Neue Perspektiven eröffnen
Schüler lernen in einem Präventionsprojekt, Konflikte ohne Gewalt zu lösen
Seit drei Jahren führen die Berufsbildenden Schulen Winsen (BBS) in Kooperation mit dem Hamburger Verein „Gefangene helfen Jugendlichen e.V.“ das Gewaltpräventions-Projekt „Eiskalt gegen Gewalt“ durch. Ziel des Projekts ist es, Jugendliche aus schwierigen Verhältnissen, die an der BBS zur Schule gehen, Wege zur Konfliktbewältigung ohne Gewalt aufzuzeigen und mit ihnen neue Perspektiven zu erarbeiten. Einmal pro Woche kommt hierfür der ausgebildete Antigewalt-Trainer Teyfik Sahin für eine Doppelstunde in die Schule. Das Besondere an diesem Trainer: Er selbst ist ein ehemaliger Inhaftierter. Sahin- ist ausgebildeter Antigewalt- und Deeskalationstrainer und seit sechs Jahren als Projektkoordinator im Verein „Gefangene helfen Jugendlichen“ tätig.
Die Sparkasse Harburg-Buxtehude unterstützt das Gewaltpräventions-Projekt, das der Landkreis Harburg für eine Förderung an die Sparkasse herangetragen hatte, mit 2.500 Euro. Silke Heitmann, Leiterin des Sparkassen-Beratungscenters Winsen, und Dr. Alexander Stark vom Landkreis Harburg besuchten das Projekt und machten sich ein Bild von der wertvollen Arbeit.
Trainiert wird in der Turnhalle der BBS Winsen unter der Leitung von Teyfik Sahin Techniken des pädagogischen Boxens. Der 44-Jährige betreut das Gewaltpräventions-Projekt an der BBS.
Das pädagogische Boxen ist nur ein Teil des Projekts, das bis zu einem Jahr läuft. Neben der sportlichen Betätigung, die vor allem vermittelt, Regeln einzuhalten und Respekt dem anderen gegenüber zu entwickeln, sind Gesprächskreise und Präventionsunterricht Bestandteile des Konzepts. „Die Jugendlichen müssen lernen, miteinander zu sprechen und Konflikte ohne Gewalt zu lösen. Sie müssen lernen, Vertrauen zu anderen aufzubauen und das Gegenüber zu akzeptieren, wie es ist“, erklärt Teyfik Sahin. Um den Jugendlichen das glaubhaft zu vermitteln, helfe ihm seine Vergangenheit als Häftling sehr. „Ich kann mich gut in die Jugendlichen mit ihren Problemen versetzen. Deshalb bauen viele zu mir schneller Vertrauen auf, weil sie genau spüren, dass ich sie verstehe“, erklärt Sahin.
Jaaro (17), Johannes und Kay (beide 15), drei Schüler aus der Projektgruppe, berichten von ihren positiven Erlebnissen. „Teyfik ist gut drauf, wir sprechen eine Sprache“, sagt Jaaro. „Das Training mit ihm motiviert und er bringt uns Teamgeist bei“, findet Johannes. Und Kay kann sich vorstellen, in einen Verein zu gehen und dort zu boxen. „Die Technik und Taktik finde ich gut, das könnte ich mir auch gut als Sport vorstellen.“
Für Juliane Baumann, Schulsozialpädagogin an der BBS Winsen, ist das Projekt ein wichtiger Teil der Sozialarbeit an der Schule. „Wenn die Jugendlichen ins Projekt kommen, kennen sie oftmals keinen anderen Weg als Gewalt, um ihre Aggressionen und ihren Frust abzubauen. Im Laufe des Projekts spürt man aber, dass sie offen werden für neue Methoden der Konfliktbewältigung, dass sich über das regelmäßige Training in der vertrauten Gruppe ein homogenes Team bildet und dass sie lernen, miteinander über Probleme zu reden.“ Für dieses „Coaching“ bliebe im normalen Schulalltag keine Zeit. Hinzu komme, dass unter den Teilnehmern auch Schulverweigerer seien, die man in der Schule nur schlecht erreichte.
Volkert Rühe, Geschäftsführer des Vereins "Gefangene helfen Jugendlichen" in Hamburg, beschreibt die Ziele und Arbeit des Vereins: „'Gefangene helfen Jugendlichen' hat einen einzigartigen Lösungsansatz. Ehemalige Häftlinge und einsitzende Straftäter vermitteln Jugendlichen die Folgen von Straftaten und Gewalt. Wir intervenieren auf einer anderen Ebene als klassische gewalt- und kriminalpräventive Projekte ohne (ehemalige) Strafgefangene. Unsere Zielgruppe erreichen wir auf eine besondere Weise und machen so wirksame Kriminal- und Gewaltprävention. Wir konfrontieren sie. Wir sensibilisieren sie.“
Unter dem Motto „Konfrontieren – Diskutieren – Informieren - Sensibilisieren“ bietet der Verein eine breite Palette von Projekten an. Neben „Eiskalt gegen Gewalt“ unter anderem JVA-Besuche, Schulpräventionsunterricht, Suchtprävention, Cybermobbing oder Deeskalationstraining. Weitere Informationen unter www.ghj.social.
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