In Buchholz wurde über die Kapitulation der Hansestadt verhandelt
Schmuggelbrief rettete Hamburg
os. Buchholz. "Im Falle einer Verweigerung dieses Angebots haben wir keine Wahl, als Hamburg mit allen uns zur Verfügung stehenden Streitkräften anzugreifen." Dieser Satz steht am Ende eines Briefes, den der britische Generalmajor Lewis Owen Lyne mit Datum vom 29. April 1945 an den Kampfkommandanten von Hamburg, Generalmajor Alwin Wolz, sandte*. Lynes Drohung zeigte Wirkung: Am 3. Mai 1945 unterzeichnete Hamburg die Kapitulation der Hansestadt - und verhinderte damit noch deutlich mehr Todesopfer, als es zuvor bereits gegeben hatte.
Die Verhandlungen zur Kapitulation fanden am 29. und 30. April im heutigen Hotel Hoheluft in Buchholz-Meilsen statt. Ursprünglich sollten dort Albert Schäfer, Generaldirektor der Harburger Phoenix-Werke, Leutnant Otto von Laun und Stabsarzt Dr. Hermann Burchard die englische Heeresleitung darum bitten, ein in den Phoenix-Werken untergebrachtes Krankenhaus nicht mehr zu bombardieren. In den Gesprächen mit dem perfekt Deutsch sprechenden britischen Offizier Thomas Martin Lindsay wurde jedoch deutlich, dass es den Briten ausschließlich um die Kapitulation Hamburgs ging. Den erwähnten Brief des Generals Lyne schmuggelte Schäfer in seinem Schuh durch die deutschen Kampflinien - unter Beschuss der eigenen Soldaten.
Lyne verdeutlichte in seinem Schreiben, was geschähe, wenn Wolz den Forderungen nicht folgt. U.a. schreibt er wörtlich: "Die Bevölkerung von Hamburg kann ihren ersten Großangriff von über 1.000 schweren Bomberflugzeugen nicht leicht vergessen haben. Wir verfügen jetzt über einen fünf- bis zehnmal stärkeren Bomberverband, der von nahen Flugplätzen her anfliegt (u.a. in Wenzendorf und Scheeßel, d. Red.). Nach dem Krieg will das deutsche Volk leben und muss ernährt werden. Je mehr Hafenanlagen von Hamburg beschädigt sind, umso leichter sind die Möglichkeiten für eine Hungersnot in Deutschland vervielfältigt."
Der Tisch, an dem die Kapitulationsverhandlungen stattfanden, steht noch heute im Hotel Hoheluft. "Damals fanden die Verhandlungen allerdings im ersten Stock statt", berichtet Axel Heitmann, Inhaber des Hotels. Die Verhandlungsführer beider Seiten übernachteten auch im Hotel. Wegen der Coronakrise wird es in diesem Jahr kein Gedenken vor Ort geben: Wie alle Hotels ist auch Hoheluft derzeit - bis auf vereinzelte Geschäftsgäste - geschlossen.
* Eine Kopie des Briefes stellte der langjährige ehemalige Ortsbürgermeister von Buchholz-Steinbeck, Kurt Hölzer, dem WOCHENBLATT zur Verfügung
Redakteur:Oliver Sander aus Buchholz | |
Webseite von Oliver Sander | |
Oliver Sander auf Facebook | |
Oliver Sander auf YouTube |
Kommentare
Sie möchten kommentieren?
Sie möchten zur Diskussion beitragen? Melden Sie sich an, um Kommentare zu verfassen.