WOCHENBLATT-Serie Lost Places
Teil 2: Relikte des 2. Weltkrieges - Die alte Flakstellung bei Stade-Hagen

Hobby-Historiker Dietrich Alsdorf begutachtet die Reste einer der Flakstellungen
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  • Hobby-Historiker Dietrich Alsdorf begutachtet die Reste einer der Flakstellungen
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Es gibt Bauwerke, die nicht gleich spurlos verschwinden, sondern langsam verfallen. Solche Plätze werden als „Lost Places“ bezeichnet: Vergessene Orte, die aus der öffentlichen Wahrnehmung ausgelöscht sind. Das WOCHENBLATT hat einige „Lost Places“ im Kreis Stade aufgespürt und stellt sie im Rahmen einer Serie vor. Teil 2 führt Redakteur Jörg Dammann nach Stade-Hagen:

70 Jahre sind seit dem Ende des Zweiten Weltkrieges vergangen. Seitdem erfüllt der „Lost Place“, den ich dieses Mal besuche, nicht mehr seine Funktion: Zum Schutz des 1935 in Dienst gestellten Fliegerhorstes Stade wurden rundherum Bunker mit Flak-Geschützen angelegt. Eine dieser Flak-Stellungen liegt am Fredenbecker Weg in Stade-Hagen. Nach der Niederlage des Nazi-Regimes wurde die Bunkeranlage etliche Jahre weiter genutzt. Aber nicht für militärische Zwecke: Sie diente als Notunterkunft für Flüchtlinge.

Inmitten von Maisfeldern und Wiesen erwartet mich ein kleines Naturrefugium. Mein Begleiter Dietrich Alsdorf, Autor historischer Bücher, berichtet mir, dass das Zwitschern der Vögel ab und an von lautem Dröhnen übertönt wird: Seit Jahren treffen sich hier Motocross-Fans mit ihren Geländemaschinen. Frische Reifenspuren auf dem schmalen Sandweg zeugen von dem illegalen Treiben.

Bunker als Notunterkunft

Mit geschultem Blick erspäht Alsdorf die einzelnen Bereiche des Bunkerkomplexes, der sich einst halb verborgen im Boden befand. Von 1945 bis 1966 haben in den dunklen Behausungen unter den dicken Betondecken Menschen gewohnt: Familien, die nach Flucht und Vertreibung ein neues Zuhause suchten und sich auf Jahre mit Baracken und Bunkern zufrieden geben mussten, weil nicht ausreichend Wohnraum zur Verfügung stand. „Eine Thematik, die angesichts der jetzigen Flüchtlingskrise wieder hochaktuell ist“, meint Alsdorf.

Der Experte in Sachen Heimatkunde ist öfter auf dem Gelände unterwegs, kennt dort „Stock und Stein“. Er zeigt mir moosbewachsene Reste von Treppen, umgestürzte Ziegelmauern und immer wieder dicke Betonbrocken. Fast alle Bauten sind in den 1970er Jahren gesprengt worden: Nachdem dort niemand mehr wohnte, diente die Fläche bis 1973 als Sandgrube. Die Bunker lagen nun vollständig frei und stellten ein Sicherheitsrisiko dar.

Zielstrebig stapft Alsdorf dann zum äußersten Rand der alten Sandkuhle um mir eine fast intakte Flakstellung zu präsentieren: Als der Krieg ausbrach, wurden hier riesige Schweinwerfer montiert. Mit ihnen leuchtete man den Nachthimmel aus, spürte so feindliche Bomber auf. Die Hagener Schweinwerferstellung habe zum Luftverteidigungsring um Hamburg gehört, so Alsdorf. Bei Alarm seien vom Stader Fliegerhorst die Nachtjäger aufgestiegen, um die angestrahlten Bomber zu attackieren.

Die alte Flakstellung lockt offenbar lichtscheue Gestalten an: Es sieht ganz danach aus, dass im dem kleinen Bunker noch bis vor Kurzem jemand gehaust hat. Statt mit Tapeten sind die Wände mit bunten Graffiti dekoriert. Dennoch wirkt dieser Ort eher unheimlich: ein „Lost Place“ eben.

● Dietrich Alsdorf sucht noch alte Dokumente und vor allem Fotos aus der Zeit, als die Bunker als NotUnterkünfte genutzt wurden. Bitte unter Tel. 0175 1454731 melden

Redakteur:

Jörg Dammann aus Stade

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