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Volkstrauertag
Schüler über den Steinbecker Schlachten-Mythos

Die Geschichts-AG des GAK mit der selbst gestalteten Tafel | Foto: Ralf Becker
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  • Die Geschichts-AG des GAK mit der selbst gestalteten Tafel
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Jahrzehntelang wird am Volkstrauertag beim Steinbecker Ehrenmal den dort gefallenen und begrabenen Soldaten aus einem der letzten hier verorteten Gefechte des 2. Weltkrieges gedacht. Diese 22 namentlich aufgeführten deutschen Soldaten hatten den Auftrag, den Vormarsch der englischen Streitkräfte auf Hamburg zu behindern, bestenfalls sogar aufzuhalten. Seit 1995 mit Platzierung des Gedenksteins „Gegen das Vergessen“ zum 50. Jahrestag des Weltkriegsendes wird allen Kriegsopfern gedacht und außerdem mahnend an Kriegsgräuel erinnert.

In diesem Jahr aber verlief die Gedenkveranstaltung in Steinbeck etwas anders. Schülerinnen und Schüler der Geschichts-AG des GAK (Gymnasium Am Kattenberge) hatten sich im Vorfeld wissenschaftlich mit einem in Steinbeck vorherrschenden Mythos, wie sie es nannten, auseinandergesetzt und diesen bei der Veranstaltung mehr als deutlich abgeschwächt. Wie kam es dazu?

Die Geschichts-AG des GAK mit der selbst gestalteten Tafel | Foto: Ralf Becker
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Im Sommer suchte der Steinbecker Ortsbürgermeister Ralf Becker den Kontakt zum GAK, um eine Mitgestaltung am Volkstrauertag anzubieten. „Mein Ziel war, wieder einen stärkeren Focus auf diese Veranstaltung zu richten und die Teilnehmendenzahl zu erhöhen.“ Er fand Gehör bei den beiden Lehrern, Alexander Buck und Torben Klimmek, die die nachschulische Geschichts-AG am GAK verantworten und fachlich begleiten. „Erinnerungskultur ist zwar ein Themenblock im Unterricht“, so Torben Klimmek, „Dieses lokale Ereignis hier ist aber sehr spezifisch und die Überlieferungen basieren primär auf Hörensagen. Deshalb müssen neben den Inhalten auch die Quellen verifiziert werden. Das bedeutet schon echten Mehraufwand, der die normale Unterrichtszeit übersteigt.“ Alexander Buck ergänzt: „Glücklicherweise waren aber die Schülerinnen und Schüler der auf Freiwilligkeit basierenden Geschichts-AG an diesem Thema interessiert, haben es seit den Sommerferien mit wissenschaftlichem Anspruch erforscht und Interessantes erarbeitet.“

Nach der üblichen Gedenkzeremonie, bei der nach Kranzniederlegungen durch den Ortsrat Steinbeck und durch die Reservistenkameradschaft der Bundeswehr erstmalig der Buchholzer Bürgermeister, Jan-Hendrik Röhse, eine nachdenkliche, impulsgebende Ansprache hielt und die mit einem Trompetensolo endete, ergriffen die Schüler das Wort. Sie stellten fest, dass es sich bei den hier Gefallenen entgegen der bisherigen Meinung keinesfalls um „Kanonenfutter“ aus schlecht ausgebildeten, ganz jungen und alten, vorwiegend einheimischen Soldaten handelte, sondern um eine neu formierte Einheit aus erfahrenen Soldaten von Wehrmacht, Marine und sogar SS, die teilweise mit Überzeugung diese letzten Abwehrkämpfe führten. Außerdem stellte die Geschichts-AG fest, dass die Steinbecker Bevölkerung die Stationierung dieser Einheit deutlich überwiegend nicht guthieß, da sie bei den zu erwartenden Kampfhandlungen Zivilistenopfer und Eigentumsschäden fürchtete. Vor diesem Hintergrund ist es bemerkenswert, dass die einheimische Bevölkerung die Gefallenen ordentlich beerdigt und ihnen sogar ein Ehrenmal errichtet hat. Das zeigt, welchen Stellenwert Soldaten damals hatten und was für eine Erinnerungskultur in der Gesellschaft vorherrschte. Kritisch hinterfragten die Schüler in diesem Zusammenhang allerdings die fehlende Erinnerung an die gefallenen englischen Soldaten. Gab es auf deren Seite keine Opfer?

Deshalb legten die Schüler dann ein Gesteck in den GAK-Farben „blau & weiß“ auch für diese Soldaten und für alle Opfer von Kriegsgewalt am Gedenkstein nieder. Danach lud der Steinbecker Ortsbürgermeister die mehr als 50 Teilnehmenden zum Meinungsaustausch beim gemeinsamen Kaffee-Trinken ein.

GAK-Schülerinnen und -Schüler leisten einen Beitrag zur Erinnerungskultur in Steinbeck

Für die Geschichts-AG ist diese Veranstaltung zum Volkstrauertag aber noch nicht das Ende. Ihre Forschungen haben weitere Ergebnisse gebracht, die sie schulintern vorstellen werden und die sie am 11. Dezember ab 18 Uhr bei einer Podiumsdiskussion mit dem Bürgermeister Röhse, dem Stadthistoriker Herrn Dr. Lindner, Herrn Böse vom Volksbund, dem Künstler Herrn Amelung und einem Vertreter der Bundeswehr in der Schulaula des Gymnasiums am Kattenberge vertiefen wollen. Vom Ortsrat Steinbeck haben die Schüler die Zusage, dass ihre Erkenntnisse auf der Ortschafts-Homepage veröffentlicht werden und dass darauf ein Schild mit QR-Code am Gedenkstein hinweisen wird.

„Ich bewerte das heute als gelungen“, sagte Ortsbürgermeister Becker abschließend. „Es haben dieses Mal relativ viele Steinbecker an unserer Gedenkveranstaltung teilgenommen und sie damit hoffentlich auch für die nächsten Jahre wieder mehr publik gemacht. Eine weitere Erkenntnis ist, dass wir keinesfalls die Courage verlieren dürfen, gesellschaftlich heikle oder evtl. polarisierende Themen öffentlich anzusprechen. Wenn diese meinungsneutral formuliert sind sowie wissenschaftlich fundiert und gewissenhaft recherchiert, ist das die beste Basis für mögliche weitere Diskussionen. Das haben die GAK-Schüler heute gezeigt.“ Und der Schüler Levin Meisborn ergänzt: „Ich bin gespannt, ob sich der Steinbecker Mythos in den Köpfen sukzessive verändert und wie lange das dauert.“

Die Geschichts-AG des GAK mit der selbst gestalteten Tafel | Foto: Ralf Becker
Bürgermeister Jan-Hendrik Röhse bei seiner Rede am Denkmal  | Foto: Ralf Becker
Redakteur:

Pauline Meyer aus Neu Wulmstorf

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