlegte ich, vielleicht ist es doch ganz interessant?! Es ist ja eine Art Europameisterschaft der Musiker und Sänger. Früher wollte ich mal Sportreporter werden, was nicht geklappt hat. Mit dem ESC konnte ich nun doch einen Wettbewerb kommentieren, der auch noch jedes Jahr in einer anderen europäischen Metropole stattfindet.
WOCHENBLATT: Welche Chancen geben Sie dem deutschen Teilnehmer Malik Harris mit seinem Song "Rockstars" beim ESC in Turin?
Urban: Ich glaube, Malik wird eine gute Figur abgeben, er hat eine sympathische Ausstrahlung und wird cool seinen Song singen. Ich bin kein Hellseher, aber in diesem Jahr ist der britische Titel mein Favorit: Sam Ryder mit "Space Man“, ein Spitzensong, der an Elton John, Freddie Mercury und David Bowie erinnert.
WOCHENBLATT: Mit Ihren Kommentaren nehmen Sie die auftretenden Künstler und deren (Nicht-)Talent oft kritisch-ironisch aufs Korn. Sind der ESC und der damit verbundene Aufwand noch zeitgemäß?
Urban: Es ist erstens eine Unterhaltungsshow, und zwar die größte in der Welt, allein von den Zuschauerzahlen her. Und zweitens ist diese Show auch von der Fernseh- und Bühnentechnik her absolut State of the Art. Immer wieder werden dort technische Neuerungen ausprobiert und eingeführt, beispielsweise ein mit Videos bespielbarer Bühnenboden und viele andere Tricks. Diese Sachen würden gar nicht entwickelt ohne den ESC. Der Contest ist moderner, musikalisch interessanter, vielfältiger, professioneller geworden. Unter den ersten zwölf des letzten Jahres waren kaum Mainstream-Titel, sondern eigenständige spannende Songs aus verschiedensten Genres: Hard Rock, Chanson, Soul, Avant-garde Pop, Ethno-Dance etc. Auch das Publikum ist breiter gefächert und jünger geworden, der ESC hat die sozialen Medien geschickt genutzt.
WOCHENBLATT: Sie sind jetzt 73. Haben Sie sich ein Limit gesetzt, wie lange Sie "die Stimme" des ESC und am NDR-Mikrofon bleiben wollen?
Urban: Wenn ich darf, noch länger, Präsidenten oder Päpste sind oft älter. In diesem Jahr sind es 25 Jahre, im nächsten wäre es mein 25. ESC (einmal musste Urban krankheitsbedingt pausieren, d. Red.), den würde ich gerne mitnehmen.
WOCHENBLATT: Mit der Gruppe "CaroLISA" traten Sie unter anderem im Tournee-Vorprogramm der Scorpions auf. Zu "CaroLISA" gehörte auch die im Landkreis Harburg lebende Caro Mizerski. Haben Sie weitere Verbindungen in diese Region?
Urban: Das letzte Album meiner Band "Bad News Reunion" habe ich auch bei Detlev Wiedeke in seinem wunderbaren Vintage Music Studio in Behrste im Kreis Stade aufgenommen, auf seiner schönen alten Hammond-Orgel. Vor einiger Zeit habe ich in meiner NDR-2-Sendung "Die Peter-Urban-Show" am Donnerstagabend Musik vom hervorragenden neuen Album von Thomstudio vorgestellt, der Gruppe von Thomas Pröfener aus Drochtersen.
WOCHENBLATT: Beim NDR sind Sie seit 1974 als Musikredakteur und Moderator im Einsatz und haben unzählige Künstler interviewt. Wer hat Sie am meisten beeindruckt? Von welcher Begegnung waren Sie enttäuscht?
Urban: Höchst beeindruckend waren die Begegnungen mit Harry Belafonte, Joni Mitchell, Keith Richards, Rod Stewart, David Bowie oder Bonnie Raitt. Pete Townshend von The Who wirkte etwas arrogant, aber vielleicht hatte er einen schlechten Tag.
WOCHENBLATT: Sie haben an der Universität Hamburg promoviert mit der Arbeit "Rollende Worte - Die Poesie des Rock". Worin liegt die Poesie der Rockmusik?
Urban: Na ja, darüber habe ich ein ganzes Buch geschrieben. Rock- und Popmusik basiert auf Folk, Balladen, Blues, Jazzsongs, Populärmusik der Vergangenheit, die Geschichten erzählt hat. Und das macht gute Rockmusik auch, singt von Sorgen, Schmerz, Spaß, Liebe und Leiden – mal direkt und einfach, aber oft auch in poetischer bildreicher Sprache wie bei Bob Dylan, Joni Mitchell, Paul Simon, Stevie Wonder, Bruce Springsteen und vielen anderen.
WOCHENBLATT: Herr Urban, vielen Dank für das Gespräch.

Redakteur:

Christoph Ehlermann aus Salzhausen

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